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Wintermond

Wintermond

Titel: Wintermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Beschuldigungen war, die unausweichlich zu einer Haftstrafe für sie und nicht für die drei Rotzlümmel führen würde.
    »Und jetzt verschwindet«, sagte sie.
    Die Jungen erhoben sich, zögerten aber, als befürchteten sie, daß die Frau sie von hinten erschießen würde.
    »Geht«, sagte sie. »Sofort!«
    Schließlich eilten sie zwischen ihr und der Hauswand hindurch, und die Frau folgte ihnen noch ein Stück, um sich zu vergewissern, daß sie tatsächlich abhauten. Sie warfen mehrmals Blicke zu ihr zurück. Als sie auf dem vom Tau feuchten Gras des Rasens vor dem Haus stand, bekam sie einen Eindruck davon, was die Jungen mit mindestens zwei, möglicherweise sogar drei Wänden des Hauses angestellt hatten. Die rote, gelbe und kräftiggrüne Farbe schien im Licht der Straßenlampen zu leuchten. Sie hatten überall ihre persönlichen Signaturen gesprayt und ansonsten das Wort >Sch...< mit allen möglichen Vor- und Nachsilben und in allen möglichen Variationen als Substantiv, Verb und Adjektiv bevorzugt. Doch die Kernaussage war dieselbe wie bei ihren beiden vorherigen Besuchen: MÖRDERBULLE. Die drei Jungen - von denen zwei humpelten - erreichten ihren Wagen, der einen Häuserblock weiter abgestellt war. Ein schwarzer Infiniti. Sie fuhren mit durchdrehenden und laut kreischenden Reifen los und hinterließen blaue Qualmwolken in ihrem Kielwasser. MÖRDERBULLE.
    WITWENMACHER.
    WAISENMACHER.
    Die absurde Aussage dieser Graffiti setzte Heather mehr zu als die Konfrontation mit den drei Jungen. Jack traf keine Schuld. Er hatte seine Pflicht getan. Wie hätte er denn auf das Maschinenpistolenfeuer eines mordlüsternen Verrückten reagieren sollen, ohne auf tödliche Gewalt zurückzugreifen? Sie wurde von dem Gefühl überwältigt, daß die Zivilisation in einem Meer des rücksichtslosen Hasses versank.
    ANSON OLIVER LEBT!
    Anson Oliver war der Verrückte mit der Micro Uzi, ein vielversprechender junger Regisseur, der in den letzten vier Jahren drei Spielfilme gedreht hatte. Es konnte kaum überraschen, daß er wütende Filme über wütende Menschen gedreht hatte. Nach dem Schußwechsel hatte Heather sich alle drei Filme angesehen. Oliver hatte die Kamera hervorragend eingesetzt und einen eindringlichen Erzählstil gepflegt. Einige seiner Szenen waren geradezu atemberaubend. In ihm steckte ein genialer Zug, und mit der Zeit wäre er mit Oscars und anderen Preisen geehrt worden. Doch sein Werk wurde von einer beunruhigenden moralischen Arroganz durchzogen, einer Selbstgefälligkeit und Brutalität, die man im nachhinein als frühes Zeichen viel tiefer liegender Probleme sehen konnte, die durch maßlosen Drogenkonsum hervorgerufen worden waren.
    MÖRDER.
    Sie wünschte, Toby müßte nicht sehen, daß man seinen Vater so bezeichnete. Nun ja, er hatte es schon zuvor gesehen. Zweimal, überall auf dem Haus, in dem er wohnte. Er hatte es auch in der Schule hören müssen und sich deshalb zweimal geprügelt. Er war zwar klein, hatte aber Mumm. Obwohl er beide Prügeleien verloren hatte, würde er ihren Ratschlag, seinen Feinden auch die andere Wange hinzuhalten, zweifellos mißachten und sich auf weitere Raufereien einlassen. Nachdem sie ihn am Morgen zur Schule gefahren hatte, würde sie die Graffiti überstreichen. Wie auch schon zuvor, würden ihr wahrscheinlich einige Nachbarn helfen. Da ihr Haus in einem bleichen Gelb-Beige gehalten war, würde sie die betroffenen Stellen wahrscheinlich mehrmals streichen müssen. Doch auch das war nur eine befristete Ausbesserung, denn die Sprayfarbe enthielt chemische Bestandteile, die sich durch die des Hauses fraßen. Nach ein paar Wochen schimmerte jede Schmiererei wieder aufs neue durch - wie die Schrift eines Geistes auf der Tafel eines Mediums bei einer Seance, wie Botschaften von Seelen in der Hölle. Trotz der Kritzeleien auf ihrem Haus legte ihre Wut sich. Sie hatte nicht die Kraft, sie aufrecht zu halten. Die letzten paar Monate hatten sie erschöpft. Sie war müde, furchtbar müde. Humpelnd kehrte sie durch die Garagentür ins Haus zurück und verriegelte sie hinter sich. Sie schloß die Verbindungstür zwischen der Garage und der Küche ab und tippte den Code ein, um die Alarmanlage zu schärfen. SICHER. Eigentlich nicht. Niemals. Sie ging nach oben, um nach Toby zu sehen. Er schlief noch immer tief und fest. Als sie auf der Schwelle des Zimmers ihres Sohnes stand und seinem Schnarchen lauschte, wurde ihr klar, warum Anson Olivers Eltern nicht hatten akzeptieren können, daß

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