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Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Titel: Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Ruckley
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Geschäfte verschwendet. Ihr seid zwar ein schöner Reisetalisman, aber nichts übertrifft die Schönheit klingender Münzen.«
    Orisian zuckte bei diesen Worten fast zusammen, erfüllt von der beängstigenden Vorstellung, dass Anyara den Krug des Kapitäns ergreifen und ihm das Bier ins Gesicht schütten könnte. Aber ihr warmes Lächeln verblasste nur um weniges.
    »Es versteht sich von selbst, dass wir für Kost und Quartier bezahlen«, sagte sie. »Sobald Ihr uns unversehrt im Hafen abgesetzt habt, werden wir unsere Dankbarkeit in harte Währung verwandeln.«
    Delyne ließ die Blicke durch die Schankstube schweifen, als nähme er jetzt erst die rauchgeschwärzten Wände und rissigen Bodendielen wahr. Er nickte nachdenklich.
    »Nicht das Richtige für vornehme Leute, diese kalte Gegend. Und gefährlich. Der Wind sagt mir, dass Speere und Schwerter hierher unterwegs sind. Da sitzt man schnell in der Klemme, wenn kein robustes Schiff verfügbar ist, das den Stürmen um die Landspitze herum trotzt …«
    Anyara umklammerte beide Hände des Kapitäns und hielt sie fest. »Allerdings. Ihr seid unsere letzte Hoffnung, Kapitän.«
    Delyne machte sich sanft frei. »Nun gut. Wo müsste ich Euch absetzen?«
    »In Kolglas oder Glasbridge«, antwortete Orisian. »Das Ziel spielt keine große Rolle. Wichtiger ist, dass wir rasch aufbrechen.«
    Der Kaufmann von Tal Dyre nahm einen tiefen Zug von seinem Bier und wischte sich den Schaum von den Lippen. Dann setzte er eine düstere Miene auf.
    »Keine der beiden Städte liegt auf meinem Weg. Ich hatte eine andere Route geplant.«
    »Nehmt diesen Krug mit, Käpten«, sagte Orisian. »Wir füllen ihn bis an den Rand mit Silber, sobald Ihr uns an Land gebracht habt.«
    Delyne dachte kurz nach und zuckte dann mit den Schultern.
    »Ich werde natürlich einige Kojen für das Haus Lannis-Haig freimachen. Haltet Euch aber bereit, denn warten kann ich nicht. Bin schon einen Tag länger hier, als mir lieb ist, weil die versprochenen Waren nicht eingetroffen sind. Müssten morgen oder spätestens übermorgen da sein. Und dann brechen wir sofort auf.«
    »Wir haben es ziemlich eilig«, erklärte Orisian. »Ein Krug Gold statt Silber, wenn wir noch heute Abend aufbrechen.«
    Der Kapitän bedachte ihn mit einem Blick gespielten Bedauerns. »Meine Männer haben Landgang und müssen erst eingesammelt werden. Außerdem ist die Fahrrinne ins offene Meer hinaus fast zu schmal für ein so großes Schiff. Freiwillig möchte ich da nicht bei Dunkelheit durchsteuern. Aber für Gold lichte ich morgen die Anker, ob die Ladeluken voll sind oder nicht. Am Nachmittag ist die Tide am günstigsten.«
    Orisian spürte, wie ihn Verzweiflung bei dem Gedanken überkam, eine weitere Nacht abwarten zu müssen. Aber wenn ein Seemann von Tal Dyre sagte, es sei gefährlich, bei Dunkelheit loszusegeln, dann sollte man ihm besser Gehör schenken.
    »Gut«, sagte er. »Schickt uns einen Boten, wenn es so weit ist. Wir wohnen bei einem Na’kyrim namens Hammarn.«
    »Sonderbare Leute, mit denen Lannis-Haig mitunter verkehrt«, sagte Delyne mit einem feinen Lächeln. »Und noch eines sollten wir vorher besprechen: Ich setze Euch an Land, wo immer Ihr wollt, aber nur, wenn es sicher genug für mich ist. Ein Hauch von Gefahr in der Luft, und ich riskiere weder mein Schiff noch meine Leute. Nicht für hundert Krüge voller Goldmünzen. Ihr segelt mit uns bis nach Kolkyre, wenn ich es sage!«
    Sie schlugen ein, und Edryn Delyne verließ mit seinen Seeleuten die Schankstube.
    »Ich hatte ihn von Glasbridge her in besserer Erinnerung«, meinte Orisian.
    »Wahrscheinlich sah er damals keine so günstige Gelegenheit, einen hohen Gewinn herauszuschlagen«, sagte Anyara. »Du kennst vielleicht das alte Sprichwort: Ein Kaufmann von Tal Dyre, der Gold riecht, ist wie ein Bär, der Honig wittert. Man sollte beiden nicht zu nahe kommen. Jedenfalls macht ihn das vertrauenswürdig, oder?«
    »Ich verließe mich lieber auf etwas anderes als auf Geldgier«, seufzte Orisian. »Aber es ist ein einigermaßen sicherer Handel. Die Leute von Tal Dyre wären in Glasbridge oder auch Kolkyre nicht mehr willkommen, wenn herauskäme, dass er uns hier im Stich ließ. Schon deshalb wird er sein Wort halten.«
    »Es heißt übrigens, dass die Männer von Tal Dyre nur tote oder sterbende Frauen in Ruhe lassen – und die Sterbenden nicht immer«, warf Rothe ein.
    Anyara zuckte mit den Schultern. »Ich kann gut auf mich selbst aufpassen.«
    Orisian

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