Wir fangen gerade erst an: Roman (German Edition)
Lichtspiegelungen beobachten – leider würde sie sich künftig drinnen aufhalten.
»Hier entlang«, sagte einer der Strafvollzugsbeamten und zeigte ihr den Eingang zum Gefängnis. Jetzt war es so weit, sie musste ihren Besitz abgeben und wurde weitergeleitet zur Aufnahme. Mit einem Mal wurde ihr der Ernst der Lage bewusst, und sie musste an den Schock denken, der sie getroffen hatte, als der Beamte sich zu ihnen gebeugt, sie scharf angesehen und gesagt hatte:
»Männer und Frauen werden nicht im selben Gefängnis untergebracht.«
In dem Moment hatte Märtha gedacht, sie würde in Ohnmacht fallen. Wie hatte ihr das entgehen können? Sie schämte sich, und ihr wurde klar, dass Stina und sie für ein ganzes Jahr auf ihre Männer verzichten mussten, für den Fall, dass sie verurteilt wurden. Wenn sie das gewusst hätten, wären sie vielleicht doch lieber im Altenheim geblieben – aber da hätten sie eben keine Abenteuer erlebt. Es war wie immer im Leben, alles hatte seinen Preis. Und was noch schlimmer war: auch Stina und Anna-Greta durfte sie nicht sehen.
»Komplizen dürfen nicht am selben Ort untergebracht werden«, hatte der Beamte erklärt.
»Komplizen?«, fragte Stina.
»Wenn mehrere Personen am selben Verbrechen beteiligt waren, müssen wir sie trennen.«
»Das dürfen Sie nicht tun«, protestierte Märtha. »Wir sind wie eine große Familie, und wir müssen zusammenbleiben.«
»Gerade das wollen wir ja verhindern. Die Bilder und das Geld sind noch immer verschwunden, und Sie dürfen keine Möglichkeit bekommen, sich abzusprechen.«
Die fünf sahen den Polizeibeamten hilflos an und konnten noch nicht einmal dem indirekten Lob etwas abgewinnen. Es folgte ein betretenes Schweigen, und alle Blicke waren auf Märtha gerichtet.
»Du hast immer davon gesprochen, dass wir es im Gefängnis viel besser hätten«, sagte Anna-Greta entrüstet. »Das entspricht unserem Plan ja nicht im entferntesten.«
»Entschuldige, davon habe ich nicht geträumt …« Märtha schluckte und spürte, wie ihr die Tränen in die Augen schossen. Snille musste das gesehen haben, denn er legte tröstend seinen Arm um sie.
»Meine Liebe, wir alle machen Fehler. Wein doch nicht. Bald sind wir wieder draußen.«
Da verlor Märtha ihre Beherrschung komplett, ließ den Kopf an seine Brust sinken und heulte wie ein Schlosshund.
»Und was ist, wenn Kratze gar nicht zu Besuch kommen kann«, fragte Stina, und da begann auch sie zu schluchzen. Kratze nahm sie in den Arm.
»Ach, weißt du, als Seemann war ich immer lange Zeit auf dem Meer«, meinte er. »Die Strafvollzugsanstalt ist immerhin an Land, und mit Freigang sind sie doch ganz großzügig. Du wirst sehen, es dauert nicht lang, bis wir uns wiedersehen.« Dann strich er ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht und küsste sie auf die Wange.
Kratze räusperte sich und wischte sich mit der Hand mehrmals die Nase trocken. Sie sahen alle recht unglücklich aus, und Märtha bekam Bauchweh, wenn sie daran dachte, dass sie schuld an dem Dilemma war. Fast nichts war nach Plan gelaufen. Seit sie ihre Geständnisse zu Protokoll gegeben hatten, hatten Stina und Kratze es sich anders überlegt. Sie wären lieber noch im Hotel geblieben. Ebenso Anna-Greta, die wieder angefangen hatte, von Gunnar, den sie auf der Finnlandfähre kennengelernt hatte, zu träumen. Von einem Tag auf den anderen wollten sie gar nicht mehr ins Gefängnis – und vorher waren sie sich doch alle einig gewesen!
»Du hättest die Dinge ja ein bisschen besser recherchieren können«, sagte Stina, die in Trauerstimmung war, weil sie sich von Kratze trennen musste. Aber sie machte sich auch Sorgen um ihre Kinder und darüber, was ihre alten Bekannten in Jönköping sagen würden, die aus dem Kirchenchor.
»Und was ist mit euch? Hättet ihr nicht auch etwas unternehmen können?«, verteidigte sich Märtha. »Ich hatte doch mit der Planung der Diebstähle alle Hände voll zu tun.«
»Du kriminelle Superaktive«, brach es aus Kratze heraus, und Märtha, die gerade aufgehört hatte zu weinen, zog wieder die Mundwinkel nach unten.
»Es tut mir so furchtbar leid«, schniefte sie. »Beim nächsten Mal mache ich bestimmt nichts falsch.«
»Nächstes Mal?« Da horchte der Beamte auf. »Steht es so schlimm um Sie? Sie sind noch nicht einmal im Gefängnis angekommen und planen schon den nächsten Coup?«
»Nein, ich meine im Leben allgemein«, wich Märtha aus. »Ab sofort werde ich erst nachdenken und dann handeln.«
»Da kann
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