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Wir haben gar kein Auto...

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Titel: Wir haben gar kein Auto... Kostenlos Bücher Online Lesen
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und lassen, was sie wollten. Aber auch viele Waldspaziergänge mit meinem Vater habe ich in Erinnerung, bei denen wir Pilze gesammelt haben und er mir alles über sie beigebracht hat. Mein Vater sammelte auch Exemplare, um sie dann später daheim anhand eines Fachbuches zu bestimmen. Ich habe sie dann mit ihm verglichen und auseinandergenommen, um das Futter oder die Lamellen besser von anderen unterscheiden zu lernen. Es hat mich interessiert, und im Wald haben wir auf Zuruf mit unseren gepflückten Köstlichkeiten geprahlt.
Wir machten einen Sport daraus, wer den volleren Korb nach Hause brachte, und oftmals hat mein Papi ganz zufällig ein besonders schönes Exemplar in meinen Korb fallen lassen. So hab ich von meiner Mama oder der Oma auchnoch ein Lob gekriegt. Viele Kinder mögen ja keine Pilze essen, aber ich habe sie immer geliebt und tue dies auch heute noch. Wenn wir ein besonders pilzreiches Jahr hatten, schnitten wir sie auf und legten sie zum Trocknen in die Sonne. Im Herbst zur Jagdsaison und auch den ganzen Winter über hatten wir so immer herrliche Beigaben zum Fleisch. Besonders aber mochte ich Semmelknödel mit Pilzrahmsauce – mmmh, gibt es was Besseres?
    Â»Wahrscheinlich ist es allein deiner kräftigen Natur zu verdanken, dass du diese Experimente deines Vaters überlebt hast«, meint Bruno.
    Â»Hast du denn nie mit deinem Vater Pilze gesucht?«, frage ich erstaunt.
    Â»No, mai!«
    Ich kann es nicht glauben. »Ja, warum denn nicht? Ist Italien nicht geradezu berühmt für seine
porcini?
«
    Wie liebe ich im Herbst die italienischen Märkte, die förmlich überquellen mit den fettesten Steinpilzen. Später dann findet man in allen besseren Feinkostläden die getrockneten Säckchen mit Pilzen aller Art.
    Â»Nein, all so was habe ich nie gemacht. Mein Vater ist nicht mit mir in die Berge gegangen, deshalb kenne ich auch weder Skifahren noch Wandern, geschweige denn Fahrradfahren in den Bergen.«
    Nun muss man wissen, dass Bruno in den Abruzzen geboren und aufgewachsen ist. Der Gran Sasso, mit über dreitausend Metern immerhin der höchste Berg Süditaliens, lag geradezu vor seiner Kindernase, und keiner hat ihn da hinaufgejagt.
    Â»
Calcetto,
also Rasenfußball für kleine Mannschaften, haben wir immer gespielt«, erklärt er mir.
    Â»Na, das tut ja wohl jeder Junge auf der Welt«, erwidere ich enttäuscht.
    Wie schon so oft wird mir in dem Moment bewusst, wie sehr sich Brunos Welt verändert hat, seit wir uns kennen. Für mich ist alles so selbstverständlich, und ich bin dadurch auch völlig angstfrei. Für ihn dagegen sind all diese Dinge mit Skepsis und Befremdlichkeit behaftet. Ich habe so vieles in meiner Jugend durch meine Eltern gelernt. Oft habe ich meinen Vater verflucht, weil wieder mal ein Wochenende mit irgendwelchen handwerklichen Arbeiten draufging, aber ich habe dadurch kein Problem, zu malern, zu tapezieren, Fliesen zu verlegen oder Holz zu hacken. Eigentlich kann ich mir immer selbst helfen.
    Habe ich nicht bei meinem Auszug von zu Hause mit einundzwanzig Jahren zwei wertvolle Bücher von ihm bekommen:
Die Axt im Haus erspart den Zimmermann
hieß das eine und
Auf Du und Du mit deinem Käfer
das andere. In der Tat war ich über das Zweite jahrelang sehr froh, weil mein Käfer Baujahr 64 ganz schöne Muckis hatte und ich kein Geld. Selbst ist die Frau, hat mein Vater gemeint, und das war noch vor der großen Emanzipationswelle.
    Aber zurück zu den Pilzen. Gerade fahre ich an einem riesigen Parasolpilz vorbei und muss eine Vollbremsung machen.
    Â»Guarda, guarda, amore.
Wenn ich den und vielleicht noch ein paar andere in meinem Rucksack mitnehme, könnten wir sie uns doch heute Abend in Fiss lecker zubereiten lassen«, jubele ich.
    Â»Nur über meine Leiche«, schreit Bruno.
    Na, so wörtlich braucht er es aber wirklich nicht zu nehmen.
    Â»Ma io conosco«,
flöte ich zurück, ich kenn den Pilz wirklich und bin nicht lebensmüde.
    Aber er wird ganz ernstlich stinkig sauer, als ich nicht lockerlasse und dabei bin, das Prachtexemplar zu rupfen.
»Wenn du das jetzt machst, ist die Reise für mich zu Ende«, droht er. »Dann drehe ich auf der Stelle um und fahre zurück.«
    Â»Ã–höhöh, nein, ich mach es ja nicht, beruhige dich, alles halb so wild, war ja bloß ’ne Idee«, versuche ich ihn zu besänftigen.
    Die Berliner, die

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