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Wir Kinder Vom Bahnhof Zoo

Wir Kinder Vom Bahnhof Zoo

Titel: Wir Kinder Vom Bahnhof Zoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane F.
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hatten.
    Detlef wollte nicht einsehen, dass sein Piko uns unheimlich ablinkte. Er meinte: »Was willst du? Die Hauptsache ist doch, dass du nicht mehr anschaffen zu gehen brauchst. Ich will nicht, dass du irgendwann wieder anschaffen gehst. Und ich will auch keine stinkigen Freier mehr sehen. Also, was willst du?«
    Den meisten kleinen Straßendealern ging es nicht anders als uns. Die hatten auch nie genug Geld zusammen, um zehn Gramm beim Zwischenhändler zu kaufen. Außerdem hatten sie nicht die Connection. Wie hätten wir an die Zuhälter von der Potsdamer rankommen sollen? Die kleinen Straßendealer, die selber abhängig waren, brauchten also meistens einen Zwischenmann, der sie nur mit Dope bezahlte. Die süchtigen Kleinhändler waren die armen Schweine, die alle irgendwann in den Knast gingen. An Typen wie Piko kamen die Bullen schon nicht mehr ran. Und diese Typen hatten nie Schwierigkeiten, neue Straßendealer zu finden, wenn die Bullen welche kassiert hatten. Fast jeder Fixer war bereit, für zwei Drucks am Tag zu dealen.
    Das Dealen am Treibhaus wurde uns schon nach ein paar Tagen zu heiß, weil sich da ständig Zivilbullen rumdrückten. Ich hielt den Stress sowieso kaum noch aus. Da haben wir das neu organisiert. Ich vermittelte weiter am Treibhaus und Detlef hing am Bahnhof Steglitz rum. Wenn ich also einen Käufer hatte, habe ich ihn zum Bahnhof Steglitz geschickt.
    Als Detlef nach einer Woche dann doch mal wieder mit Dope in der Tasche am Treibhaus rumflippte, hielt plötzlich ein Auto und ein Typ fragte, wo es zum Bahnhof Zoo gehe. Detlef rastete total aus und rannte los. Das Dope warf er irgendwo ins Gebüsch.
    Als wir uns wiedertrafen, meinte Detlef, der Typ, der nach dem Bahnhof Zoo gefragt hätte, sei garantiert ein Bulle gewesen. Denn es gäbe niemanden, der nicht wisse, wo der Bahnhof sei.
    Es war schlimm. Wir sahen jetzt in jedem Auto, in jedem Typen, der auf dem Kudamm rumlungerte, einen Bullen. Wir wagten nicht mal nach dem Dope zu suchen, das Detlef weggeworfen hatte. Wir dachten, dass die Bullen nur darauf warteten, dass wir es suchten, um uns zu überführen.
    Wir gingen in den Athener-Grill, um zu beratschlagen. Wir konnten am nächsten Morgen nicht mit Piko abrechnen, weil das Dope ja weg war. Er hätte uns die Geschichte sowieso nicht geglaubt. Ich kam dann auf die Idee, ihm zu erzählen, dass wir von Kanaken abgelinkt worden seien. Dass Kanaken uns das ganze Dope und alles Geld abgenommen hätten. Ich sagte: »Irren Zauber mit Piko gibt es sowieso. Da können wir auch das Geld, das wir schon haben, noch ausgeben. Ich finde es sowieso eine Schweinerei, dass wir keinen Pfennig Geld bekommen, und diese schwule Sau verdient jeden Tag 1000 Mark an uns. Ich muss mir wenigstens mal was zum Anziehen kaufen. Ich habe überhaupt nichts Warmes. Ich kann doch nicht den ganzen Winter in den Klamotten rumlaufen, in denen ich aus dem Krankenhaus getürmt bin.«
    Wir waren nicht zum Dealen geboren. Detlef wollte das noch nicht einsehen. Immerhin sah er schließlich ein, dass es egal war, ob wir nur zweihundert Mark bei Piko ablieferten oder gar nichts.
    Wir gingen am nächsten Morgen sehr früh zum Flohmarkt. Wenn mir irgendeine Klamotte gefiel, zog erst Detlef sie über und dann ich. Wir wollten nur was kaufen, was wir beide tragen konnten, um es gelegentlich untereinander tauschen zu können. Ich kaufte schließlich eine alte, schwarze Kaninchenfelljacke, in der Detlef sehr niedlich aussah. Dann kauften wir uns noch Parfüm, eine Spieluhr und anderen Schrott. Das Geld kriegten wir aber nicht alle, weil wir es nicht fertigbrachten, irgendwelchen teuren Kram sinnlos zu kaufen. Wir bunkerten das Geld.
    Kaum waren wir wieder bei Rolf in der Wohnung, kam Piko. Detlef sagte, er habe sich noch keinen Druck gemacht und er müsse sich einen Druck machen, bevor er abrechnen könne. Das stimmte natürlich nicht, denn wir hatten uns wie immer gleich nach dem Aufstehen unseren Druck gemacht. Detlef hatte Angst vor dem Theater mit Piko.
    Piko sagte »Okay« und las in einem Gruselroman von mir. Detlef knallte sich noch ein halbes Halbes rein. Er poofte gleich wieder ein und zog vorher nicht mal die Nadel raus.
    Ich dachte, es sei kein Wunder, dass er gleich einpennte, weil er ja schon vorher ein halbes Halbes dringehabt hatte. Ich zog ihm das Besteck aus dem Arm, weil ich es scheiße fand, dass er es einfach drinließ und das Blut in der Nadel geronn und dann überhaupt nicht mehr rauszukriegen war. Das war

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