Winternacht
waren wir Spielbälle des Schicksals, aber ich hatte das dumpfe Gefühl, dass es sich ändern würde, sobald wir die Zügel der Macht in den Händen hielten. Denn von da an würden wir die Zukunft gestalten, anstatt auf sie reagieren zu müssen. Nein, für eine solche Aufgabe waren wir noch nicht bereit, aber … konnte man das jemals sein? Wir wurden auf die Probe gestellt, und das Schicksal neigte nun einmal dazu, die Leute ins eiskalte Wasser zu stoßen, auf dass es sie stärkte.
»Also gut. Wir sind Feuer und Eis.« Ich hob das Kinn. »Wann ziehen wir gegen Myst? Eure Krieger sind hier. Die Magier und Hexen sind hier.« Und dann hörte ich plötzlich ein Flüstern.
Wir warten, hier draußen vor dem Tor. Zwei Hexen müssen ihr Volk in den Krieg führen .
Ich wandte mich an Wrath. »Die Schneevettel hat mir eine Nachricht geschickt. Die Wildling-Feen sind ebenfalls bereit. Wir können nicht mehr darauf warten, dass die Vampire erwachen – wenn sie sich erheben, tut das auch der Indigo-Hof.«
»Dann ziehen wir nun in die Schlacht. Wir werden tun, was Myst getan hat, und wieder wird Blut die Hügel tränken, doch diesmal wird es nicht das Blut der Cambyra sein.« Er stand auf, setzte aber dann noch hinzu: »Verstehst du, warum du nicht das Obsidianmesser nehmen kannst?«
Ich fuhr mir mit der Zunge über die Lippen und nickte, so gern ich es in meiner Hand gefühlt hätte – es verlieh mir Zuversicht. »Ich bin zu impulsiv, wenn es seinen Einfluss auf mich ausübt. Ich handele zu übereilt. Also werde ich das Messer nehmen, das du mir gegeben hast, und die Kraft des Windes nutzen.«
Und so wiesen wir Lannans Diener an, den Ring aus Salz, Schwefel und Silber aufzufegen – unnötig, Lannan gegen uns aufzubringen, weil wir Dreck gemacht und ganz nebenbei eine unüberwindbare Barriere geschaffen hatten –, und bereiteten uns auf die Schlacht vor. Lainule und Ysandra befahlen ihren Brigaden, vor dem Haus der Schleier auf uns zu warten: vier Dutzend Feenkrieger und zwei Dutzend Magiegeborene, darunter drei Heiler.
Den Wildling-Feen schickte ich eine Nachricht durch den Windschatten, auch sie sollten uns bitte am Haus der Schleier treffen. Sie antworteten mit einem Rätselspruch, dem ich entnahm, dass sie einverstanden waren.
Und so fuhren wir mit Lannans Limousine durch die Straßen. Überall erblickten wir Anzeichen für das Blutbad der vergangenen Nacht. Die Straßen waren verstopft mit Autos, deren Besitzer die Stadt verlassen wollten, und wir sahen ängstliche Gesichter, die sich an die Scheiben pressten. Trauer überkam mich beim Anblick dieses Exodus. Vielleicht gelang es uns, die Stadt von der Bedrohung zu befreien, aber würden sie wirklich wiederkommen? Würden die Leute wieder in einer Stadt wohnen wollen, in der es so viel Blutvergießen gegeben hatte?
Als wir in unsere Auffahrt einbogen, waren die Krieger und die Konsortiumsmitglieder bereits da. Die Wildling-Feen erschienen, als wir aus dem Auto stiegen und die kleine Armee betrachteten.
»Seid vorsichtig«, hallte Wraths Stimme über den Vorgarten, als wir uns vor den abgebrannten Ruinen versammelten. »Auch wenn Myst und ihr Volk schlafen, wenn wir angreifen, müsst ihr darauf gefasst sein, dass sie erwachen und die Lichtaggression sie noch gefährlicher machen wird. Wir haben das Überraschungsmoment auf unserer Seite, aber ihr dürft nicht nachlässig werden, denn dieser Vorteil währt nicht lange. Tötet die Vampirfeen, die ihr seht, aber achtet darauf, Prinz Grieve nichts anzutun. Seid ihr bereit?«
Die Krieger stießen einen lauten Schrei aus und wandten sich zum Goldenen Wald um.
Grieve, Rhiannon, Chatter und ich standen etwas abseits. Kaylin, Luna und Peyton ebenfalls, und auch Zoey hatte beschlossen, mit uns zu kommen. Wir blickten zum Wald hinüber. Während die Krieger die Aufgabe hatten, alle Vampirfeen zu töten, die sie finden konnten, sollten wir uns darauf konzentrieren, Mysts persönliche Unterkunft aufzustöbern. Grieve wusste, wo sie sich befand.
»Wahrscheinlich wird der Wald bewacht«, warnte Grieve die anderen. »Von Goblinhunden und anderen Wesen. Lasst euch nicht von der scheinbaren Harmlosigkeit einiger täuschen – sie sind alle gefährlich.«
Die Wildling-Feen nickten. Sie sprachen nicht viel, aber ich konnte das Glimmen in ihren Augen sehen. Sie schienen sich auf die Schlacht zu freuen, und ich fragte mich, worauf ich mich mit diesem Bündnis eingelassen hatte. Kaylin hatte daran gedacht, das Fleisch für die
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