Wir haben gar kein Auto...
der Grund für dieses breite Lächeln, welches beim Aufwachen Brunos Gesicht ziert?
Lâosso dâoca
 â der Knochensplitter vom Ganserl, an dem Giacomo Puccini letztendlich jämmerlich krepiert ist. Ja, um Himmels willen, wo ist ihm denn das passiert? Na, in Bayern, wo sonst! Hätte nicht der beherzte Gastwirt dem armen erstickenden Puccini mit seinen Wurstfingern in den Rachen gelangt und das Ganserlknöcherl herausgepult â Halleluja, das muss man sich mal vorstellen! â, dann wäre er sofort dahingeschieden und nicht erst Jahre später jämmerlich an Kehlkopfkrebs gestorben. Egal, in beiden Fällen ein scheuÃliches Ende, aber warum erwähne ich das?
Weil Bruno ein Theaterstück über die letzten Tage Puccinis in einem Sanatorium gespielt hat. Nicht den sterbenden Komponisten, dafür ist er ja zu jung, sondern den erblindeten Journalisten, der ein groÃer Puccini-Fan war und seine Nähe suchte. Letzte Nacht lief die Aufzeichnung des Stückes auf Rai Due, und ganz Italien erbebte vor Begeisterung.Diese hat sich wiederum auf unser gemütliches Hotelzimmer niedergeschlagen, und mein Held hat die ganze Nacht ein hüpfendes Herz gehabt. Auch jetzt am Morgen klingelt es, und der nächste begeisterte Gratulant ruft an.
Ich freu mich für Bruno, und angesichts der strahlenden Sonne beschlieÃe ich, schwimmen zu gehen. Mein Liebster, der mir unbedingt noch vom letzten Telefonat erzählen will, springt wenig später zu mir ins Becken, um jedoch gleich wieder mit einem lauten
»Boh, che freddo!«
die Flucht zu ergreifen. Das wird er nie kapieren, warum Deutsche gerne ins kalte Wasser springen. Tja, uns bleibt eben meistens nichts anderes übrig, kann ich darauf nur sagen. Wann haben wir in unserem Land schon mal am Stück so heiÃes Wetter, dass unsere Seen und die beiden Meere Badewannentemperatur haben? Der Italiener macht unter vierundzwanzig Grad Wassertemperatur nicht mal seinen groÃen Zeh nass. Die AuÃentemperatur muss dann allerdings die magischen dreiÃig Grad überschritten haben, sonst müsste er ja im Pullover schwimmen. Das stimmt. Ganz ehrlich, ich übertreibe nicht! So ist er halt, der Italiener, bis auf die völlig wahnsinnigen Extremsportler, die das ganze Jahr hindurch stundenlang im Wasser kraulen, um ihren Astralleib der Damenwelt präsentieren zu können.
Aber zurück zum Knöcherl. Bruno meint, wir sollten uns beim Frühstück ein Glas Prosecco leisten, um den Erfolg zu feiern. Warum nicht? Heute ist Luxustag angesagt, und so sitzen wir im Bademantel auf der Terrasse und lassen es uns gutgehen. Natürlich klingelt das
telefonino
noch etliche Male, aber ich habe zum Glück einen Massagetermin, bei dem ich mich beschwingt auf die Bank werfe. Oh, die Daumen gehen bis in die Eingeweide, und die Masseurin schnauft und schwitzt. Aber nach fünfundvierzig Minutenverspüre ich Erleichterung, und die Hexe ist wohl endgültig ausgetrieben worden, so hoffe ich zumindest.
Bruno hat beschlossen, auf seine Massage zu verzichten, da ihn das Internet mehr lockt, könnten doch die ersten Kritiken schon gedruckt sein. Auch in den E-Mails könnten sich weitere freudige Ãberraschungen verbergen, und die Gelegenheit ist günstig. Ich studiere inzwischen die Landkarte der Gegend, die in der Hotelhalle hängt. Bald ist es Mittag, und ich bekomme Lust auf eine Exkursion in der näheren Umgebung. Vielleicht gibt es ja hier in der Nähe einen Berg, auf den man mit der Seilbahn hochfahren kann, das wäre doch nett. Die Damen an der Rezeption sind überaus hilfreich, und so habe ich eine Idee, wie wir uns den Nachmittag verschönern können.
Nachdem wir ein bisserl mehr als vierzig Euro gezahlt und dazu noch eine Flasche Rotwein mit unseren Namen auf dem Etikett geschenkt bekommen haben, machen wir uns froh gelaunt auf den Weg in Richtung Meran. Eigentlich dürfen wir da heute nicht ankommen, habe ich doch meiner Mutter, die uns dort erwartet, gegenüber behauptet, dass wir erst morgen eintreffen. So wie ich sie kenne, hat sie sicherlich eine Ãberraschung für uns parat, und die darf ich ihr nicht kaputtmachen. Also haben wir Zeit.
Die Via ist weiterhin gnädig und geht leicht bergab, das Wetter ist mild, wenngleich sich auch hier der Herbstbeginn bemerkbar macht. Das Licht ist anders geworden seit ein paar Tagen. Diffuser und weniger bunt. Der Himmel knallt nicht
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