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Wir haben gar kein Auto...

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Titel: Wir haben gar kein Auto... Kostenlos Bücher Online Lesen
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mehr tiefblau, sondern lichtblau. Ich bin ein Vier-Jahreszeiten-Mensch und liebe die Veränderung, mich macht sie nicht traurig. Bruno dagegen trauert immer dem schwindenden Sommer hinterher, Hitze macht ihm viel weniger aus als mir. Ich bin am liebsten bei Hitze andauernd im Wasser und hasse es, in Städten zu schwitzen.
    Rechts und links unseres Weges ragen mächtige Dreitausender auf, mit dem letzten Schnee des Frühlings oder bereits dem ersten Schnee der letzten Sommertage auf den Spitzen. In Latsch (Laces) führt eine nette kleine
funivia,
eine Gondelbahn, hinauf nach St. Martin am Kofel. Dort soll es gemütliche Sennhütten und ein Bergdorf geben. Wir parken wieder einmal mit Gottvertrauen unsere Drahtesel zwischen den anderen am Fuße der Seilbahn und schweben hinauf. Oben am Berg steht ein architektonisches Wunder, schwer zu sagen, ob Museum oder Wohnhaus. Jedenfalls so gewagt wie aus einem James-Bond-Film. Zu gerne wüssten wir, wem es gehört und wieso ein solches Bauwerk mitten in ländlicher Bergidylle von der Gemeinde überhaupt gestattet wird.
    Â»Vielleicht hat der Besitzer die Seilbahn bezahlt«, mutmaßt Bruno.
    Â»Jedenfalls ist es eine richtige Attraktion, die man so schnell nicht wieder findet.«
    Da sich meine doofe Hexe erneut bemerkbar macht und das Gehen wehtut, beschränken wir uns auf eine der näher liegenden Hütten. Während wir dorthin marschieren, begegnen uns tapfere Mountainbiker, und ein bisserl ärgert es mich, dass wir nicht auch hinaufgeradelt sind, denn der Weg ins Tal scheint mit diesem herrlichen Panorama ein Traum zu sein. Die Sennerei hat Speck und Käse zum Niederknien, dazu noch das selbstgebackene Vinschgauer Laiberl und den biologischen Rotwein aus der Gegend, serviert auf der sonnenbeschienenen Holzterrasse – was braucht man mehr?
Verdient haben wir uns diese Brotzeit eigentlich nicht, aber grad schön ist es, und da wir unserem Ziel schon so nahe sind, hält sich das schlechte Gewissen in Grenzen. Dunkle, fette Wolken grummeln gegenüber am Berg, und ich hoffe nur, dass sie dortbleiben und sich nicht über unsabladen. Sonst werden wir ordentlich nass, denn die Regenhäute sind in den Taschen unten im Tal. Wie blöd wir doch waren. Hätten wir unser Zeugs mitgenommen, könnten wir jetzt weinselig in die Buntkarierten der Sennhütte fallen. Denn nach Dösen ist uns beiden jetzt zumute. Ich kaufe noch ein Stück Speck und einen Käse, dann zahlen wir notgedrungen und machen uns auf den Weg Richtung Seilbahn.
    Â»Jetzt ein netter, kleiner
sonnellino
auf der warmen, duftenden Almwiese wäre doch einen Gedanken wert, was meinst du, Bruno?«
    Da bietet sich auch schon eine gemütliche Kuschelmulde an, in die wir uns reinfallen lassen.
    Die Sonne sticht, und ich räkele ihr mein Gesicht entgegen, aber Minuten später pfeift der Wind, und es schieben sich dunkle Wolken davor. So geht es die nächste halbe Stunde munter weiter, mal ist mir kalt, mal heiß.
    Â»So ein Mist«, schimpfe ich. »Warum denn ausgerechnet heute, wo wir da sind!«
    Als dann die Wolken immer weniger Lücken aufzeigen, beschließen wir, schleunigst ins Tal zu fahren, denn bis Meran sind es sicher noch zwei Stunden, und es ist schon 17.00 Uhr durch. Wer weiß, wo wir unterwegs eine Pension finden. Es ist Törggele-Saison, und die Dörfer brummen vor Touristen.
    Brav stehen unsere zwei Räder dort, wo wir sie geparkt haben. Brav auch die Menschen, die nichts geklaut haben.
    Die Via führt idyllisch weiter an der Etsch entlang, und wir radeln, wie seit gestern schon, zwischen den Obstplantagen. Die bösen Wolken haben wir hinter uns gelassen, und da es sich so gut fahren lässt, sehen wir eigentlich keinen Grund, vor Meran zu übernachten. Außerdem finden wir nichts, was nach den magischen vierzig Euro aussieht unduns noch dazu gefällt. Entweder kommen wir durch leicht traurig an der Hauptstraße liegende Dörfchen, wo die Laster einem übers Bett fahren, oder wir stehen vor touristischen Luxusherbergen, aus denen von weitem schon Folkloremusik aus falsch grölenden, vom Kalterersee beschwingten Touristenkehlen erschallt.
    Also lassen wir es und bezwingen die letzten dreißig Kilometer unserer Reise. Irgendwie bin ich traurig, bald angekommen zu sein. Erstaunlicherweise bin ich auch körperlich, bis auf die Hexe im Kreuz, topfit. Es würde mir überhaupt nichts ausmachen,

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