Wintermond (German Edition)
Und das mit Geld, das eigentlich mir zusteht. Du scheinst dich ja für unglaublich schlau zu halten, was? Aber du bist dümmer, als ich gedacht habe.“
Wieder setzte er einen Fuß vor den anderen. Es war so still im Raum geworden, dass man bei jedem seiner Schritte das Knirschen des dreckigen Bodens unter seinen Schuhen hören konnte.
„Aber anscheinend willst du nicht mit uns reden, hm?“
Alex schwieg weiterhin. Seine Kehle war wie zugeschnürt. Er wollte etwas erwidern, doch brachte er keinen Laut hervor. Er wusste nicht, was jetzt mit ihm passieren würde und die dadurch entstandene Angst lähmte ihn von Minute zu Minute mehr.
„Was für ein Feigling!“, hörte er den Spanier zu seinen Komplizen sagen. „Aber was kann man auch anderes von einem verwöhnten Einzelkind erwarten? Alexander Tannenberger“, er sprach den Namen übertrieben elegant aus, „der Name spricht für sich.“
Alex wunderte sich nicht darüber, dass die Männer über ihn Bescheid wussten. Er kannte deren Masche und wusste, dass ein ganzes Netzwerk von Leuten hinter solchen Typen steckte. Für sie war es ein Leichtes, etwas über ihn und seine Herkunft herauszufinden und dies nun gegen ihn zu verwenden, um ihn damit einzuschüchtern. Doch Alex ließ sich nicht beeindrucken, blieb lediglich steif sitzen und wartete. Schon zum zweiten Mal an diesem Abend musste er das dringende Bedürfnis nach einer Zigarette ignorieren, obwohl sein Körper förmlich nach Nikotin schrie.
„Ich will dich hier nicht mehr sehen, bis du deine Schulden beglichen hast. Haben wir uns da verstanden?“, drohte der Spanier ihm.
Alex regte sich nicht.
„Ob wir uns verstanden haben?“, wiederholte der schmierige Typ sich wütend und schlug dabei fest mit seiner Faust auf den Tisch.
Alex zuckte daraufhin erschrocken zusammen und erwachte aus seiner Trance. Die Geste des Mannes zeigte letztendlich ihre gewollte Wirkung und entlockte Alex ein zurückhaltendes Nicken.
„Gut“, meinte der Spanier daraufhin, wandte sich dann an seine Komplizen und befahl: „Schafft ihn hier weg!“
Alex hatte keine Zeit über irgendetwas nachzudenken, da wurde er bereits von beiden Männern an den Oberarmen gepackt und so ruckartig hochgerissen, dass der Stuhl unter ihm nach hinten kippte.
Alex wollte sich am liebsten aus dem festen Griff befreien und sich wehren. Er wusste jedoch, dass dieses Verhalten die Situation nur noch verschlimmern würde. Die beiden Kerle zerrten ihn grob hinter sich her und passierten mit ihm die Tür und den Vorhang. Alex hatte Mühe, nicht zu stolpern. In schnellen Schritten wurde er an der langen Bar vorbeigezogen. Er hatte kaum Zeit sich umzusehen. Die Mehrzahl der Kneipengäste schien jedoch betrunken genug zu sein, um sich nicht für ihn und das Geschehen zu interessieren. Nur einige von ihnen sahen kurz von ihren Gläsern auf, bevor sie sich wieder zurück in ihre Gespräche vertieften oder die Blicke abwandten, um weiterhin belanglos ins Leere zu starren.
Während der Typ mit der Sonnenbrille die gläserne Eingangstür aufhielt, zerrte der Glatzköpfige Alex nach draußen in die Kälte, fasste ihn am Kragen und drückte ihn links von der Kneipe gegen die dreckige Hauswand. Über ihnen flackerte einer der Neonletter.
„Lass gut sein!“, meinte der Kerl mit der Sonnenbrille und klang dabei fast so, als ob ihn die Situation langweilte.
Alex atmete die kühle Luft ein und als ob der frische Sauerstoff ihn mit einem Mal wiederbelebte, fand er endlich seine Sprache wieder.
„Hast du nicht gehört?“, fragte er den Glatzkopf schroff. „Du kannst mich loslassen.“
Der Kerl mit der Sonnenbrille ging wieder rein, während Alex und sein Gegenüber sich wütend anfunkelten. Mit einem Mal zerrte der Typ ihn dann abrupt von der Wand auf den zugeschneiten Gehweg und zog ihn dabei dicht an sich heran.
„Fahr zur Hölle!“, fauchte er, bevor er Alex von sich wegstieß und dabei so kräftig zur Seite schubste, dass dieser unsanft zu Boden fiel.
Alex stürzte auf seine rechte Seite. Sein Arm begann vor Schmerz zu pochen, sein Gesicht zu brennen. Unter sich spürte er den kalten Schnee und die Feuchtigkeit der Straße, die nach und nach von seiner Kleidung aufgesogen wurde. Während er den glatzköpfigen Typen wieder in der Kneipe verschwinden sah, hob er langsam seine Hand und tastete vorsichtig sein Gesicht ab. Als er daraufhin seine blutigen Finger betrachtete, fuhr er sich mit der Zunge über die Lippe und nahm einen metallisch-süßen
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