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Wir fangen gerade erst an: Roman (German Edition)

Wir fangen gerade erst an: Roman (German Edition)

Titel: Wir fangen gerade erst an: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catharina Ingelman-Sundberg
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sein Freund stand vor der Tür und schrie aus voller Kehle. Snille ging hin und öffnete.
    »Ich friere mich tot«, sagte sein Kamerad und bat um eine warme Decke und ein Glas Grog. Als Snille ihm etwas Hochprozentiges eingeschenkt hatte, begann Kratze zu erzählen. Er hätte bei offenem Fenster geschlafen, berichtete er. Und als es kälter geworden war, sei er immer weiter unter die Decke gekrabbelt, weil er fror. So hätte er gar nicht gemerkt, dass die Zimmertemperatur unter null gefallen war. Kurz nach Mitternacht sei die Heizung eingefroren. Gegen ein Uhr fing sie an zu tröpfeln, und als er aufgewacht sei, stand das Zimmer unter Wasser.
    »Wir sinken, wir sinken, alle Mann an Deck, habe ich in meiner Panik gebrüllt und bin gegen die Tür gerannt«, erzählte Kratze und leerte sein Glas.
    »Aha«, antwortete Snille.
    »Nein, wirklich! Ich habe bei der Rezeption angerufen, aber die wollten mir nicht glauben – genau wie du. Du hättest ihre Gesichter sehen sollen, als sie vor den Wasserlachen standen.«
    »Glaubst du die Geschichte denn selbst?«, fragte Snille und gähnte. Kratze hielt sein Glas hin.
    »Lieber Snille, kannst du bitte noch ein bisschen nachschenken und mir ein Paar warme Socken leihen?«
    »Nein. Schluss, aus. Jetzt müssen wir schlafen.«
    Kratze hatte immer Unmengen an Geschichten auf Lager.
    »Du weißt aber, dass das echte Leben jede Geschichte übertrifft?«, begann Kratze noch einmal und wies auf das leere Glas. »Nur noch einen winzigen Schluck?«
    Snille schüttelte den Kopf.
    »Bis morgen, mein Lieber. Sieh zu, dass du fit bist. Schließlich geht es um unseren zweiten Coup.«
    »Weiß ich doch. Deshalb konnte ich doch nicht schlafen. Aber die Geschichte mit der Heizung war doch gar nicht so blöd, oder? War immerhin einen Grog wert!«
    »Kratze, geh schlafen!«
    Als sein Kumpel verschwunden war, sah ihm Snille lange nach. Einer Seniorengang anzugehören war nicht gerade leicht. Auch wenn man selbst alles richtig machte, konnten es die anderen jederzeit vermasseln. Er machte sich schon wegen Stina Sorgen. Jetzt musste er auch noch Kratze im Auge behalten.

20
    Welch ein Gebäude! Das Nationalmuseum hatte eine Aura von Macht und Ansehen. Märtha warf einen Blick auf die große Treppe und fühlte sich selbst ganz klein. Hier befanden sich also der Leichenumzug Karls XII. und die großen Carl-Larsson-Bilder. Ihr Vorhaben, gleich den größten Kunstraub des Jahrhunderts zu begehen, war nicht gerade beruhigend. Immerhin war sie von Beruf Sportlehrerin gewesen, nicht Kriminelle. Auch wenn sie den Coup wieder und wieder durchgegangen waren und jeden Schritt detailliert geplant hatten – eine winzige Kleinigkeit konnte alles zunichtemachen. Märtha tröstete sich damit, dass sie den Diebstahl unzählige Male in ihrer Suite geübt hatten. Jetzt galt es, nichts zu vergessen und die Ruhe zu bewahren. Sie ging zur Kasse und kaufte die Eintrittskarten. Das Museum hatte eben erst seine Pforten geöffnet, und sie konnten ungestört zur Tat schreiten. Sie gingen davon aus, dass die Wachen um diese Uhrzeit noch nicht »auf Zack waren«, wie Stina sagen würde.
    »Willkommen, meine Dame. Ist Ihnen kalt?«, fragte die Kassiererin, als sie bemerkte, dass Märtha ihre Handschuhe nicht abgelegt hatte.
    »Mein Rheuma«, antwortete Märtha mit einem Lächeln und ging hinüber zu den anderen.
    Sie warf wieder einen Blick auf die Treppen. Meine Güte, die Treppenstufen kamen ihr wie riesige Hindernisse vor, warum musste man die Gemälde auf mehrere Stockwerke verteilen? Reichte es nicht schon, dass sie weit oben an der Wand hingen? Sie gab ihren Freunden die Eintrittskarten, und nachdem sie sie durch so einen merkwürdigen Scanner gezogen hatten, konnten sie zum Aufzug gehen.
    »Ich frage mich, ob wir da alle auf einmal reinpassen?«, sagte Snille.
    »Am besten gehen die mit einem Rollator zuerst hinein«, schlug Märtha vor, die endlich sehen wollte, wie da oben die Lage war.
    Der Aufzug war langsam, und es dauerte eine Ewigkeit, bis er sich knarrend die zwei Stockwerke hinaufgequält hatte und sie aussteigen und den Fahrstuhl wieder nach unten schicken konnten. Märtha spürte, wie die Anspannung zunahm, und hoffte, dass Kratze daran denken würde, unten das Schild AUSSER BETRIEB aufzustellen. Das war zwar etwas banal, aber es funktionierte ganz bestimmt. Snille hatte das Schild auf dem PC im Hotel geschrieben, es auf ein Stück Karton geklebt und eine Schnur zum Aufhängen daran befestigt. Märtha war

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