Wir haben gar kein Auto...
bis Venedig die Via weiterzufahren. Plötzlich steht es vor uns, das Schild: MERAN. Ja, wo schlafen wir denn heute Nacht? Im Grand Hotel? Doch sicher nicht!
»Bruno, erinnerst du dich noch an das Schloss Pienzenau, wo wir mal den Geburtstag von unserem Freund Jakob De Chirico gefeiert haben? Wer weiÃ, vielleicht haben die noch ein Bettchen frei für uns arme Radlkönige?«
Bruno windet sich, denn nichts ist ihm unangenehmer, als uneingeladen irgendwo aufzutauchen und um Herberge zu bitten. Da bin ich eher noch geprägt von der guten, alten Hippiezeit, als ich quer durch Italien getrampt bin und mich durchschmarotzt habe. Es war ja auch nicht anders möglich, mit dem bisschen Geld, das man damals hatte, auÃerdem hat einem dieses Vagabundieren so manche herrliche Begegnung beschert. Noch heute habe ich Freunde aus dieser Zeit. Bruno, der ein paar Jahre jünger als ich und gutbürgerlich-spieÃig in der Provinz aufgewachsen ist, hat das nicht so unbelastet erlebt. Mir macht es auch nichts aus, wenn bei mir zu Hause plötzlich Freunde vor der Tür stehen und nicht wissen, wohin mit sich in der Nacht. Es steht immer ein Supperle auf dem Herd, und das Bett ist schnell bezogen.
»Nun komm schon und hab dich nicht so, wir radeln jetzt dahin, ich muss es bloà wiederfinden«, raunze ich meinen gschamigen Italiener an. Wenn ich bloà wüsste, wo genau es liegt! In meiner Erinnerung glaube ich, dass es in der Nähe des Botanischen Gartens sei, aber wo ist der? Und stimmt das auch? Ich frage die nächstbeste Person, die uns begegnet, aber die hat auch keine Ahnung, weil sie aus Amerika kommt. Also halte ich einen älteren Herrn mit Trachtenhut an.
Aber der sagt immer: »Hääääh, wosch hoscht gsaid?«
Ist der jetzt schwerhörig, oder versteht er kein Deutsch? Also versuche ich es auf Italienisch
»Hääääh, wia moanscht?«, sagt er bloÃ.
Ich gebâs auf und trete in die Pedale. Fahren wir halt einfach stockgradaus in die Stadt rein, dann werde ich es schon finden.
Kennen Sie auch Männer, die einem erstens nicht vertrauen und zweitens von Sekunde zu Sekunde ungeduldiger und motziger werden? Genau so einen hab ich jetzt hinter mir! Wenn er doch bloà zum Stalldrang auch noch eine gute Spürnase hätte, die uns zur Futterkrippe führte. Nur dieses Gemotze bringt einen auch nicht weiter, und ich bin mal wieder kurz davor, ihn einfach stehen zu lassen. Soll er doch im Kurpark auf der Parkbank übernachten, vielleicht findet sich ja ein sich ihm erbarmender Kurschatten, der ihn mit in die Wärmekruge nimmt!
»Hallo, entschuldigen Sie bitte, aber kennen Sie das Schloss Pienzenau?«, frage ich einen Mann mit Kind.
Er kennt es, und besser noch, er weià auch, wie man da hinkommt. Hurra, jetzt sind wir gerettet!
Ein bisserl den Berg rauf und dann wieder runter, dann wieder rauf, und schon liegt es friedlich linker Hand in einem wunderschönen Park.
Im Schloss herrscht Partystimmung â immerhin besser als Totenstille, finde ich. Verschwitzt, wie wir sind, rollen wir mit unseren Drahteseln in Richtung des Anwesens. Dort ist eine Hochzeitsfeier im Gange, und viele attraktive Menschen tummeln sich. Oje, da wird wohl kein Plätzchen für uns frei sein.
Ich mache mich auf die Suche nach der Gerti, die ich vor Jahren kennengelernt habe. Hat sie nicht damals gesagt, wenn wir mal kommen wollen, sollen wir das einfach tun? Ja, und jetzt haben wir es wahr gemacht!
»Die Gerti isch irgendwo, aber da Reinhard isch im Haus«, gibt uns eine nette Frau Auskunft.
Also gehen wir hinein. Wie schön, Reinhard freut sich, uns zu sehen, und lässt seine Gerti ausfindig machen. Ganz ehrlich, ein bisschen blöd komme ich mir in dem Moment schon vor, aber die Herzlichkeit, mit der sie uns wenige Minuten später empfängt, macht alles wieder gut. Es gibt zwar kein Zimmer mehr, aber den groÃen Meditationsraum mit zehn Futons und zwei Bädern könne sie uns anbieten, wennâs genehm sei. Und ob es das ist! Und dann sollen wir runter zum Essen kommen, es gebe am Hochzeitsbuffet reichlich zu schmausen.
Zwei Bäder, beide mit kuscheligen Handtüchern ausgestattet, warten auf uns. Nackt wünschen wir uns eine erfreuliche Dusche und verschwinden rechts und links des Saales. Das hat was und ist urkomisch obendrein! Bruno kommt gar nicht mehr raus aus seiner Dusche, und nachdem ich ordentlich getrödelt und
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