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Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Titel: Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Ruckley
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lächelte über die Zuversicht, die sie ausstrahlte. Anyaras Stimmung hatte sich nun, da sie bald in Sicherheit sein würden, deutlich aufgehellt. Die dunklen Schatten, die auf ihnen lasteten, hoben sich ein wenig, und zum ersten Mal seit Wochen klang das Wort Hoffnung nicht mehr völlig hohl.

    Nicht weiter als einen halben Tagesmarsch von Koldihrve entfernt erhob sich ein kleiner Hügel aus dem lichten Wald an der Nordflanke des Car Criagar. Unter dürren Bäumen, die an einsame Wachtposten erinnerten, hatte Kanin sein Lager aufgeschlagen.
    Der Weg über die Berge hatte Kraft gekostet, wobei Kälte und Schnee sie stärker behindert hatten als die Pfeile der Kyrinin. Kanins Befürchtung, dass die Waldelfen sie aufhalten könnten, hatte sich nicht bewahrheitet. Die Füchse waren offensichtlich mit den Schleiereulen beschäftigt, die zu Hunderten den Car Criagar durchstreiften. Sie hatten Leichen in den Wäldern gefunden – Hinweise auf die Kämpfe zwischen den Clans –, aber die Hauptwelle der Gewalt befand sich immer ein gutes Stück vor den Horin-Gyre-Kriegern. Einige der toten Kyrinin, auf die sie stießen, waren verstümmelt oder zerstückelt. Sie entdeckten Männer, Frauen und Kinder, die man gehenkt oder gepfählt hatte. Kanin empfand Abscheu bei dem Gedanken, sich auf der blutigen Fährte der Wilden zu bewegen, und er wäre wohl umgekehrt, wenn er nicht das größere Ziel vor Augen gehabt hätte: Solange sich die Nachkommen von Kennet nan Lannis-Haig auf freiem Fuß befanden, war die Aufgabe, die er übernommen hatte, nicht erfüllt. Das Gemetzel der Schleiereulen in den Wäldern diente dem gleichen Ziel und beschleunigte seinen Marsch nach Koldihrve.
    Auf den baumlosen Hochflächen des Car Criagar hatte ihnen ein Schneesturm entgegengepeitscht. Eine Stein- und Eislawine hatte einige seiner Leute mitgerissen. Ohne Rast waren sie die unwirtlichen Hänge talwärts gezogen, doch nun, da sie die Gipfel hinter sich wussten, hatte er eine kurze Pause auf diesem einsamen Hügel angeordnet. Er wollte seine erschöpften Krieger nicht blind in unbekanntes Land führen. So hatte er Boten und Kundschafter vorausgeschickt und wartete nun auf ihre Berichte.
    Der Than – er hatte sich immer noch nicht an seinen neuen Titel gewöhnt – saß auf einer dunkelbraunen Decke und frühstückte die gleiche Hafergrütze mit Zwieback wie seine Leute, als ein Krieger erschöpft den Hügel heraufstolperte und vor ihm auf die Knie sank. Es war einer der Wächter, die er am Rande des Lagers aufgestellt hatte. Kanin stellte ruhig die Schüssel auf den Boden, wischte sich den Mund mit dem Ärmel ab und wartete.
    »Da unten wartet ein Inkallim, Herr. Einer von den Jägern. Er wünscht Euch zu sprechen.«
    Kanins Aufmerksamkeit war geweckt.
    »Dann bring ihn her!«
    Ein Riesenhund mit kräftigen Kiefern begleitete den Mann, der mit großen Schritten aus dem Wald heraufkam. Das Tier folgte seinem Führer auf den Fersen. Sie nehmen diese Biester nie an die Leine, dachte Kanin. Und obwohl die Hunde der Jäger schonungslos abgerichtet wurden, wirkten sie nicht unterwürfig, sondern bedrohlich raubtierhaft. Natürlich schüchterten sie die Leute weniger ein, wenn sie angeleint waren, und das wäre nicht im Sinne der Jäger gewesen.
    Der Inkallim gab sich entspannt und lässig, konnte aber nicht verbergen, dass er am Ende seiner Kräfte war. Er sah blass und hager aus wie ein Mann, der über Tage hinweg wenig Nahrung und Schlaf bekommen hatte. Als er vor Kanin stehen blieb, kauerte der Hund neben ihm nieder und richtete die dunklen Augen unverwandt auf den Than. Kanin erhob sich nicht von seiner Decke, und nach kurzem Überlegen ging der Inkallim in die Hocke.
    »Herr«, begann der Fremde.
    »Ihr seid einer von Canneks Leuten?«
    »Einer von den Jägern, ja. Zwei von uns stießen auf die Spur des Lannis-Haig-Mädchens, oberhalb der Wasserfälle, wo das Halbblut getötet wurde.«
    »Und?«
    »Sie sind zu sechst. Zwei Waldelfen, eine Na’kyrim , ein Lannis-Krieger, das Mädchen und ein junger Mann – höchstwahrscheinlich ihr Bruder.«
    Kanin verzog das Gesicht und rieb sich verärgert die Augen.
    »Dann gelang es nicht, sie zu töten?«
    »Mein Gefährte versuchte es, als sie aus den Bergen herunterkamen. Vergeblich. Ich hielt es für besser, ihnen mit einigem Abstand zu folgen, als ihre Spur zu verlieren und mein Leben aufs Spiel zu setzen.«
    »Natürlich. Wo sind sie jetzt?«
    »Sie kamen heute Morgen in Koldihrve an. Hätte ich Euch nicht

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