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Winters Knochen

Winters Knochen

Titel: Winters Knochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Woodrell
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in schwarzen Reihen an lauschigen Stellen, an denen die erwärmte Luft vorbeiströmte. Ascheflocken trieben umher und sprenkelten graue Flecken auf den Schnee. »Streckt die Arme aus, damit ich euch den Krempel hier drauflegen kann.«
    Ree legte eine kurze Pause ein und stellte sich ans Seitenfenster, um den Jungs dabei zuzuschauen, wie sie den alten Familienkram ins Feuer warfen. Auf der anderen Bachseite war Sonya, die ihren Kapuzenmantel trug, in den Hof gekommen und saß nun auf der Hollywoodschaukel unter dem kahlen Walnussbaum. Es war sehr kalt draußen, und die Jungs hielten sich nahe am Feuer. Sonya winkte, Harold sah sie und winkte zurück. Dicker Qualm stieg aus dem Müllfass und zog ins Tal. Die Jungs hielten Kleider über das Fass, bis sie am Saum Feuer fingen. Die Flammen züngelten die Kleider hoch bis zur Taille, zum Oberteil, zum Kragen, dann erst ließen die Jungs sie fallen, kurz bevor sie sich die Finger verbrannten. Sonya winkte und winkte, bis Sonny sie endlich bemerkteund zurückwinkte. Winzige Kleiderfetzen schwebten in der Hitze über dem Müllfass. Sie leuchteten kurz auf, als ihre letzten Fäden brannten, dann wurden sie zu Asche, nahmen die Farbe des Himmels an und verschwanden mit dem Wind.

SIE KAMEN IN DER DUNKELHEIT und klopften mit Fäusten an die Tür. Der Lärm der hämmernden Knöchel donnerte durchs ganze Haus. Ree schaute zum Fenster hinaus und sah drei Frauen, die sich ähnelten. Sie hatten große Brüste, das gleiche breite Kinn und trugen lange Kleider in unterschiedlichen Farben und Gummistiefel. Sie schnappte sich die Schrotflinte und öffnete. Sie richtete die Waffe auf den Bauch von Mrs. Thump, Merab, sagte aber kein Wort. Die Flinte in ihrer Hand fühlte sich an wie ein unverbrauchter Blitz. Keine der Schwestern wich zurück oder änderte ihren Gesichtsausdruck.
    »Komm mit, Kind«, sagte Merab, »wir werden deine Probleme lösen.« Ihre Hände steckten in den Manteltaschen. Die weißen Haare hatte sie sich zu einer Welle hochgesteckt, die sich im Wind kaum bewegte. »Tu das Ding da weg. Sei nicht dumm, Kind.«
    »Im Augenblick ist mir eher danach, ein großes Loch in Ihre dreckigen Eingeweide zu pusten.«
    »Ich weiß. Du bist eine Dolly. Aber das tust du nicht. Du wirst die Schrotspritze beiseitelegen und mit mir und meinen Schwestern mitkommen.«
    »Halten Sie mich für bescheuert?«
    »Wir bringen dich zu den Gebeinen deines Daddys, Kind. Wir wissen, wo er ist.«
    Die Schwestern waren nicht gar so strenge Ausgaben von Merab. Eine hatte eine kleinere graue Welle auf dem Kopf und die Wangen so rosa gepudert wie eine verblühte Rose. Die andere trug eine Welle flaschenblonder Haare, die im Wind zitterte, an ihren Fingern steckten mehrere klobige Ringe. Sie hatten Gesichter wie Haferbrote und flankierten ihre Schwester mit eingezogenen Schultern und startbereiten Stiefeln.
    »Wir kommen nicht noch mal mit diesem Angebot«, sagte die Blonde.
    »Sie haben mich getreten.«
    »Aber nicht ins Gesicht.«
    »Eine von Ihnen schon.«
    »Die Sache ist ein wenig aus dem Ruder gelaufen.«
    Merab klatschte in die Hände und meinte: »Komm schon, es ist kalt. Wir müssen diesem ganzen Gerede über uns ein Ende machen.«
    »Ich habe kein Wort gesagt.«
    »Das wissen wir. Alle anderen schon.«
    Ree bewegte die Schrotflinte auf und ab. Ihre Zunge fuhr in die Lücken zwischen ihren Zähnen. Sie hörte die Jungs, die zur Tür kamen und sich hinter sie stellten. »Geht zurück ins Haus. Lasst euch nicht blicken.« Sie hielt die Schrotflinte höher und sagte: »Die nehme ich mit.«
    »Nein, das tust du nicht. Wenn du seine Gebeine willst, stellst du sie weg und kommst mit.«
    In Rees Kopf tauchte unverlangt Musik auf, der Beginn einer schrägen Melodie, doch sie unterdrückte dieFiedel mit einem scharfen Gedanken und stellte sich, damit sie besseren Halt hatte, breitbeinig hin. Sie lehnte das Gewehr in die Ecke neben der Tür, schnappte sich Großmutters Mantel vom Haken und ging die Verandatreppe hinunter. Die Schwestern folgten ihr wie Wachleute. Der Wagen war eine viertürige Limousine mit stumpfer Farbe und jeder Menge vereistem Schnee auf dem Dach. Die ruhigste der Schwestern griff in ihre Tasche und zog einen Jutesack hervor, schüttelte ihn auf und reichte ihn Ree. »Du darfst nicht wissen, wohin wir dich bringen. Das hier wirst du dir über den Kopf ziehen müssen. Der Sack ist sauber. Und versuch ja nicht, darunter durchzuschauen.«
    »Wollen Sie mich erschießen?«
    »Wenn du mal

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