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Wir fangen gerade erst an: Roman (German Edition)

Wir fangen gerade erst an: Roman (German Edition)

Titel: Wir fangen gerade erst an: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catharina Ingelman-Sundberg
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ein Taschengeld als Laufbursche verdient. Die Geschäftsleitung des Unternehmens war damals schon großzügig gewesen. Sie hatte einen Park anlegen lassen, in dem sich die Arbeiter und ihre Familien erholen konnten. Das fand Snille großartig, und er hegte enormen Respekt vor den alten Herren mit ihren Melonen. Sie hatten es verstanden, wie man teilt. Und weil er sich in Sundbyberg so wohl gefühlt hatte, war er dort geblieben, auch wenn ihm nach seinem Ingenieursstudium Arbeitsstellen und Wohnungen in Stockholm angeboten wurden. Erst war er bei einem Elektriker angestellt gewesen, doch nach dem Tod seiner Eltern hatte er im Parterre des Hauses eine eigene Werkstatt eröffnet. Seiner erster Umzug war der ins Altersheim.
    »Alles, was wir klauen, sammeln wir und geben es in eine Diebstahlsstiftung«, fuhr Märtha fort. Sie nahm ihr Strickzeug auf den Schoß, legte das Knäuel auf dem Sofa zurecht und begann, am Rückenteil der Jacke weiterzustricken.
    »Diebstahlsstiftung?«, fragte Snille.
    »Da sammeln wir unser Geld, und wenn wir aus dem Gefängnis kommen, verteilen wir es an Einrichtungen im Kulturbereich, in der Altenpflege und überall dort, wo der Staat nichts zahlt. Das ist doch eine gute Idee, oder?«
    Snille teilte ihre Meinung, und während es Abend wurde, fielen ihnen immer neue Dinge ein. Als es schließlich an der Zeit war, schlafen zu gehen, hatten sie beschlossen, genau dort im Land zuzuschlagen, wo sie die wohlhabendsten Menschen fanden. Und sie hatten einen richtigen Coup geplant. Einen, wie sie ihn nur aus dem Kino kannten.

8
    Es schneite ein wenig, als Märtha und ihre Freunde vor dem Grand Hotel in Stockholm aus den Taxis stiegen. Märtha bemerkte, dass sie unter den Leuten richtig auffielen. Snille trug seine rote Kappe, und an ihren Rollatoren waren die Abstandhalter angebracht. »Damit euch niemand verletzt«, hatte er gesagt. Außerdem sah sein eigener Rollator ziemlich unförmig aus. Die seitlichen Stahlrohre schienen breiter zu sein als an ihrem Gerät. Sie musste ihn später unbedingt fragen, was er da gebastelt hatte.
    »Fahrgäste, die zum Grand Hotel fahren, geben in der Regel ein Trinkgeld«, erklärte ihnen einer der Taxifahrer.
    »Mein lieber Herr«, wehrte sich Märtha. »Wir wollen gar nicht zum Grand Hotel, sondern zum Kai, wo die Schiffe nach Vaxholm abfahren.«
    »Warum lügst du?«, flüsterte Anna-Greta.
    »Du hast doch bestimmt schon mal gehört, dass jeder richtige Ganove falsche Fährten legt.«
    »Bald bekommen Sie von uns so viel Trinkgeld, wie Sie wollen«, prahlte Kratze und bekam prompt einen Knuff in die Seite von Snille.
    »Schhhhhh. Etwas mehr Diskretion bitte.«
    »Das sagst ausgerechnet du mit dieser Kappe. Mach wenigstens das Licht aus.«
    Snille drückte schnell auf den Schirm, und die Lichtdioden erloschen. Märtha klappte den Abstandhalter am Rollator herunter und wies Snille an, dies auch zu tun. Das war besser so. Zeugen erinnerten sich immer an die Details.
    »Jetzt beginnt unser großes Abenteuer«, frohlockte Märtha, als die Taxis abgefahren waren. Sie warf einen Blick hoch zum Grand Hotel und nickte Snille zu. Das, worüber sie anfangs nur Spaß gemacht hatten, wurde nun Wirklichkeit, auch wenn es lange gedauert hatte. Erst nach Wochen war es ihnen gelungen, die anderen zu überzeugen, und tief im Inneren wurde Märtha die Angst nicht los, einer von ihnen könnte aus dem Rahmen fallen. Schließlich wollte sie das Leben gern richtig genießen, bevor sie hinter Schloss und Riegel kamen. Sie hatte Albträume gehabt, in denen einer in letzter Sekunde kalte Füße bekommen oder – schlimmer noch – sie verraten hatte, bevor »die Seniorengang« den ersten großen Coup landen konnte.
    Stina hatte die Idee mit dem Namen gehabt, und den anderen gefiel er, weil er so jung klang, wenn auch nicht so dynamisch. Sie einigten sich aber darauf, dass es wichtiger war, was man tat, als wie man hieß. »Outlaw Oldies«, Märthas Vorschlag, wurde überstimmt, weil die anderen meinten, das klinge zu kriminell.
    Dank Schwester Barbro war der Schritt vom hilflosen Senior zum zukünftigen Verbrecher beschleunigt worden und kam schneller als gedacht. Märtha war nämlich zum Eisenwarenladen gegangen, um für Snille einzukaufen, doch seine Handschrift war so miserabel, dass weder sie noch der Verkäufer entziffern konnten, was er aufgeschrieben hatte.
    »Wir sollten Ihren Freund am besten anrufen«, meinte der Verkäufer, und ohne nachzudenken, gab sie ihm Snilles Nummer.

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