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Winternacht

Winternacht

Titel: Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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Schneevettel mitzubringen, und er stellte es sauber verpackt auf den Boden vor sie. Sie bedachte ihn mit einem zahnlosen Lächeln und deutete auf den Wagen.
    »Man könnte es lagern, bis das Handgemenge vorüber ist. Denn sonst könnten Tiere es sich schnappen und damit verschwinden, und beide Parteien wären ihren Anteil los.«
    Kaylin lachte leise. »Man könnte schlau sein und auf einen solchen Rat hören.« Er nahm das Fleisch und verstaute es im Kofferraum.
    Und da es nichts mehr zu besprechen gab und der Nachmittag immer weiter fortschritt, marschierten wir durch unseren Garten auf den Goldenen Wald, auf unser Schicksal zu.
    Die Krieger gingen voran und traten das Unterholz nieder. Ihnen auf den Fersen marschierten die Mitglieder des Konsortiums, während die Wildling-Feen an den Seiten ausschwärmten. Wir folgten mit einem Kontingent von acht Wachen vor uns, und überrascht sah ich Lainule am Anfang des Pfads auf uns warten. Sie begegnete meinem fragenden Blick mit einem Lächeln.
    »Das war mein Zuhause. Mein Königreich. Ich werde kämpfen, um es für dich und deine Cousine zurückzuerobern, denn ich denke nicht daran, sang- und klanglos abzutreten.« Sie reihte sich in die Formation um Wrath ein, und beide führten unsere Truppe auf dem Weg in die Wälder an.
    Um uns herum war es unnatürlich still. Kein Nager, kein Vogel gab einen Laut von sich, und ich fragte mich, ob die Schattenjäger alle getötet hatten. Leise bewegten wir uns durchs Gebüsch und gaben alles, um nicht versehentlich irgendwelche Fallen auszulösen. Zwischen den Bäumen hingen riesige glitzernde Netze, in denen die fetten Spinnen – Mysts Lieblinge und Wachen – lauerten. Ihre goldenen und weißen Leiber waren so schön, wie sie tödlich waren, und ich richtete meinen Blick in die Baumkronen, um sicherzustellen, dass man uns nicht von oben angriff.
    Als wir uns einem Netz näherten, das sich über den Weg spannte, schossen die Krieger ihre Pfeile ab. Die Spinnen hasteten zwitschernd davon, doch eine fiel herab, dann eine zweite und dritte. Ein Krieger trat vor, um das Gewebe herunterzureißen, doch eine andere Spinne, die sich im Blattwerk versteckt hatte, schoss hervor und packte ihn mit ihren Mundwerkzeugen. Der Schrei des Mannes riss abrupt ab, als das Insekt ihm das Gift injizierte, und er erschlaffte. Drei weitere Krieger, die mit ihm vorausgegangen waren, schickten ihre Pfeile in den Körper der Spinne, und sie versuchte zu fliehen, stolperte und fiel jedoch und zuckte krampfhaft.
    Zwei Krieger schleppten den Gefallenen zurück, aber es war zu spät. Das Gift hatte umgehend gewirkt – er war tot. Wir legten ihn behutsam an die Seite des Pfads und gingen weiter, alle Sinne in Alarmbereitschaft.
    Im schwindenden Licht des Nachmittags schien alles zu glitzern und zu leuchten. Der stete Schneefall dämpfte die Geräusche, als wir die Schlucht erreichten und uns an den Abstieg machten. Es ging langsam abwärts, aber dieses Mal waren auf der anderen Seite keine Schattenjäger, und wir konnten uns darauf konzentrieren, unbeschadet hinunterzugelangen.
    Meine Gedanken jagten voraus.
    Ich sollte die Winterkönigin werden. Das erschien mir einerseits so anmaßend, und doch … und doch war mir, als seien Schnee und Eis mein Zuhause geworden. Mein Reich war also von nun an der Winter, und ich würde ihn hüten und pflegen, wie Lainule das Sommerreich gehütet hatte. Ich blickte zu Rhiannon und Chatter. Wie oft hatten wir gescherzt, dass wir Bernstein und Jet waren, Feuer und Eis. Und es entsprach tatsächlich der Wahrheit.
    Rhiannon war so viel stärker als noch vor wenigen Wochen; sie wirkte entschlossen, selbstbewusst und zuversichtlich. Offenbar war etwas Wahres daran, dass Widrigkeiten den Charakter bildeten: Sie holten oft das Beste aus uns heraus.
    Ich war so in Gedanken versunken, dass ich einen Stein auf meinem Weg übersah, stolperte und gute zehn Fuß tief den Hang herabkugelte, bis ein Wachmann meinen unfreiwilligen Abstieg bremste.
    »Seid Ihr verletzt, Lady?« Er bot mir seinen Arm.
    Ich nahm ihn und richtete mich auf. Nachdem ich rasch an mir herabgesehen hatte, schüttelte ich den Kopf. »Alles okay, danke. Und du musst mich nicht Lady nennen … Cicely genügt.«
    Er lächelte. »Nicht mehr, Lady. Ihr seid die auserwählte Winterkönigin.« Und mit dieser Erinnerung, die wie eine sanfte Ermahnung klang, ließ er meinen Ellenbogen los und machte sich wieder daran, uns den Weg zu bahnen.
    Ich sah zu Grieve hinüber. Er hatte

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