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Wintermond

Wintermond

Titel: Wintermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Narbengewebe und die gerade erst zusammengewachsenen Knochen in seinem linken Bein taten vor Erschöpfung weh; doch die leichten, stumpfen Schmerzen behinderten ihn nicht. Er war sogar in einem besseren körperlichen Zustand, als er angenommen hatte. Obwohl der grellweiße Schnee seine Sichtweite noch immer auf weniger als dreißig Meter begrenzte, manchmal sogar auf einiges weniger, lief er nicht mehr Gefahr, die Orientierung zu verlieren und sich zu verlaufen. Die aufgepflügten Schneemauern markierten deutlich die Straße. Die hohen Pfosten auf der einen Straßenseite trugen Telefon- und Stromleitungen und stellten eine weitere Orientierungshilfe dar. Er vermutete, etwa die halbe Strecke nach Ponderosa Pines zurückgelegt zu haben, doch seine Geschwindigkeit ließ nach. Er verfluchte sich, riß sich zusammen und lief schneller. Da er wegen des heftigen Windes die Schultern gekrümmt und den Kopf gesenkt hatte, um sich vor den dicken Schneeflocken zu schützen, und so nur die Straße unmittelbar vor sich sah, machte er zuerst gar nicht das goldene Licht selbst aus, sondern nur dessen Reflexion auf den, dicht fallenden Schneeflocken. Zuerst war es nur ein Hauch von Gelb, und dann hätte er plötzlich durch einen Sturm laufen können, der Goldstaub statt Schnee vor sich hertrieb. Als er den Kopf hob, sah er vor sich ein helles, in seinem Zentrum intensives, gelbes Leuchten. Es pochte geheimnisvoll in den alles verhüllenden Schleiern des Blizzards. Die Quelle konnte er nicht genau ausmachen, doch er erinnerte sich an das Licht zwischen den Bäumen, das Eduardo auf dem Notizblock beschrieben hatte. Es hatte so ähnlich pulsiert, ein unheimliches Strahlen, das die Öffnung des Durchgangs und die Ankunft des Reisenden ankündigte. Als er schlitternd zum Stehen kam und dabei fast ausgerutscht wäre wurde das pulsierende Licht schnell heller, und er fragte sich, ob er sich hinter den Schneemauern auf der einen oder anderen Straßenseite verstecken konnte. Es war kein pochendes Baßgeräusch zu vernehmen, wie Eduardo es gehört und gespürt hatte, nur das schrille Heulen des Windes. Doch das unheimliche Licht war überall und blendete ihn während des sonnenlosen Tages: Jack stand in knöcheltiefem Goldstaub, geschmolzenes Gold floß durch die Luft, und auch der stählerne Lauf der Mossberg funkelte, als würde er sich gleich in Gold verwandeln. Er sah jetzt verschiedene Quellen, nicht nur ein Licht, sondern mehrere, die asynchron pulsierten und einander mit gelben Blitzen überlappten. Ein Geräusch über dem Wind. Ein leises Poltern. Das sich schnell zu einem Tosen aufbaute. Ein schwerer Motor. Eine gewaltige Maschine kam durch das wogende Weiß und zerriß die verdunkelnden Schneeschleier. Nun sah er, daß er vor einer Planierraupe stand, die zu einem Schneepflug umgebaut worden war, ein voluminöses Stahlskelett mit einem kleinen Fahrerhaus oben in der Mitte, das eine geschwungene Stahlschaufel schob, die größer war als er selbst.
    Als Heather die sauberere Luft von Tobys Zimmer betrat und die Tränen aus ihren Augen blinzelte, die der ätzende Rauch hervorgerufen hatte, sah sie zwei verschwommene Gestalten, eine kleine und eine große. Mit der freien Hand rieb sie verzweifelt ihre Augen, kniff sie zusammen und begriff dann, wieso Toby schrie.
    Über ihm türmte sich eine grotesk zerfallene Leiche auf. Sie war in Fetzen eines verrotteten blauen Kleidungsstückes gehüllt und trug einen weiteren Geber, der hektisch die schwarzen Anhängsel schüttelte.
    Falstaff sprang den Alptraum an, doch die zuckenden Tentakel waren schneller als gerade eben noch, fast schneller, als das Auge ihnen folgen konnte. Sie holten aus, trafen den Hund mitten im Sprung und fegten ihn so beiläufig und wirksam beiseite, wie der Schwanz einer Kuh eine lästige Fliege verscheucht. Vor Schrecken aufheulend, flog Falstaff durch das Zimmer, prallte neben dem Fenster gegen die Wand und fiel mit einem gequälten Jaulen zu Boden. Der .38er Korth war in Heathers Hand, obwohl sie sich nicht erinnerte, ihn gezogen zu haben. Bevor sie den Abzug betätigen konnte, umfing der Geber oder die neue Ausprägung des einzigen Gebers, je nachdem, ob es sich nur um eine Wesenheit mit vielen Körpern oder um mehrere Individuen handelte - Toby mit drei öligschwarzen Tentakeln. Er hob den Jungen hoch und zog ihn zu dem lüsternen Grinsen der schon lange toten Frau heran, als wolle er, daß Toby sie küßte. Mit einem Schrei, in dem gleichermaßen Empörung, Wut

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