Wir Kinder von Bergen-Belsen
Rückkehr nach Ber-gen-Belsen zu arrangieren.
Zwei Tage später verließ sie uns. Wir begleiteten sie mit dem Lastwagen zum Flughafen, wo ein Beamter bereits wartete und sie zur Eile drängte. Das Flugzeug stand zum Abflug bereit. Der Abschied war schnell und schmerzhaft. Ein Kuss und eine Umarmung für jeden, dann rannte sie zum Flugzeug. Wir standen starr da und schauten zu, wie es abhob und die Frau mitnahm, die in Bergen-Belsen unsere Mutter geworden war. Wir fühlten uns beraubt und sprachen auf dem Rückweg zur Schule kein Wort, jeder war in seine eigenen Gedanken versunken. Es war das Ende einer Ära und der Beginn einer ungewissen Zukunft. Keiner von uns wusste, ob seine Eltern in Sicherheit waren.
Am nächsten Tag beschlossen Max und ich, nach Nuhnen zu gehen. Durch das Rote Kreuz hatten wir herausgefunden, dass Tante Jettie, die Schwester meines Vaters, sich während der deutschen Besatzung in diesem kleinen Ort versteckt hatte, zusammen mit ihren guten Freunden Sal und Kee. Max hatte den
Doktor um etwas Geld für die Busfahrt gebeten. Iesie begleitete uns, denn die Aussicht, die ganze Zeit allein in der Schule herumzuhängen, erschien ihm nicht verlockend, vor allem jetzt, da Schwester Luba nicht mehr da war.
Wir mussten ein paar Mal umsteigen, doch schließlich erreichten wir das kleine Dorf. Wie stellt man es an, jemanden zu finden, wenn man keine Adresse hat? Ein Mann auf einem Fahrrad kam uns entgegen und Max hielt ihn an. Wir fragten, in welchem Haus unsere Tante Jettie und ihre Freunde Sal und Kee B. während des Krieges Unterschlupf gefunden hatten. Er wusste sofort, wen wir meinten, und deutete auf ein Haus, das etwa in der Mitte der Straße stand. Wir rannten hin und betraten einen großen Hof. Eine Frau, die uns kommen sah, fragte, ob sie uns helfen könne.
»Wir suchen nach unserer Tante Jettie Werkendam«, sagte Max. »Wir glauben, sie hat hier Schutz gefunden.«
»Ja«, antwortete die Frau. »Jettie, Kee und Sal waren ein Jahr bei uns, aber jetzt sind sie nicht mehr da, sie sind nach Brüssel gefahren, zu Jetties Bruder Abraham.«
Was für eine Enttäuschung! Denn auch wenn ich froh war, zu hören, dass Onkel Appie noch lebte, hatte ich mich doch so sehr auf ein Wiedersehen mit meiner Lieblingstante gefreut. Es war uns gar nicht in den Sinn gekommen, dass Tante Jettie das Dorf gleich nach seiner Befreiung 1944 verlassen haben könnte.
Es gab keinen Grund, länger hier zu bleiben, weshalb wir die Landstraße zurückgingen, zur Bushaltestelle.
Nachdem wir herausgefunden hatten, dass wir uns überall frei bewegen konnten, überfiel uns ein wahres Reisefieber. Max und ich beschlossen, nach Den Bosch zu fahren und Jackie zu besuchen. Wir hatten ihn seit über einer Woche nicht gesehen und machten uns Sorgen. Mit Namen und Adresse der Leute versehen, die ihn mitgenommen hatten, zogen wir los, um ihm einen unangemeldeten Besuch abzustatten.
Den Bosch war eine hübsche Stadt mit einer Straßenbahn, die durch die Hauptstraße fuhr. Willige Helfer zeigten uns den Weg zu der Straße, die wir suchten.
Als wir die Adresse erreichten, drückten wir auf die schimmernde Messingglocke im ersten Stock. Die Tür ging auf und eine Frau in einem langen Rock stand oben auf der Treppe und fragte: »Wer ist da?«
»Ist das die Wohnung, in der mein Bruder Jackie lebt?«, fragte ich und schaute durch das dämmrige Treppenhaus nach oben.
»Ja, Jackie ist bei uns«, sagte die Frau. »Seid ihr seine Schwester Hetty und sein Bruder Max?« Die Frau kam langsam die Treppe herunter.
Wir nickten.
»Kommt bitte herein«, sagte sie.
Max und ich stiegen die Stufen hinauf und betraten eine pieksaubere Wohnung. Man konnte sich in dem glänzenden Holz der Möbel spiegeln und alles, alles schien an seinem Platz zu liegen. Die Frau führte uns in die Küche, wo ein Mann mittleren Alters am Tisch saß und Zeitung las.
»Schau, wer da ist, Vater«, sagte die Frau. »Das sind Hetty und Max, Jackies Geschwister.«
Der Mann erhob sich und streckte uns die Hand entgegen. »Ihr seid also gekommen, um Jackie zu besuchen«, sagte er. »Aber er ist im Moment nicht zu Hause, die Nachbarn haben ihn mitgenommen zum Laden, aber es wird nicht lange dauern. Bitte, setzt euch doch, Mutter wird euch eine Tasse Tee machen.«
Er deutete auf zwei Stühle und ich ließ mich dankbar auf einen fallen. Ich wurde noch immer schnell müde. Die Frau stellte einen Kessel Wasser auf den Herd. Bald war der Tisch gedeckt, mit einer hübschen
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