Wir Kinder Vom Bahnhof Zoo
Taschen fallen runter und man kann sie durch den breiten Spalt unter der Tür leicht durchziehen. Die Omas trauen sich mit nacktem Hintern natürlich nicht raus. Und bis sie sich wieder angepellt haben, ist man längst über alle Berge.
Wir drückten uns also in der Damentoilette des Kadewe rum. Aber immer wenn Stella sagte, jetzt sei es günstig, bekam ich Schiss. Allein wollte sie es auch nicht machen. Außerdem braucht man schon vier Hände, um alle Handtaschen schnell genug abzuräumen. Es wurde also nichts mit dem großen Geld aus dem Damenklo. Ich hatte noch nie richtig Nerven zum Klauen gehabt und meine Nerven wurden immer schlechter.
Stella und ich beschlossen nach einigen anderen Misserfolgen beim Schlauchen und Klauen, zusammen anschaffen zu gehen. Ich bestand darauf, dass wir das auf dem Bahnhof machten. Wir gingen also nur zusammen mit einem Freier mit. Das hatte gleich mehrere Vorteile. Einen Vorteil gestanden wir uns gegenseitig nicht ein: Jede hatte die andere unter Kontrolle, wusste also, wie weit die andere wirklich mit den Freiern ging. Wir fühlten uns zu zweit aber auch sicherer. Zu zweit waren wir nur schwer abzulinken und konnten uns besser wehren, wenn sich ein Freier nicht an die Abmachungen halten wollte. Und es ging schneller zu zweit. Eine beschäftigte den Freier oben, eine unten und die Sache war ruckzuck vorbei.
Andererseits war es schwieriger, Freier zu finden, die für zwei Mädchen löhnen wollten. Und es gab auch erfahrene Freier, die einfach Angst hatten vor zwei Bräuten. Zu zweit lässt sich so ein Typ natürlich leicht ablinken. Wenn die eine ihn ordentlich beschäftigt, kommt die andere an die Brieftasche ran. Es war vor allem Stella, die am liebsten entweder mit Babsi oder mit mir anschaffen ging. Sie hatte mehr Schwierigkeiten als wir, Freier zu kriegen, weil sie nicht mehr ganz so kindlich aussah wie wir.
Am leichtesten hatte es Babsi auf dem Strich. Sie verdiente auch, als sie noch Heinz hatte, nebenbei, nur um uns Dope auszugeben. Sie ließ ihr unschuldiges Kindergesicht immer ungeschminkt. Ohne Po und ohne Busen, gerade erst dreizehn Jahre alt, war sie genau das, was die Freier auf dem Babystrich suchen. Sie brachte es mal in einer Stunde echt auf fünf Freier für 200 Mark.
Babsi und Stella gehörten gleich mit zur Clique von Detlef, Axel und Bernd. Wir waren jetzt also drei Mädchen und drei Jungen. Wenn wir zusammen loszogen, dann hakte ich mich bei Detlef unter und die beiden anderen Jungen griffen sich die Mädchen. Es lief nichts weiter zwischen ihnen. Aber wir waren einfach eine ganz coole Clique. Jeder konnte noch mit fast allen Sorgen zu jedem kommen. Trotz des vielen Streits um Lappalien, der bei Fixern einfach an der Tagesordnung ist. In dieser Phase hielt uns das H mit seinen Problemen noch zusammen. In bin nicht sicher, dass es unter jungen Leuten, die nicht drogenabhängig sind, eine solche Freundschaft wie in unserer Clique noch gibt. Und diese coolen Freundschaften, die jedenfalls im Anfang unter Drogis entstehen, üben dann ja auch auf andere Jugendliche einen Reiz aus.
In meinem Verhältnis zu Detlef entstanden Probleme, als die beiden Mädchen in die Clique kamen. Wir liebten uns wie vorher, aber wir stritten uns immer öfter. Detlef war oft sehr gereizt. Ich war jetzt auch viel mit Babsi und Stella zusammen und das gefiel ihm irgendwie nicht so richtig. Am sauersten war er aber wohl darüber, dass er keine Kontrolle mehr darüber hatte, mit was für Freiern ich ging. Ich suchte mir die jetzt selber aus oder mit Stella oder Babsi. Detlef fing an, mir Vorwürfe zu machen, ich würde mit Freiern bumsen. Er war echt eifersüchtig.
Ich sah mein Verhältnis zu Detlef nicht mehr ganz so verbissen. Ich liebte ihn, na klar, und würde ihn immer lieben. Andererseits war ich jetzt unabhängig von ihm. Ich brauchte weder sein Dope noch seinen ständigen Schutz mehr. Eigentlich war es nun zwischen uns wie in einer modernen Ehe, von der viele junge Leute träumen. Es gab überhaupt keine Abhängigkeit voneinander. Es spielte sich auch so ein, dass wir Mädchen untereinander Dope ausgaben, wenn eine mehr hatte und die Jungs für sich sorgten.
Aber unsere Freundschaften waren eben letzten Endes doch H-Freundschaften. Wir alle wurden von Woche zu Woche aggressiver. Das Dope und die ganze Hektik, der Kampf jeden Tag um Geld und H, der ewige Stress zu Hause, das Verstecken und das Gelüge, mit dem wir unsere Eltern täuschten, machten die Nerven kaputt. Man konnte
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