Wir haben gar kein Auto...
herrlichste Art ab.
»
Grazie, grazie,
danke,
ma io prendo solo un caffè«,
sagt mein Italiener.
Das darf doch nicht wahr sein! Wie will der denn mit bloà einem Kaffee im Bauch nach Füssen radeln? Vorsichtshalber schmiere ich uns zwei dick mit Wurst belegte Semmeln. Ein aufmunterndes Lachen unseres Fahrschulbesitzers ermutigt Bruno dazu, wenigstens die Marmelade zu probieren. Als wenig später die Gattin vom morgendlichen Friseurtermin zurückkehrt, entkommt Bruno der zweiten Tasse Kaffee und dem extra doch für ihn gekochten Frühstücksei nicht mehr. Ich sage nichts, grinse nur still vor mich hin. Gilt es doch auch, auf dieser Reise über den eigenen Schatten springen zu lernen. Das Ei ist eher eine leichte Ãbung, selbst für einen Süditaliener.
Wir zahlen vierzig Euro Ãbernachtungsgebühr, denn diese würde jedem hier gestrandeten Radler als Obolus abverlangt, das sei so Sitte in diesem gastlichen Haus, erklärt man uns, dann satteln wir die Hühner und fahren los.
Exakt genau dreihundert Meter, denn dann klingelt Brunos Handy. Vollbremsung! Wurschtel, wurschtel, Kabel, Kabel! Wenn der Italiener telefoniert, dann telefoniert er! Zwischen
no
und
vero, sicuro
und
ma certo
kann ich zumindest heraushören, dass es sich um etwas Erfreuliches handeln muss. Er redet und redet, egal, wie teuer so ein Gespräch ist. Egal scheinbar auch, dass es inzwischen anfängt zu regnen und wir ja bloà knapp sechzig Kilometer vor uns haben â und dass es inzwischen weit nach 11.00 Uhr ist.
Ich deute nach oben, mache Handzeichen, er möge doch endlich aufhören und sich in das Regenkondom zwängen,aber er sieht und hört mich nicht. Ich mache mich wasserdicht und harre, was da kommt.
Plötzlich ist es still, dann folgt eine begeisterte Tirade über den soeben beendeten tollen Anruf, der beinhaltet, dass Bruno das Casting für einen groÃen internationalen Film gewonnen hat.
»Glückwunsch, Glückwunsch, groÃe Klasse«, rufe ich, »zieh dir mal was drüber.«
»Perché?«,
fragt er, dann Pause. »Was ist das hier für ein ScheiÃwetter? Es regnet ja, was machen wir denn da?«
Blöde Frage, denk ich mir. Na, endlich weiterradeln, wäre doch âne Alternative, schlieÃlich haben wir heute noch was vor.
Gottlob ist seine Laune grade so gut, dass er anstandslos meinen Rat befolgt und wir, in gelbe, weit flatternde Regencapes gehüllt, unseren Weg durchs Dorf Reichlingen, weiter den Berg runter nach Epfach und an einem der schönsten Pferdegestüte Süddeutschlands vorbei, rüber über den Lech fortsetzen und endlich auf die Via Claudia Augusta stoÃen. Dass es dieser zweitausend Jahre alte Römerweg noch in sich haben wird, können wir zu diesem Zeitpunkt nur erahnen. Erst mal zeigt er sich von seiner nassen und von Baustellen verwundeten Seite, und es kommt, wie es kommen muss: Wir verfahren uns.
Na ja, so âne richtige Hilfe ist Bruno auch nicht. Er meint zwar, dass sein Bauch sagen würde, dass wir nach links müssen, aber meiner meint genau das Gegenteil. Als ein gemütlicher Bauer auf seinem Rad daherkommt, ergreife ich die Initiative und spreche ihn an.
»Jaa, da farscht daa nauf und dann imma graad uss, bischt dann nimma weidakimscht und lings muscht.«
Aha, irgendwie kommt mir das doch bekannt vor, hatten wir das gestern nicht auch schon, bloà weniger allgäuerisch?
Ich bedanke mich für die aussagekräftige Wegbeschreibung, der wir hoffnungsfroh folgen. Klar muss ich nicht erwähnen, dass es so einfach nun doch nicht ist, aber immerhin entdecken wir nach ein paar Kilometern ein kleines Schild, auf dem der erlösende Hinweis »Via« steht, welches uns in den nächsten Tagen noch oft retten wird.
In der Zwischenzeit hat die Sonne sich des Ãfteren mit dem Regen abgewechselt, so dass es uns auch nicht langweilig wird. Es ist nämlich gar nicht lustig, unter dem gaggerlgelben Regencape zu schwitzen, wenn die Sonne draufbrennt. Allmählich komme ich mir vor wie bei âner Modenschau: Cape runter, Ãberhose aus, zehn Minuten später das gleiche Spiel, nur umgekehrt, dann wieder aus, wieder an, so und nun hat es sich wohl doch eingeregnet. Und das ausgerechnet jetzt, wo wir endlich auf dem richtigen Weg sind und loszischen könnten.
Wir fahren auf einem alten Kreuzweg entlang, wo sich entzückende Marterl, also Marienstatuen, und eine
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