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Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Titel: Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Ruckley
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Ragnor oc Gyre. Lass ihm ausrichten, dass Horin-Gyre das Glas-Tal für ihn besetzt hält und auf seine Heimkehr wartet.«
    Sie lächelte flüchtig, und er küsste sie sanft auf die Stirn.
    IV
    »Inurian ist also tot«, sagte Yvane, nachdem sie erfahren hatte, was geschehen war.
    »Das steht nicht fest«, widersprach Orisian.
    »Ich denke, ihr wisst es ebenso wie ich«, erklärte die Na’kyrim . »Und ich weiß es genau.« Sie starrte ins Feuer und stocherte mit einem Stecken in der Glut. Funken stoben in die Höhe.
    Der warme und von allen Seiten geschlossene Raum lag am Ende eines kurzen Stollens. Ohne Yvane hätten sie ihn vermutlich nicht gefunden. Die alte Frau hatte sie zum Fuß der Klippen geführt, die hoch über die Ruinen aufragten. Durch ein Gewirr riesiger Felsblöcke waren sie zu einer Plattform tief im Schatten der schroffen Wand geklettert. Dort befand sich die enge Tunnelöffnung zu Yvanes Reich.
    Die Na’kyrim hatte einen Kräutertrank gebraut, während sie von ihren Erlebnissen berichteten. Sie reichten den heißen Sud herum, und jeder nahm einige tiefe Züge. Das Feuer knisterte zwischen ihnen und dem Tunnel. Primitive Malereien schmückten die Wände, eine Prozession von Tieren und Menschen, die im flackernden Feuerschein zu Leben erwachten. Der Wind pfiff um den Höhleneingang.
    Unauffällig musterte Orisian ihre Gastgeberin. Yvane besaß die gleichen Kyrinin-Züge, die er bei Inurian beobachtet hatte, wenngleich ihre Augen noch ein wenig fremdartiger anmuteten. Ihre Hände und Finger waren ebenso lang und schmal wie die von Ess’yr, aber schwielig von den Kletterpartien in der Felslandschaft des Car Criagar. Auch das raue Klima der Berge war nicht spurlos an ihr vorübergegangen. Ihre Haut war wettergegerbt und derber, als man es bei einer Na’kyrim erwartet hätte. Das kurze Haar besaß den typischen Kyrinin-Schimmer, war jedoch von einem rötlichen Braun – einem Farbton, der nur das Erbe ihres Huanin-Elternteils sein konnte. Wäre sie reinblütig gewesen, hätte Orisian sie auf gut fünfzig Jahre geschätzt; die Na’kyrim sahen allerdings meist jünger aus, als sie waren.
    »Bleibt in der Felsenkammer«, riet sie. »Der Rauch zieht durch den Eingangsstollen ab. Außerdem sind die Flammen ein gewisser Schutz gegen ungebetene Besucher.«
    »Besucher?«, wiederholte Rothe.
    »Huanin, Kyrinin, Tiere. Bären.« Sie bedachte den Leibwächter mit einem grimmigen Lächeln, das sogleich wieder erlosch. »Im Winter sind es hungrige Bären, im Sommer eure Leute aus dem Tal. Schatzsucher und Halbwüchsige, die sich für Männer halten, weil ihnen die ersten Schamhaare sprießen. Sie lassen sich leichter abschrecken als die Tiere.«
    »Nicht alle«, murmelte Rothe.
    Yvane tat, als habe sie seine Antwort nicht gehört, und stocherte weiter in der Glut.
    »Inurian sagte, Ihr könntet uns helfen zu fliehen«, sagte Anyara.
    Die Na’kyrim lachte leise. »Ihr Huanin seid immer so vorschnell«, meinte sie. Sie deutete mit dem schwelenden Stecken auf Ess’yr und Varryn. »Da, eure Kyrinin-Freunde wissen, was sich gehört. Sie sitzen still und sparen sich ihre Worte für später auf, wenn Gastgeber und Gäste einander besser kennen.«
    »Ich wollte Euch nicht kränken.« Anyara verstand es geschickt, Zerknirschung und Ärger zugleich zum Ausdruck zu bringen.
    Yvane zuckte die Achseln. »Ich bin nicht gekränkt«, sagte sie. »Es gibt auch Kyrinin, die keine guten Gäste sind. Für Kinder des Lachenden Gottes können sie ganz schön mürrisch sein.«
    Ess’yrs und Varryns Mienen blieben unbewegt.
    »Ich kann mir vorstellen, dass sich eure Fuchsfreunde hier alles andere als wohl fühlen«, fuhr Yvane fort. »In ihren Lagern erzählt man sich die wildesten Gerüchte über mich. Dass ich mit den Toten rede und ähnlichen Unsinn.«
    Orisian konnte nicht erkennen, ob sie hier willkommen waren oder nicht. Obwohl Yvanes Worte lässig klangen, enthielten sie auch eine Spur von Schärfe.
    »Lebt Ihr hier – in dieser Höhle, meine ich?«, fragte er. Yvane ließ die Blicke umherschweifen, als betrachte sie ihre Umgebung zum ersten Mal genauer.
    »Ich war schon länger nicht mehr hier. Ihr hättet das Versteck bei euren Streifzügen vielleicht selbst entdeckt.«
    »Ihr habt uns beobachtet?«, fragte Orisian.
    »Mehr oder weniger«, entgegnete Yvane. »Als ich Inurians Tod spürte, hegte ich gleich den Verdacht, dass es mit meinem Frieden für eine Weile vorbei sein könnte. Intuition. Oder die Gemeinschaft des

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