»Wir haben soeben unsere Reiseflughöhe vergessen«
Jennifer Lopez, damals noch bei der Comedy-Show In Living Color , wo sie die Fernsehzuschauer in den Pausen mit Tanzeinlagen unterhielt, saß neben ihrem ersten Ehemann, einem Kellner, und der wiederum neben Harvey Keitel. Harvey stand immer wieder auf, um sich die Beine zu vertreten, und sah zu Jane herüber. »Keine Ahnung, ob er nur sehen wollte, ob ich jemand bin, den er kennen sollte, oder scharf auf ein Date mit mir war.« Wir gelangten recht schnell zu dem Schluss, dass es Letzteres gewesen sein musste, und verbrachten die darauffolgende Woche damit, Mittel und Wege zu finden, wie wir an Janes künftigen Verlobten herankommen könnten, während wir uns all seine Filme auf Video ansahen. Lachen Sie nicht! So was tun Menschen. Wir wollten uns die Gelegenheit auf keinen Fall entgehen lassen. Jane schaffte es zwar nie, mit Harvey Keitel auszugehen, aber das Träumen wollten wir uns dennoch nicht verbieten lassen. Genau das macht unseren Job ja so aufregend, diese Fülle an Möglichkeiten. Und wann immer man glaubt, man habe alles schon einmal erlebt, passiert irgendetwas Verrücktes, mit dem man im Leben nicht gerechnet hätte.
Bestes Beispiel: dass meine Mutter beschloss, auch Flugbegleiterin zu werden.
In Konzernen wird häufig behauptet, man sei »eine große glückliche Familie«, obwohl man meilenweit davon entfernt ist. Daneben gibt es, wenn auch sehr selten, Firmen wie Southwestern Airlines, die ihre Mitarbeiter nicht nur wie Familienmitglieder behandeln, sondern sogar bevorzugt Ehepaare, Eltern, Kinder und Geschwister einstellen. 1989 wurde Herb Kelleher, Mitbegründer und Vorstandsvorsitzender von Southwestern Airlines, in der Texas Monthly mit den Worten zitiert: »Einige unserer Mitarbeiter waren verheiratet, ließen sich scheiden und heirateten später noch zwei, manchmal sogar drei weitere Kollegen.« 2006 beschäftigte Southwestern 763 Ehepaare. Bei meiner Fluggesellschaft waren verwandtschaftliche Beziehungen unter Mitarbeitern ursprünglich streng verboten, doch als ich 1995 dort anfing, hatte sich diese Bestimmung längst gelockert. Trotzdem sorgte es für einigen Wirbel, als unsere Ausbilder erfuhren, dass der Vater einer meiner Klassenkameradinnen seit über zwanzig Jahren als Pilot bei der Airline beschäftigt war. Zwei Jahre danach war es immer noch eine Sensation, als ich bei der Abschlussfeier die Silbernadel an der Uniform meiner Mutter befestigte – nicht nur, weil wir verwandt waren, sondern auch weil ich die Dienstältere von uns beiden war. Das hatte es bislang noch nicht gegeben. In diesem Jahr wurden wir eines von zwei in New York stationierten Mutter-Tochter-Duos.
Meine Mutter hatte ihr ganzes Leben lang davon geträumt, Flugbegleiterin zu werden. Ich kann mich noch erinnern, wie sie in meiner Kindheit am Frühstückstisch saß und Bewerbungsformulare für sämtliche großen Airlines ausfüllte – American, Continental, Delta, Pan Am, TWA , United, Southwest –, nur um sie gleich danach in den Mülleimer zu werfen. Ihr war klar, dass sie den Job nie und nimmer machen könnte, wenn sie in einer anderen Stadt stationiert werden würde und meinen Vater, mich und meine Schwester zurücklassen müsste. Am Ende verabschiedete sie sich von ihrem großen Traum und wurde Friseurin. Doch als ein paar Kundinnen, die als Flugbegleiterinnen arbeiteten, mitbekamen, dass sie immer von einer solchen Karriere geträumt hatte, brachten sie ihr zum nächsten Termin Bewerbungsformulare ihrer Airlines mit. Meine Mutter fühlte sich zwar geschmeichelt, hielt jedoch dagegen, sie habe ihre besten Jahre ja längst hinter sich, immerhin sei sie Ende vierzig! Die Ausrede ließen ihre Kundinnen nicht gelten.
Tatsächlich galten in den Sechzigerjahren noch strenge Bestimmungen für Flugbegleiterinnen im Hinblick auf Körpergröße, Gewicht und Alter. Laut Wikipedia mussten sie mindestens einen Meter achtundfünfzig groß sein und durften höchstens fünfzig Kilo auf die Waage bringen, außerdem mussten sie unverheiratet und kinderlos sein, und das Höchstalter betrug zweiunddreißig Jahre. Kein Wunder, dass die Stewardessenkarriere im Schnitt nach achtzehn Monaten endete.
Heute liegt das Mindestalter für eine Flugbegleiterin bei achtzehn bis einundzwanzig, eine Altersbeschränkung nach oben gibt es nicht. Solange sie den alljährlichen Auffrischungslehrgang absolvieren kann und keine physischen oder psychischen Beeinträchtigungen sie am Flugdienst hindern, kann sie problemlos weiterarbeiten. Die
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