Wir fangen gerade erst an: Roman (German Edition)
Posten auf dem Lieferschein und bezahlte. Danach trug ihr der Fahrer netterweise die gesamte Lieferung in den Fahrstuhl. Ein paarmal mussten sie kehrtmachen oder abwarten, doch schließlich gelang es ihnen, die Kartons ungesehen in die Zimmer zu bringen. Kaum hatten sie alles hochgetragen, als Märtha noch einen weiteren Lieferwagen bemerkte und wieder hinunterlief. Der Fahrer machte große Augen, als sie behauptete, der Kinderwagen sei für ihre Kinder – es dauerte eine Weile, bis sie hinzufügte, dass es sich natürlich um die Enkelkinder handelte. Aber alles klappte, und als sie wieder in ihr Zimmer kam, stellte sie Gläser auf den Tisch und holte eine Flasche Champagner heraus.
»So, meine Freunde, zum Wohl! Auf die Bilder und die Kunst!«, sagte sie.
»Auf die Impressionisten!«, fügte Anna-Greta hinzu.
Dann stellte Anna-Greta unter großem Applaus üppig belegte Baguettes auf den Tisch, die sie übers Internet bestellt hatte. Märtha schloss die Tür ab, und nachdem sie die Brote gegessen und den Champagner getrunken hatten, begannen sie, die ersten Windeln mit Fünfhundertkronenscheinen zu befüllen. Anna-Greta war bester Laune, da ihre online-Bestellung einwandfrei funktioniert hatte. Aufgekratzt erklärte sie, dass sie am nächsten Tag bei ihrer Bank anrufen wolle, um die Probleme von vor ein paar Tagen zu klären. Doch die anderen redeten auf sie ein, das bleibenzulassen und lieber nicht allzu viele Worte darüber zu verlieren. Es wäre besser, wenn sie die Bank bitten würde, die Transaktionen wieder rückgängig zu machen.
»Und wenn sie sich nach den hohen Auszahlungsbeträgen erkundigen?«, meinte Anna-Greta.
»Dann sagst du einfach, deine Rente sei erhöht worden, und du hättest es dir anders überlegt.«
Alles in allem hatten sie einen wunderbaren Tag, und als am Nachmittag auch noch Gunnar auftauchte, war Anna-Greta außer sich vor Freude. Sie verschwand mit ihm in ihrem Zimmer, und obwohl es schon spät am Abend war, hörte man bald die ersten Töne von Kinderglück . Als Lapp-Lisa Kinderglück, zum Himmel bist du die goldene Brück’ sang, trällerten die beiden wie üblich mit, doch die Nadel blieb wieder bei goldene Brück’, goldene Brück’ hängen. Lange Zeit hing das Lied an dieser Stelle fest, bis man ein kratzendes Geräusch hörte, als die Nadel über die Platte fuhr. Da wurde es totenstill, und die anderen sahen sich hoffnungsvoll an. Ob Gunnar eventuell nicht ganz zufällig mit dem Fuß an den Plattenspieler gestoßen war? Doch dann legten die beiden die Platte noch einmal auf, und Kinderglück erklang von neuem, nur dass sie jetzt auch am Ende des Liedes noch zwei Kratzer hatte. Da verging den anderen die Lust, sie sagten sich gute Nacht und gingen jeder in sein Zimmer.
Doch es dauerte nicht lange, da öffneten sich zwei Türen noch einmal, und Snille und Kratze stießen im Gemeinschaftsraum wieder aufeinander.
»Einschlafen ist nicht so leicht«, sagten sie und drehten wieder um. Doch etwas später gingen die Türen noch einmal auf, und beide schlichen zu ihren Frauen. Und da taten sie dann etwas völlig anderes, als Verbrechen auszuhecken. Aber wenn man bedachte, wie sich alles entwickelte, hätten sie ihre Zeit vielleicht besser nutzen sollen.
65
»Mist, das ist gar nicht einfach«, sagte Stina zu sich selbst, als sie den frisch erworbenen Kinderwagen schob. Sie hatten den 30. Oktober, und es war fünf vor eins. Der Wind, der von der Nybrobucht hereinzog, war kühl. Ihr eingemummeltes Enkelchen Malin schlief in dem einem Sitz, und im anderen lag die naturgetreue Babypuppe mit der kleinen Mütze. Stina und Märtha wechselten sich mit dem Schieben ab, denn der Wagen war wesentlich schwerer als vermutet. Am Vormittag hatten sie die Babypuppe, die Decke und die geldschweren Windeln in den Wagen gestopft und auch noch ein Fläschchen und ein Jäckchen eingepackt. Dann hatten sie mit der Kleinen ein Taxi zum Blasieholmsplatz genommen. Der Taxifahrer half ihnen mit dem Kinderwagen, und als sie Malin und die Puppe hineingesetzt hatten, begannen sie langsam, in Richtung Grand Hotel zu schieben.
Auf dem Weg überlegte Märtha, wer wohl die Bilderdiebe sein könnten. Ihr kam vieles in den Sinn: von der Jugomafia über das Hotelpersonal bis zu einem reichen Geschäftsmann, der die Bilder bei einem Aufenthalt in der Suite geklaut haben könnte. Aber eigentlich spielte es keine Rolle. Das Wichtigste war, dass die Bilder wiederauftauchten. Als sie zur Hovslagargata kamen, sahen
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