»Wir haben soeben unsere Reiseflughöhe vergessen«
War das allen Ernstes gerade aus meinem Mund gekommen? Was zum Teufel war nur los mit mir?
Ich kann Ihnen genau sagen, was los war. Je mehr ich mich anstrengte, locker zu sein, umso angespannter wurde ich. Ich schaffte es einfach nicht, mich in diesem schicken, luxuriösen Privatjet wohl zu fühlen, weil ich viel zu sehr daran gewöhnt war, dass ständig jemand etwas von mir wollte. Offen gestanden bin ich mir ziemlich sicher, dass Mark nicht sonderlich begeistert davon war, mich alle fünf Sekunden vor der Nase zu haben. Was eine einzigartige Erfahrung hätte sein sollen, fühlte sich eher komisch und krampfig an – und das war meine Schuld.
An diesem Abend flogen wir dann doch nicht mehr zurück nach Vegas. Ich fuhr zu meinen Eltern und plauderte zwei, drei, vier Stunden mit ihnen – keine Ahnung, wie lange so ein Basketballspiel normalerweise dauert –, bis es Zeit wurde, wieder zum Flughafen aufzubrechen. Doch kaum dass ich dort war, meldete sich Mark, der es sich zwischenzeitlich anders überlegt hatte und an diesem Abend nicht mehr nach Vegas zurückkehren wollte. Es lag vermutlich daran, dass sein Team verloren hatte. Der Flug war jedenfalls gestrichen. Die Piloten, die beide in Dallas lebten, waren völlig aus dem Häuschen vor Freude und riefen ihre Frauen an, um ihnen mitzuteilen, dass sie über Nacht zu Hause sein würden, am nächsten Tag jedoch noch mal nach Vegas fliegen müssten, um den Rest der Geburtstagsgäste abzuholen.
»Aber was ist mit dem ganzen Essen, das ich bestellt habe?« Als Flugbegleiterin einer Verkehrsmaschine war ich daran gewöhnt, stets pragmatisch und ökonomisch zu denken.
»Nimm’s einfach mit nach Hause«, riet mir der Erste Offizier. Ich bin ziemlich sicher, dass mir die Begeisterung ins Gesicht geschrieben stand. Während der Kapitän seine Krawatte lockerte und die Augen verdrehte (okay, die verdrehten Augen habe ich mir vielleicht nur eingebildet), half mir der Erste Offizier sogar noch, die Fressalien in meinen Wagen zu schaffen. Und so kam meine Familie in den Genuss von Mark Cubans Abendessen. Meine Eltern fanden es köstlich, meine Schwester konnte es allerdings nicht fassen, dass ich es tatsächlich mit nach Hause genommen hatte.
Ja, der Dienst an Bord eines Privatjets ist schon etwas Besonderes – so ist es eine wahre Freude, wenn man als Flugbegleiterin morgens an Bord kommt und den Piloten die Kabine staubsaugen sieht. Ich musste mich kneifen, um sicherzugehen, dass ich nicht träumte. Und er schien seine Sache sogar gut zu machen! So etwas hatte ich noch nie vorher gesehen.
Bitte merken: Unbedingt den Piloten eines Privatjets heiraten!
Nachdem ich meine Kinnlade wieder eingeklappt hatte, dämmerte mir, dass die Piloten einer Privatmaschine eben alles selber erledigen müssen: Sie ordern den Treibstoff, bestücken die Maschine mit aktuellen Zeitschriften und engagieren eine Flugbegleiterin. Manche Piloten übernehmen angeblich selbst den Service. Das würde ich ja nur zu gern mal sehen! Ich kann nicht einschätzen, wie hoch ihr Gehalt im Vergleich zu ihren Kollegen in Verkehrsmaschinen ist, aber ich weiß, dass eine Flugbegleiterin an Bord eines Privatjets verdammt viel mehr für eine Schicht bekommt als Airline-Angestellte. Das Problem ist nur, dass ein privater Arbeitgeber keine Mindeststundenzahl pro Monat garantiert, wohingegen Flugbegleiterinnen auf Verkehrsmaschinen sich auf einen monatlichen Grundverdienst verlassen können. Vor die Wahl gestellt, würde ich mich immer für die sichere Variante entscheiden. Außerdem müssen sich viele Privat-Flugbegleiterinnen selbst um ihre Krankenversicherung kümmern. Das Unangenehmste an diesem Job ist allerdings, dass sich sowohl Piloten als auch Flugbegleiterin ständig auf Abruf halten müssen. Wenn Mark sagt, dass es gleich losgeht, müssen die Piloten springen, selbst wenn es drei Uhr früh ist und Mark und seine Freunde nur aus Spaß mal eine Runde durch die Gegend fliegen wollen. Geburtstage, Hochzeitstage, Schulaufführungen, all das muss im Notfall hinter der Arbeit zurückstehen. Vielleicht spürte ich deshalb eine gewisse Anspannung, als ich einen der Piloten auf dem Handy anrief, um unsere Abflugzeit für den nächsten Tag zu bestätigen.
»Zwölf Uhr!«, blaffte er. »Und ruf mich bloß nicht mehr zu Hause an«, fügte er im Flüsterton hinzu und legte auf.
Raten Sie mal, wer während des Flugs keinen Bissen aß! Und für mich gab es ebenfalls nichts, weil ich beschlossen hatte, keine Mahlzeit
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