Wintermond
erleben. Die bösen wollten die Menschen versklaven, sich an ihnen nähren, Eier in sie legen, sie zum Zeitvertreib jagen oder wegen eines tragischen Mißverständnisses oder reiner Boshaftigkeit auslöschen. Die dritte Art von Außerirdischen - der man am seltensten begegnete - war weder gut noch böse, sondern so völlig fremd, daß ihre Absichten und ihr Wesen für Menschen so rätselhaft war wie der Geist Gottes. Diese dritte Art von Außerirdischen fügte der menschlichen Rasse normalerweise einen guten Dienst oder ein schreckliches Übel zu, während sie durch den galaktischen Randbereich zog, wie die Insassen eines Busses, die auf einer Autobahn an einer Kolonne geschäftiger Ameisen vorbeikamen, und sich dieser Begegnung nie bewußt wurden, geschweige denn der Tatsache, daß diese Begegnung Auswirkungen auf das Leben intelligenter Wesen ausgeübt hatte.
Eduardo hatte nicht die geringste Ahnung, was der Beobachter im Wald in größerem Rahmen vorhatte, doch er wußte instinktiv, daß er ihm, Eduardo, auf einer persönlichen Ebene nichts Gutes zugedacht hatte. Er suchte nicht ewige Gemeinschaft und gemeinsame Abenteuer. Und er war sich Eduardos bewußt, so daß er auch nicht zur dritten Art der Fremden gehörte. Es war ein fremdes und bösartiges Wesen, und früher oder später würde es Eduardo töten. In den Romanen gab es mehr gute als böse Außerirdische. Die Science-Fiction war im Prinzip eine Literatur der Hoffnung. Als die warmen Junitage verstrichen, gab es auf der Quartermass-Ranch weit weniger Hoffnung als auf den Seiten dieser Bücher. Am Nachmittag des siebzehnten Juni saß Eduardo im Wohnzimmer, trank Bier und las einen Roman von Walter M. Miller, als das Telefon klingelte. Er legte das Buch aus der Hand, aber nicht das Bier, und ging in die Küche, um das Gespräch entgegenzunehmen.
»Mr. Fernandez«, sagte Travis Potter, »Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen.«
»Ach nein?«
»Ich habe ein Fax vom staatlichen Labor mit den Untersuchungser gebnissen der Gewebeproben dieser Waschbären bekommen. Die Tiere sind nicht identifiziert.«
»Aber sie sind tot«, sagte Eduardo. »Zumindest sind sie nicht an Tollwut gestorben. Und auch nicht an der Pest. Es scheint sich nicht um eine ansteckende Krankheit zu handeln, oder um eine, die durch Stiche oder Flöhe übertragbar ist.«
»Haben Sie eine Autopsie vorgenommen?«
»Ja, Sir, das habe ich.«
»Also sind die Tiere an reiner Langeweile gestorben?«
Potter zögerte. »Ich habe lediglich eine schwere Gehirnentzündung und -schwellung gefunden.«
»Ich dachte, Sie hätten gesagt, es läge keine Infektion vor?«
»Es liegt auch keine vor. Keine krankhaften Veränderungen, keine Abzesse, kein Eiter. Nur eine Entzündung und extreme Schwellung. Eine wirklich extreme.«
»Vielleicht sollte das staatliche Labor mal dieses Gehirngewebe untersuchen.«
»Ich habe auch Gehirngewebe eingeschickt.«
»Ich verstehe.«
»So etwas ist mir noch nie untergekommen«, gestand der Tierarzt ein.
Eduardo sagte nichts.
»Sehr seltsam«, sagte Potter. »Hat es noch mehr solcher Fälle gegeben?«
»Noch mehr tote Waschbären? Nein. Nur die drei.«
»Ich werde ein paar toxilogische Untersuchungen vornehmen. Vielleicht haben wir es hier mit einem Gift zu tun.«
»Ich habe kein Gift ausgelegt.«
»Könnte es ein Industriegift sein?«
»Ach? Hier in der Nähe gibt es keine verdammte Industrie.«
»Na ja...dann ein natürliches Toxin.«
»Als Sie es seziert haben...«, sagte Eduardo.
»Ja?«
»Sie haben den Schädel geöffnet und gesehen, daß das Gehirn entzündet und geschwollen war...«
»Ein gewaltiger Druck, selbst nach dem Tod, Blut und Rückenmarkflüssigkeit spritzten in dem Augenblick heraus, als die Knochensäge das Cranium durchtrennte.«
»Eine sehr lebhafte Schilderung.«
»Tut mir leid. Aber deshalb quollen auch ihre Augen hervor.«
»Haben Sie nur Proben der Gehirnmasse entnommen, oder...«
»Ja?«
»...das Gehirn tatsächlich zerlegt?«
»Ich habe bei zwei Tieren eine vollständige Zerebrotomie vorgenommen.«
»Sie haben ihre Gehirne völlig geöffnet?«
»Ja.«
»Und Sie haben nichts gefunden?«
»Nur das, was ich Ihnen gesagt habe.«
»Nichts... Ungewöhnliches?«
Die Verwirrung in Potters Schweigen war fast hörbar. Dann: »Was hätte ich denn finden sollen, Mr. Fernandez?«
Eduardo antwortete nicht.
»Mr. Fernadez?«
»Was ist mit dem Rückgrat der Tiere?« fragte Eduardo.
»Haben Sie auch ihr Rückgrat über die
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