Wir fangen gerade erst an: Roman (German Edition)
Freundinnen an die Hand und führte sie zum Fahrstuhl.
»Am besten gehen wir jetzt aufs Zimmer«, sagte sie. Und dann kicherten und alberten sie herum, bis sie ihre Suite erreichten, und Märtha sang »Einer geht noch« mit südschwedischem Dialekt.
Wie gut nur, dass Kratze sich nicht um die Kräuter gekümmert hatte, er hätte viel zu wenig genommen, dachte Märtha. Sie hingegen hatte alles hineingekippt, was er ihr gegeben hatte. Schließlich hatte sie ja den Verlust des Bilsenkrautes ausgleichen müssen.
17
Die Champagnerkelche waren ausgetrunken und die Oliven aufgegessen. Nun war es an der Zeit, die Sporttasche zu öffnen und die Beute herauszuholen. Feierlich hob Snille die Tasche hoch und ließ den Inhalt über die Tischplatte rieseln, während die fünf frischgebackenen Diebe dasaßen wie Kinder am Heiligen Abend und zusahen, wie der Berg immer größer wurde. Mit funkelnden Augen fingen sie an, in den Sachen zu graben. Dann wurde es still.
»Was soll das?«, fragte Märtha, während sie in dem Haufen herumrührte. »Schminke und Haarbürsten?«
»Für mich bitte keinen Lippenstift«, moserte Kratze. »Wer hatte die Idee, das Schließfach zu plündern? Ihr seid selbst schuld, was habt ihr gedacht?«
»Die Männer scheinen immerhin ihre Handys abgegeben zu haben. Die kann man noch zu Geld machen«, meinte Anna-Greta und wühlte weiter. »Und schau mal, hier sind ein paar Armbänder und Uhren.«
»Aber dafür bekommen wir keine Gefängnisstrafe«, seufzte Märtha.
»Und viel ist es auch nicht«, sagte Stina.
»Ach was, dieses breite Armband hat sicherlich 18 Karat und für die Uhr bekommen wir bestimmt 100000 Kronen«, behauptete Anna-Greta.
»Hier ist eine goldene Puderdose«, sagte Märtha und kramte ein protzig verziertes Etui heraus. Es wurde mit einer Spange geöffnet, doch der Verschluss war so winzig, dass Märtha ihn nicht aufbekam.
»Diese Dose hätte ich gern, falls niemand sonst …«, begann Anna-Greta und griff schnell zu, bevor jemand anders noch reagieren konnte. Stina sah sie vorwurfsvoll an.
Wieder wurde es still, und jeder versuchte, der Sache etwas Positives abzugewinnen. Aber was sie auch in die Hand nahmen, etwas richtig Wertvolles fanden sie nicht. Der Coup war geglückt, doch die Ausbeute mehr als mager.
»Das war unser erster Versuch. Vielleicht hat Robin Hood auch nicht gleich beim ersten Mal Glück gehabt«, murmelte Stina und betrachtete besorgt ihren Fingernagel, den sie sich beim Wühlen im Haufen abgebrochen hatte.
»Ich glaube kaum, dass er Haarbürsten erbeutet hat«, antwortete Kratze.
»Da riskiert man seine Freiheit für einen Haufen wertloses Zeug. Beim nächsten Mal müssen wir richtig zuschlagen. Jemanden kidnappen oder so«, schlug Anna-Greta vor und wedelte mit ihrem Stock, der nun ganz verzogen war.
»Jemanden kidnappen?« Damit löste sie allgemeines Entsetzen aus.
»Ja, man nimmt eine Geisel und verlangt Lösegeld.«
»Darüber habe ich schon einiges gelesen«, sagte Märtha, »aber dafür muss man das Opfer erst einmal überwältigen, und ich weiß nicht, ob wir das hinkriegen. Stellt euch vor, wenn wir selbst etwas abbekommen.«
»Aber könnten wir nicht einfach jemanden vorsichtig zusammenschlagen?«, fragte Stina.
»Meinst du, ein Bein stellen?«, grinste Kratze.
Keinem war nach Lachen zumute, und trotz des Champagners wollte sich keine rechte Stimmung einstellen.
»Wir können an der Rezeption ja mal nachfragen, ob in nächster Zeit irgendwelche prominenten Gäste kommen«, schlug Snille nach einer Weile vor.
»Und dann kidnappst du sie. Meinst du Clinton oder Putin? Das will ich sehen.« Kratze schüttelte den Kopf.
»Ich hab’s. Wir veranstalten oben im Zimmer einen Rouletteabend. Die Suite ist so edel, dass sich keiner etwas dabei denkt. Mit Diebstahl und Betrug kommt man auf jeden Fall ins Gefängnis«, meinte Märtha.
»Meine Herren, wollt ihr vielleicht auch noch ein Bordell aufmachen? Wir sollten schon ein bisschen auf dem Boden der Tatsachen bleiben«, entgegnete Anna-Greta.
»Betrug beim Spiel wäre schon eine Idee«, fand Snille, »aber dafür bekommt man sicher nicht mehr als Bewährung.«
»Stimmt. Die Tat muss darauf abgestimmt sein, wie lange wir hinter Gitter wollen. Und am liebsten möchten wir ja auch in das beste Gefängnis kommen«, sagte Märtha, die sich langsam an den hohen Standard gewöhnt hatte.
»An was man alles denken muss. Als wäre es nicht schon schwer genug, überhaupt ein Verbrechen zu begehen.«
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