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Winterträume

Winterträume

Titel: Winterträume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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der is unheimlich schwer zu tanzen! Ich reib mir jeden Abend eine volle Stunde lang die Schultern ein.«
    »Macht Ihnen das Spaß, auf der Bühne zu stehen?«
    »Hm-hm – klar doch! Ich hab mich dran gewöhnt, dass die Leute mich anschauen, Omar, und es gefällt mir.«
    »Hm!« Horace starrte gedankenverloren vor sich hin.
    »Was machen denn die brasilianischen Einsprengsel?«
    »Hm!«, sagte Horace wieder, und dann, nach einer Pause: »Wohin geht eigentlich das Stück von hier aus?«
    »New York.«
    »Für wie lange?«
    »Kommt ganz drauf an. Über Winter – vielleicht.«
    »Oh!«
    »Sie könn’ ja mal rüberkommen und Ihr Auge auf mir ruhn lassen, Omar, oder hamse keine Lust? Is nich so nett hier, wie zu Haus bei Ihnen unterm Dach juchhe, nicht wahr? Ich wäre jetzt auch lieber dort.«
    »Ich komme mir hier vor wie ein Idiot«, gestand Horace und ließ den Blick nervös durch den Raum schweifen.
    »Ach, schade! Wo wir doch grad so schön vorangekommen sind.«
    Da zog er plötzlich ein so melancholisches Gesicht, dass sie gleich einen anderen Ton anschlug und über den Tisch langte, um ihm die Hand zu tätscheln.
    »Waren Sie denn noch nie mit ’ner Schauspielerin essen?«
    »Nein«, sagte Horace kleinlaut, »und ich werd’s wohl auch nie wieder tun. Ich weiß gar nicht, wieso ich heute Abend hergekommen bin. Mit den ganzen Lampen hier und unter all den lachenden, plappernden Leuten fühle ich mich völlig jenseits meiner eigenen Sphäre. Ich weiß gar nicht, worüber ich mit Ihnen reden soll.«
    »Wir reden einfach über mich. Über Sie haben wir ja beim letzten Mal schon geredet.«
    »Na gut.«
    »Also, ich heiße würklich Meadow, aber mein Vorname is nicht Marcia – sondern Veronica. Ich bin neunzehn. Frage – wie kommt die Kleine auf die Bretter, die die Welt bedeuten? Antwort – sie is in Passaic, New Jersey, geboren, und bis vor einem Jahr hat sie zwecks ihre Existenzberechtigungsbestätigung in Trenton in Marcel’s Tea-Room Kekse über die Theke geschoben. Hin und wieder is sie da mit ’nem Burschen ausgegangen, der Robbins hieß und Sänger war beim Trent House Cabaret, und eines Abends hat der sie gefragt, ob sie nicht Lust hat, ’n Song und ’n Tanz mit ihm zusammen einzustudieren. Gradma vier Wochen hat’s gedauert, da war der Speisesaal jeden Abend brechend voll. Dann sind wir weiter nach New York, in der Tasche ’n Berg Empfehlungsschreiben, so dick – wie ’n Stapel Servietten.
    Zwei Tage später waren wir am Divinerries’ engagiert, und den Shimmy, den hab ich mir von ’nem Burschen am Palais Royal beibringen lassen. Am Divinerries’ sind wir ’n halbes Jahr geblieben, bis eines schönen Abends Peter Boyce Wendell, der Kolumnist, bei uns sein Toast in die Milch gestippt hat. Am nächsten Morgen stand in seiner Zeitung ’n Gedicht, das hieß Marvellous Marcia , und die nächsten beiden Tage kriegte ich drei Angebote von Vaudeville-Theatern und die Chance, im Midnight Frolic aufzutreten. Ich hab Wendell ’n Dankbrief geschrieben, den hat er dann in seiner Kolumne abgedruckt und gesagt, ich hab genau den gleichen Stil wie Carlyle, nur schroffer, und ich soll die Tanzerei mal lieber an den Nagel hängen und stattdessen die nordamerikanische Literatur bereichern. Daraufhin hab ich gleich noch ’n paar mehr Vaudeville-Angebote gekriegt und ’ne Chance als Naive in ’nem richtigen Theaterstück. Da hab ich zugegriffen, Omar – und hier bin ich nu.«
    Als sie fertig war mit ihrer Erzählung, schwiegen sie einen Moment; Marcia wickelte die letzten Käsefäden von ihrem überbackenen Toast um ihre Gabel und wartete, dass Horace etwas sagte. Und das tat er.
    »Los, wir verschwinden«, sagte er plötzlich.
    Da wurden Marcias Augen ganz hart.
    »Was soll das denn jetzt? Is Ihnen etwa schlecht geworden wegen mir?«
    »Nein, aber ich fühl mich hier nicht wohl. Ich fühle mich nicht wohl, wenn ich hier so mit Ihnen sitze.«
    Daraufhin winkte Marcia ohne ein weiteres Wort den Kellner heran.
    »Die Rechnung bitte«, verlangte sie kategorisch. »Ich zahle – den Toast und das Ginger-Ale.«
    Horace schaute mit leerem Blick zu, wie der Kellner addierte.
    »Na, hören Sie mal«, begann er, »ich hatte eigentlich die Absicht, für Sie mitzubezahlen; Sie sind mein Gast.«
    Marcia stand seufzend auf und ging aus dem Saal. Und Horace, dem die vollkommene Verwirrung ins Gesicht geschrieben stand, legte einen Geldschein auf den Tisch und folgte ihr hinaus, die Treppe hoch und in die Halle. Vor dem

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