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Wir Kinder Vom Bahnhof Zoo

Wir Kinder Vom Bahnhof Zoo

Titel: Wir Kinder Vom Bahnhof Zoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane F.
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Minuten fertig. Es war ein ganz geiler Schuss. Mein Blut rauschte nur so. Mir wurde urisch heiß. Ich ging an das Waschbecken, ließ mir Wasser über das Gesicht laufen und fummelte dann ganz happy an mir rum.
    Babsi saß auf dem Badewannenrand, stach sich das Ding in den Arm und flippte schon aus. Sie brüllte: »Scheiße, hier ist überhaupt keine Luft in der Bude. Mach doch das verdammte Fenster auf.«
    Ich sagte: »Musst dich damit abfinden, dass keine Luft in der Bude ist. Mach mich bloß nicht an.« Mir war es jetzt also total egal, was mit der Braut war. Ich hatte meinen Schuss drin und damit war alles okay.
    Babsi spritzte das Blut nur so in der Gegend rum, aber eine Vene traf sie nicht richtig. Sie flippte immer mehr aus. Sie schrie: »Hier ist überhaupt kein Licht auf diesem verdammten Klo. Mensch, hol mir Licht. Hol mir die Lampe aus dem Kinderzimmer.«
    Ich war echt zu faul, ins Kinderzimmer zu gehen, um Babsi die Lampe zu holen. Erst als sie nicht aufhörte zu nerven und ich Angst hatte, dass meine Schwester was merken könnte, habe ich dann die Lampe geholt. Irgendwann klappte es auch dann bei Babsi. Sie war gleich ganz ruhig. Sie machte die Spritze ordentlich sauber und wischte das Blut aus der Badewanne und vom Fußboden. Sie sagte kein Wort mehr.
    Wir gingen in die Küche und ich freute mich auf das Quarkfein. Da nahm Babsi die Schüssel, legte einen Arm fest drum und fing an zu löffeln. Sie quälte tatsächlich die ganze Schüssel Quark in sich rein. Sie sagte nur einmal: »Du weißt schon, warum.«
    Wir hatten uns beide riesig auf die Tage zusammen in der Wohnung meines Vaters gefreut und der erste Morgen begann mit einem Streit des Jahrhunderts. Wegen nichts. Aber wir waren eben Fixerinnen. Und alle Fixer werden auf die Dauer so. Das Dope zerstört die Beziehungen zu anderen Menschen. Das war auch bei uns so. Auch wenn wir uns in unserer Clique, in der ja alle noch sehr jung waren, richtig aneinanderklammerten und ich immer noch dachte, so eine Clique gäbe es nirgends noch mal.
    Auch meine Streitereien mit Detlef wurden immer mieser. Wir waren beide körperlich schon ziemlich runtergekommen. Ich bei 1,69 Meter auf 43 Kilo, Detlef mit 1,76 Meter auf 54 Kilo. Uns ging es oft körperlich sehr schlecht, dann nervte uns alles an und wir wurden auch echt widerwärtig gegeneinander. Wir versuchten den anderen regelrecht brutal fertigzumachen. Wir zielten dabei immer auf die schwächste Stelle des anderen. Und die war natürlich das Anschaffen, obwohl wir sonst so taten, als wäre das eine nebensächliche Routinesache.
    Detlef sagte dann: »Glaubst du, ich will noch mit einer Braut schlafen, die sich von den fiesesten Freiern durchbumsen läßt.«
    Ich antwortete: »Mir stinkt es sowieso schon, dass du dich in den Arsch ficken lässt.« Und so weiter.
    Am Ende heulte ich meistens oder Detlef war total fertig oder wir heulten beide. Wenn einer von uns auf Turkey war, dann konnte ihn der andere fertigmachen bis zum Gehtnichtmehr. Es wurde eigentlich nicht besser dadurch, dass wir uns irgendwann wieder wie zwei Kinder in den Armen lagen. Es war inzwischen nicht nur zwischen uns Mädchen, sondern auch zwischen Detlef und mir so, dass man in dem anderen sah, was für ein Dreck man selber war. Man hasste die eigene Miesheit und ging auf dieselbe Miesheit beim anderen los und wollte sich wohl beweisen, dass man nicht ganz so mies war.
    Diese Aggressivität entlud sich natürlich auch gegenüber Fremden. Ich rastete schon aus, wenn ich auf irgendeinen U-Bahnhof kam und die Omas mit ihren Einkaufstaschen sah. Ich stieg dann erst mal mit brennender Zigarette in den Nichtraucher-Wagen. Wenn die Omas dann anfingen rumzusülzen, sagte ich, wenn es ihnen nicht passte, sollten sie doch in ein anderes Abteil gehen. Besonderen Spaß machte es mir, irgendeiner Oma den Platz vor der Nase wegzuschnappen. Die Schoten, die ich da brachte, versetzten manchmal den ganzen Wagen in Aufruhr und gelegentlich wurde ich auch mit Gewalt an die Luft gesetzt. Es nervte mich selber an, wie ich mich benahm. Es nervte mich auch an, wenn Babsi oder Stella sich so benahmen. Ich wollte doch mit diesen Spießern überhaupt nichts zu tun haben. Aber ich konnte wohl nicht anders und musste ständig diese Schoten abziehen.
    Mir war es völlig egal, was Fremde von mir dachten. Wenn der ekelhafte Juckreiz anfing, wenn es überall juckte, wo die Kleidung eng war, oder sogar, wo Schminke war, dann kratzte ich mich, ganz egal, wo ich gerade war. Mir

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