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Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Titel: Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Ruckley
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ein.
    Anfangs war der Forst licht und frei von Unterholz, da die Bauern der Umgebung ihre Herden am Waldrand weiden ließen. Aber als sie weiter vordrangen, engten Sträucher und Stämme ihren Weg immer mehr ein. Zweige und Ranken zerkratzten Anyara die Wangen. Sie presste das Gesicht gegen den Hals des Pferds, spürte die kräftigen Muskeln im Rhythmus der Bewegung unter seinem Fell. Im letzten Augenblick, bevor sie die Augen schloss, um das Grauen der Nacht oder auch ihre eigenen Albträume zu verdrängen, erspähte sie schemenhafte Gestalten, die neben ihnen herliefen. Geschmeidiger und bleicher als die Inkallim, huschten sie so schnell durch das Dunkel des Waldes, dass sie nicht genau erkennen konnte, welche neuen Schreckgespenster sich erhoben hatten, um ihre Flucht zu begleiten.
    Jene erste Nacht in den Wäldern von Anlane schien endlos zu dauern. Nach einer halben Ewigkeit hielten sie an und setzten Anyara aufrecht hin. Die Fesseln hatten ihre Handgelenke wund gerieben. Es war zu dunkel, um klare Eindrücke zu gewinnen. Der Wind blies jetzt frostiger durch das kahle Geäst. Sie hielt nach Inurian Ausschau und sah einige Schritte entfernt eine zusammengesunkene Gestalt vor einem Reiter kauern. Dann umklammerten sie die kräftigen Arme ihres Bewachers von hinten. Er griff nach den Zügeln, und sein Pferd setzte sich wieder in Bewegung. Sie spürte den Druck seiner Brust gegen ihre Schultern und beugte sich nach vorn, um der Berührung auszuweichen. Als das Pferd jedoch in Trab fiel, blieb ihr keine andere Wahl, als sich zurückzulehnen und gegen den Krieger abzustützen.
    Ohne die Schritte zu zügeln, ritten sie durch immer dichteren Wald. Anyara, die über den Kopf des Pferds hinwegspähte, hatte den Eindruck, dass sie blind durch die Gegend galoppierten. Bäume tauchten aus der Schwärze, Äste schnellten ihr entgegen. Hin und wieder glaubte sie ganz am Rande ihres Sichtfelds Gestalten zu erkennen, die dem Trupp vorausliefen. Den kräftigen Staturen nach zu schließen, waren manche von ihnen Inkallim. Noch weiter vorn befanden sich die Schemen, die sie schon früher bemerkt hatte, hagere Geschöpfe mit langen Armen und Beinen, die lautlos durch die Wälder geisterten. Nach und nach wurde ihr klar, dass es sich bei den Gestalten um Kyrinin handelte – Waldelfen vom Stamm der Schleiereulen, welche die Inkallim durch Anlane geleiteten. Vielleicht hatten sie auch die Brände in Kolglas gelegt, um zu verhindern, dass die Burg Hilfe aus der Stadt erhielt. Der Gedanke bohrte sich ihr wie eine eisige Nadel ins Herz. Sie war nicht nur den Feinden ihres Hauses, sondern den Feinden ihrer ganzen Rasse in die Hände gefallen.

    Als das erste Frühlicht durch die Kuppel des Walds sickerte, traten die Bäume aus dem Dunkel hervor, streiften die Nacht ab und nahmen allmählich Form und Festigkeit an. Anyaras Gedanken hatten sich irgendwann selbständig gemacht. Plötzlich schreckte sie hoch wie aus einem Wachtraum. Schwankend saß sie da und befürchtete, jeden Augenblick vom Pferd zu stürzen. Ihre Augen, ihr Rücken, ihre Kehle – alles schmerzte. Sie spähte nach vorn. Die Inkallim hatten einen gleichmäßigen Laufschritt angeschlagen und folgten dicht hintereinander einem schmalen, stark überwucherten Trampelpfad. Die Kyrinin waren nirgends zu sehen. Sie drehte den Kopf nach hinten und erblickte einige Pferde und Reiter, ehe ihr Bewacher sie mit einem Schlag ins Gesicht zwang, wieder nach vorn zu schauen.
    Nach etwa einer Stunde, als die Grautöne der Dämmerung sich in klares Tageslicht verwandelt hatten, verfiel der Trupp nach der erbarmungslosen Eile in einen gemächlichen Schritt. Der Pfad verbreiterte sich. Anyara spürte, wie Erschöpfung und Kälte sich tief in ihr Inneres fraßen. Obwohl es jetzt wärmer war, hielt die frostige Nacht sie immer noch gefangen.
    Ein zweites Pferd schob sich neben das Tier ihres Bewachers. Als sie zur Seite schaute, sah sie Inurian vor einem rauchgeschwärzten Krieger sitzen. Er wirkte blass und eingefallen. Blut verkrustete seine Stirn und klebte ihm in dunklen Flecken auf der linken Wange. Anyara wollte etwas sagen, biss sich aber auf die Lippen, als sie den Hufschlag eines weiteren Pferds von hinten näher kommen hörte. Sobald es sich auf gleicher Höhe mit ihnen befand, erkannte sie den Na’kyrim , der erst nach dem Überfall auf die Burg zu den Kämpfern gestoßen war. Er war ein gutes Stück jünger als Inurian. Seine Haut wirkte kränklich fahl, und das helle Haar hing ihm

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