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Wintermond

Wintermond

Titel: Wintermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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hatte. Ihr Vandalismus war eine Kristallnacht in Zeitlupe, die sich nicht über Stunden, sondern über Jahre hinzog.
    »Auf der nächsten Scheibe ist es noch schlimmer«, sagte Arkadian und führte sie um die Ecke auf die andere Seite der Tankstelle. Diese Mauer des Kassenraums verfügte über eine weitere große Glasscheibe, auf der neben den Bandensymbolen große, eingeätzte Blockbuchstaben verkündeten:
    ARMENISCHES ARSCHLOCH.
    Selbst der Anblick der rassistischen Verunglimpfung konnte Hassam Arkadians Zorn nicht neu entfachen. Er betrachtete die beleidigenden Worte mit einem traurigen Blick.
    »Ich habe immer versucht, die Leute anständig zu behandeln«, sagte er. »Ich bin sicher nicht vollkommen, nicht frei von Sünden. Wer ist das schon? Aber ich habe wirklich versucht, ein guter Mensch zu sein, anständig, ehrlich – und nun das.«
    »Es wird Ihnen nur ein schwacher Trost sein«, sagte Luther, »aber wenn es nach mir ginge, hätten wir ein Gesetz, das uns erlaubt, den Mistkerlen, die das getan haben, das zweite Wort direkt über ihren Augen einzuätzen. Arschloch. Mit Säure in die Haut, genau, wie Sie es mit Ihrem Fenster gemacht haben. Dann könnten die ein paar Jahre lang so herumlaufen, und wenn sie sich dann gebessert haben, dürfen sie vielleicht zu einem plastischen Chirurgen.«
    »Glauben Sie, Sie finden die Täter?« fragte Arkadian, obwohl er die Antwort bestimmt schon kannte.
    Luther schüttelte den Kopf, und Jack sagte: »Keine Chance. Wir schreiben natürlich einen Bericht, aber wir haben nicht genug Leute, um uns um ein so kleines Verbrechen kümmern zu können. Das Beste wäre, wenn Sie an dem Tag, da Sie die Scheiben erneuern, Metallrolläden einbauen lassen, die Sie des Nachts dann hinablassen.«
    »Sonst werden Sie bald jede Woche den Glaser bestellen können«, sagte Luther, »und dann wird Ihre Versicherung Sie ziemlich schnell fallenlassen.«
    »Die hat meine Vandalismus-Deckung bereits nach dem ersten Schaden auslaufen lassen«, sagte Hassam Arkadian. »Jetzt bin ich nur noch gegen Erdbeben, Wasser- und Feuerschäden abgedeckt. Und nicht mal Feuer, wenn es während Unruhen zu einem Brand kommt.«
    Sie standen schweigend da, betrachteten das Fenster und dachten über ihre Machtlosigkeit nach. Ein kühler Märzwind kam auf. In den Blumentöpfen raschelten die Palmen, und dort, wo die Stiele der großen Blätter aus den Stämmen ragten, war ein leises Knarren zu vernehmen.
    »Na ja«, sagte Jack schließlich, »es hätte schlimmer kommen können, Mr. Arkadian. Ich meine, hier auf der West Side sind Sie wenigstens in einem ziemlich guten Stadtteil.«
    »Wie sieht es dann erst in einem schlechten Stadtteil ausl« sagte Arkadian.
    Jack wagte nicht einmal daran zu denken. Luther wollte etwas sagen, wurde aber von einem lauten Knall und einem Wutschrei unterbrochen. Die Geräusche waren vom vorderen Teil der Tankstelle gekommen. Als die drei um die Ecke bogen, drückte ein heftiger Windstoß gegen die Scheiben. Fünfzehn Meter von ihnen entfernt trat der Mann in dem Armani-Anzug erneut gegen den Getränkeautomaten. Hinter ihm lag eine Pepsidose auf dem Boden, und ihr Inhalt schäumte auf den Asphaltbelag.
    »Gift«, schrie der Mann den Automaten an, »Gift, verdammt, blödes Ding, Scheißding, Gift!«
    Arkadian lief zu dem Kunden. »Sir, bitte, es tut mir leid, wenn die Maschine das falsche Getränk ausgegeben hat...«
    »He, Augenblick mal«, sagte Luther und meinte damit sowohl den Tankstellenbesitzer als auch den wütenden Fremden. Vor der Tür zum Kassen- und Verkaufsraum trat Jack neben Arkadian, legte eine Hand auf seine Schulter und unterbrach ihn. »Wir kümmern uns darum«, sagte er.
    »Verdammtes Gift«, sagte der Kunde wütend und ballte die Hand zur Faust, als wolle er auf den Getränkeautomaten einschlagen.
    »Es liegt nur an dem Automaten«, sagte Arkadian zu Jack und Luther. »Der Mechaniker behauptet immer, er hätte ihn repariert, aber er gibt ständig Pepsi aus, wenn man auf den Knopf für den Orangensaft drückt.«
    So schlimm, wie die Dinge heutzutage in der Stadt der Engel standen, konnte Jack kaum glauben, daß Arkadian daran gewöhnt war, die Leute jedesmal durchdrehen zu sehen, wenn eine nicht verlangte Dose Pepsi aus dem Automaten rollte. Der Kunde wandte sich von der Maschine und von ihnen ab, als wolle er zu seinem Lexus gehen und davonfahren. Er schien vor Wut zu zittern, doch das lag hauptsächlich am brausenden Wind, der an dem weit sitzenden Anzug

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