Wir - die Unsterblichen
dann, als ich fertig war, begann ich zu fragen. Lautlos formten sich die Antworten in meinem Gehirn und schlossen den Kreis.
Zweihundert Jahre lang lebte jeder Sproß des Geschlechts. Mit neunzig Jahren bezog er die erste Kammer. Immer der älteste Sohn trat das Erbe an – das Erbe der geistigen Sublimierung. In der zweiten Kammer verblieb er so lange, bis der Körper restlos aufgezehrt war und mit seiner Substanz das Gehirn ernährt hatte. War das geschehen, kam das Gehirn in die Schreine unter den Bildern der Ahnengalerie in eine Nährlösung, wo es weiterlebte. Vor der Überführung in den Schrein jedoch gab jedes Gehirn das gesammelte Wissen der Generationen an seinen Nachfolger weiter, der es im Computer speicherte und um seine eigenen Erfahrungen vermehrte.
Wieder drängte sich mir die Frage auf:
»Aber wozu das alles …? Warum …?«
»Geduld, mein Kind, du wirst es erfahren – wenn es an der Zeit ist. Eines Tages wird die Menschheit dieses gesammelte Wissen benötigen – an jedem Tag nämlich, an dem sie das Geheimnis ihres Ursprungs enträtselt hat. Nun aber geh, ich habe zu arbeiten.«
»Geheimnis des Ursprungs?« fragte ich, aber ich erhielt keine Antwort mehr. Die Augen, diese herrlich blauen und wissenden Augen, hatten sich geschlossen.
Nur die Lichter des Computers flackerten, farbiger und intensiver als vorher.
Achims Vater führte mich in die Welt der Wirklichkeit zurück und ich glaubte, geträumt zu haben.
Aber ich wußte, daß es kein Traum gewesen war.
Nachtrag am 17. April 2039 n. Chr.
Heute brachte mein Enkel Andreas seine Braut zu uns. Sie ist ein liebes Mädchen, Marskolonistin in zweiter Generation. Sie ist jetzt bei Achim, der seit einem Jahr in der ersten Kammer weilt.
Gebe Gott, daß sie die letzte in der langen Reihe ist.
Das erste Photonen-Raumschiff steht kurz vor der Vollendung. Wenn sie die Plutobahn überschreiten, werden sie auf die Patrouillenkreuzer der Asen stoßen. Dann wird das Geheimnis des Ursprungs der Menschheit gelöst sein, und die Gehirne der Entwicklungs-Kommissare werden endlich, endlich sterben dürfen.
Clark Darlton
Transplantation
Guiseppe Montelli saß auf der harten Holzpritsche und starrte gegen die Gitter der Ventilationsanlage. Die Zelle hatte kein Fenster, und außer der stählernen Tür gab es keinen Ausweg aus ihr. Wenigstens nicht für ihn, Montelli. Wäre es eine Maus gewesen, hätte er vielleicht durch die sanitären Anlagen entweichen können, aber er war alles andere als eine Maus. Er war ein kaltblütiger Killer, der beim letzten Bankraub zwei Polizisten niedergeschossen und getötet hatte.
Deshalb saß er auch in dieser Zelle, der letzten Station vor der Todeszelle. Morgen früh würde er umziehen.
Der Tod schreckte Montelli nicht, aber der Gedanke daran, daß die 200 000 guten Dollar in gebrauchten Scheinen in ihrem Versteck verschimmeln würden, bereitete ihm eine ganze Menge Ärger. Sie hatten versucht, das Versteck aus ihm herauszuprügeln, aber es war den Bullen nicht gelungen.
Ben Miller und Kel Dave würde es ziemlich egal sein, ob sie ihn ins Jenseits beförderten oder nicht. Aber ihnen würde das Geld nicht egal sein. Sie hatten zwar vorher ihren Anteil kassiert, aber solche Burschen bekamen den Hals nie voll. Ab morgen würde ihnen das alles nichts mehr nützen. Ihre Rechtsanwälte waren schlecht gewesen, also bekamen sie auch nichts von dem Geld.
Montelli grinste flüchtig und sah auf seine Uhr, die man ihm gelassen hatte. Noch zehn Stunden, ungefähr. Schlimm würde es nicht sein. Die Kapseln fielen in die Säure, das Gas entwickelte sich, er würde ein paarmal tief durchatmen – und vorbei.
Aber das Geld, das verdammte Geld!
Da hatte man sein ganzes Leben geschuftet, und endlich kam die große Chance. Das Unternehmen gelang, wenn auch zwei Bullen draufgingen, und dann schnappten sie einen. Zum Glück, nachdem das Geld verteilt und der eigene Anteil in Sicherheit gebracht worden war. Aber den Idioten war ja die Sühne wichtiger als Geld. Sie wollten ihn tot sehen, und dabei verzichteten sie auf 200 000 Dollar.
Schritte näherten sich auf dem Gang. Sie hallten von den kahlen Wänden wider. Montelli konnte es deutlich hören. Insgeheim hoffte er noch immer auf ein Wunder, einen Aufschub oder gar eine Begnadigung. Er hatte die Hälfte der versteckten Beute dafür geboten.
Aber es war nur der Gefängnispfarrer, der dem zum Tode Verurteilten den letzten Trost zuteil werden lassen wollte.
Montelli warf
Weitere Kostenlose Bücher