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Winters Herz: Roman (German Edition)

Winters Herz: Roman (German Edition)

Titel: Winters Herz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Littlewood
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sie. »Wenn’s dort so was gäbe, würd ich’s wissen. Ich kenne diese Straße ziemlich gut.«
    Diesmal schwieg Cass.
    »Da sind wir«, sagte Sally. »Willkommen in Darnshaw!«
    Die ersten Häuser kamen in Sicht: eine Zeile von Reihenhäusern aus Naturstein, der durch Rauch und Autoabgase geschwärzt war. Cass bog um die erste Ecke und befand sich nunauf einem Sträßchen, das dem Verlauf des Tals folgte. Hier und da zweigten Seitenstraßen ab, die zu weiteren kleinen Häusergruppen führten. Sie sah einen Lebensmittelladen, eine Poststelle, einen Fleischer, einen Gemüsehändler und ein Blumengeschäft. Zu beiden Seiten ragten unter bedecktem Himmel steile Hügel auf.
    »Sie sind vorbeigefahren«, sagte Sally. »Das eben war Ihre Abzweigung. Aber wenn Ihnen ein kleiner Umweg nichts ausmacht, könnten Sie mich zu Hause absetzen.«
    Cass nickte. Sie versuchte, in alle Seitenstraßen zu blicken, während Sally sie auf einen kleinen Park und die Schule aufmerksam machte. Auch erklärte sie ihnen, wo verschiedene Wanderwege begannen, von denen die meisten den Fluss entlangführten. Dann zeigte sie auf die Straße, in der sie wohnte: Willowbank Crescent. Eine unauffällige Straße mit Häusern in Ziegelbauweise statt aus Naturstein. Erst als Sally auf eine kleine Doppelhaushälfte zeigte, merkte Cass, dass die Frau zitterte.
    »Sie werden nicht mit reinkommen wollen, schätze ich«, sagte Sally mit einer Hand auf dem Türgriff. »Sie wollen sich hier bestimmt erst eingewöhnen? Nun, nochmals vielen Dank.« Sie lächelte, stieg aus und schloss die Tür hinter sich.
    Cass wendete in der nächsten Einfahrt und fuhr die Straße entlang zurück. Als sie wieder an dem Haus vorbeikam, sah sie, dass Sally noch davorstand. Cass winkte, bog auf die Hauptstraße ab und merkte erst dann, dass sie Ben keine Gelegenheit gegeben hatte, sich wieder nach vorn zu setzen.
    »Wir sind bald da«, sagte sie über die Schulter hinweg.
    Keine Antwort.
    Cass fuhr langsam, sah sich um und stellte fest, dass ihr Sohn die Stirn runzelte. »Mir gefällt’s hier nicht«, sagte er. »Die Lady hat gemieft.«
    »Ben, so was sagt man nicht!«
    »Sie hat schlecht gerochen, und ich hasse es hier.«
    »Du musst Darnshaw eine Chance geben. In deinem Alter habe ich’s geliebt.« Noch während sie das sagte, fragte sich Cass, ob das stimmte. Aber als sie nach langer Zeit den Namen Darnshaw wieder gehört hatte, hatte sie sich vorgestellt, wie Ben hier lachend über Hügel rannte und die idyllische Kindheit genoss, die sie ihm unbedingt ermöglichen wollte.
    »Sie hat gestunken wie ein Metzgerladen.«
    »Oh, Ben.« Sie wusste nicht, was sie sonst sagen sollte. Auch sie hatte einen Geruch wahrgenommen. Ein Modergeruch, ein bisschen wie feuchte Wolle. Darunter noch etwas, unter dem erdigen Moorland   – ein Geruch, der schärfer, animalischer war.
    Wie ein Metzgerladen.
    Cass musste über ihre überbordende Fantasie lächeln. »Komm, wir sehen uns die neue Wohnung an, ja?«
    Die Mühle leuchtete inmitten winterlich kahler Bäume. Schon von der Abzweigung aus konnte Cass ein graues Schieferdach zwischen den hochgereckten Fingern alter Eichen sehen. Im Sommer würde der alte Bau malerisch wirken. Selbst jetzt, zu Beginn des neuen Jahres, wirkte der frisch sandgestrahlte Stein heiter und warm. Die Fotos waren ihm nicht gerecht geworden. Sie lächelte. »Na, was sagst du dazu?«
    Ben zuckte mit den Schultern.
    Die Zufahrt führte zu einer weiten Fläche hinunter, deren Kies unter den Autoreifen knirschte. Sie umgab die Mühle auch seitlich, aber Cass und Ben hatten nur Augen für die Front. In der dunkelrot gestrichenen Eingangsnische verkündete eine Glastafel mit geätzten Buchstaben Foxdene Mill.
    Endlich bewegte Ben sich. »Gibt’s hier andere Kinder?« Er löste seinen Sicherheitsgurt und beugte sich zur Seite, um besser hinaussehen zu können. Das Gebäude hatte vier Etagen.
    »Natürlich«, sagte Cass. Dem Prospekt nach war die Mühle in einundzwanzig Apartments umgebaut worden: je sechs in dendrei Geschossen, mit Blick übers Tal oder auf den Mühlteich, und drei Dachterrassenwohnungen ganz oben. »Bestimmt gibt’s jede Menge. Du wirst hier viel Spaß haben.«
    Sie hatten eine linke Eckwohnung auf der Rückseite des Gebäudes   – mit Aussicht auf den Mühlteich und den Fluss. Cass hatte sie sich gesichert, sobald ihr der Prospekt in die Hand gefallen war, sich aber für Miete statt Kauf entschieden. Sie musste Ben rasch ein Zuhause schaffen, damit

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