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Wir fangen gerade erst an: Roman (German Edition)

Wir fangen gerade erst an: Roman (German Edition)

Titel: Wir fangen gerade erst an: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catharina Ingelman-Sundberg
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man nur Glück wünschen«, sagte Kratze.
    Nachdem sich alle ausgeweint hatten, versöhnten sie sich wieder. Dann wurden sie in ihre Zellen abgeführt. Sie umarmten sich fest und lange und beteuerten, dass sie sich sehr bald wiedersehen würden. Märtha machte einen Versuch, am Ende noch etwas Aufmunterndes zu sagen.
    »Die Zeit rast. Bald kommen wir in den offenen Entzug, oder bekommen eine nette Fußfessel. Und schwups – sind wir wieder frei«, sagte sie und senkte die Stimme, so dass es niemand anders hören konnte. »Und passt auf. Denkt daran, nach dem Pastor zu fragen. Nicht nur Gott spricht zu ihm«, war ihre kryptische Botschaft. Dann blinzelte sie vielsagend, drückte rasch die Hände ihrer Freunde dreimal, und da verstanden sie, dass Märtha etwas im Schilde führte.

39
    Im Gefängnis von Sollentuna roch es frisch und neu, das war angenehmer als in der alten und unmodernen Strafvollzugsanstalt von Kronoberg. Dennoch fand Märtha es ziemlich erschlagend. Sie ging zwar erhobenen Hauptes durch die Räume und versuchte, ganz ruhig und gefasst zu wirken, doch im Grunde war sie ziemlich verärgert. Sie konnte nicht verstehen, warum die Polizisten in Kronoberg so unfreundlich gewesen waren. Schließlich waren sie gekommen, um ein Geständnis abzulegen, doch anstatt dankbar zu sein, hatten diese uniformierten Typen nur ironische Kommentare abgegeben, sie fast schon lächerlich gemacht. Auch dort hatte man keinen Respekt vor alten Menschen! Und als Anna-Greta wegen der verlorenen Bilder weinen musste und Stina erzählte, wie sie die Gemälde schöngemalt hatte, schien dem Beamten die Hutschnur geplatzt zu sein. Er hatte den Staatsanwalt angerufen und beantragt, dass sie alle angeklagt werden sollten. Dann wurden sie noch weiter verhört, und bald waren sie dringend tatverdächtig eines Verbrechens, das sie selbst gerade gestanden hatten.
    »Folgen Sie mir!« Märtha spürte einen Knuff in die Seite, und der Strafvollzugsbeamte brachte sie zur Aufnahme. Sie betrat einen Raum, der ziemlich steril wirkte und nach frisch gesägtem Holz und Kunststoff roch. In einer ungemütlichen Ecke sollte sich Märtha in einen Sessel, der vor einer breiten Glaswand stand, setzen und warten. Nach einer Weile sah sie ein paar Leute in dunkelblauen Pullovern auf der anderen Seite und winkte brav. Das waren offenbar die Wärter. Sie ertappte sich dabei, das Wort Wärter mehrere Male zu murmeln, denn sie hatte gehört, dass die Insassen die Wachen so nannten. Sie hatte ja keine Lust, sich zu blamieren, wenn sie schon in einem Gefängnis gelandet war, sondern wollte lieber ganz geschmeidig mit ihrer Umgebung verschmelzen. In Kronoberg hatte sie von Mobbing und anderen unangenehmen Dingen gehört, also musste man auf der Hut sein. Eine Luke wurde geöffnet, und einer der Wachmänner schaute heraus.
    »Willkommen«, sagte der Wachmann, und Märtha fand, dass das merkwürdig klang, als ob die hinter dem Glas sie zum Besuch zu etwas einladen wollten. Dann folgte ein Gespräch, in dem der Mann sie fragte, wie es ihr ging, ob sie Medizin einnahm, ob sie besonderes Essen brauchte und was sie von der Gefängniszeit, die vor ihr lag, erwartete. Sie musste außerdem ihre Uhr, ihr Portemonnaie, Ringe, Armband und andere private Dinge abgeben. Danach musste sie ihre Kleidung gegen Anstaltskleidung tauschen. Die Wärter wollten schließlich wissen, wer ein Verbrecher war und wer nicht – und das war in ihrem Fall ja nicht ganz einfach, das sah Märtha ein. Dass sie eine Gaunerin war, war rein äußerlich nicht zu erkennen, zumindest dann nicht, wenn sie den Rollator benutzte.
    Als das Aufnahmeritual beendet war, wurde sie zu ihrer Zelle geführt. Sie lag mit vielen anderen an einem langen, grau gestrichenen Flur mit flimmerndem Leuchtstoffröhrenlicht. Märtha hielt inne und holte tief Luft. Das sah aus wie im Film.
    »Bitte schön«, sagte der Wachmann und öffnete die Tür zur Zelle Nr. 12. Als sie hineinging, fühlte sie sich gleich wieder wie auf der Fähre nach Finnland, nur mit dem großen Unterschied, dass sie hier in der zweiten Klasse gelandet war. Der Raum konnte kaum mehr als zehn Quadratmeter groß sein, vielleicht waren es auch nur sechs oder sieben. Es gab eine Dusche und eine Toilette, aber dann reichte der Platz eben noch für ein Bett und einen festmontierten Schreibtisch, ein Regal und ein paar kleine Plastikhaken für die Kleider. Kaum war Märtha in diesem Raum, spürte sie das bedrückende Gefühl von Gefangenschaft. Vorher

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