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Wir Kinder von Bergen-Belsen

Wir Kinder von Bergen-Belsen

Titel: Wir Kinder von Bergen-Belsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hetty E. Verolme
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Schule vorzubereiten.
    Einmal, als ich ungefähr um fünf Uhr zum Dachboden hinaufstieg, traf ich einen Mann, der Stoffballen die Treppe hinuntertrug, und fragte ihn, was er da tue. Er gab an, eine frühe Auslieferung zu erledigen. Etwas an seinem Benehmen gefiel mir nicht und ich fragte ihn nach seinem Namen. »Jan«, sagte er noch, während er die Treppe hinunterrannte. Misstrauisch lief ich die Stufen zum Dachboden hinauf. Der vorher voll gestopfte Kaum war leer. Ich lief hinunter ins Schlafzimmer meiner Eltern und weckte meinen Vater. Als ich damit herausplatzte, dass wir bestohlen worden waren, stürzte mein Vater im Pyjama hinaus auf die Straße, um den Dieb noch zu erwischen, aber es war zu spät. Danach ging er mit mir hinauf zum Dachboden, um nach den aufgebrochenen Schlössern und dem jetzt leeren Raum zu sehen. Er war wütend, vor allem, weil die meisten Waren erst vor zwei Tagen angekommen waren. Nach einer Weile beruhigte er sich aber, und wir gingen hinunter, wo meine Mutter wartete und wissen wollte, was passiert war. Ohne etwas zu erklären, ging mein Vater zum Telefon, um die Polizei anzurufen.
    Meine Mutter war darüber sehr beunruhigt und sagte: »Tu das nicht, Maurice. Es kann für uns als Juden sehr gefährlich sein, die Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen. Vergiss es lieber.«
    Aber mein Vater war so wütend, dass er überhaupt nicht über die Konsequenzen nachdenken wollte. Er sagte zu meiner Mutter, sie solle still sein, und meldete den Diebstahl bei der Polizei.
    Eine halbe Stunde später kamen zwei holländische Polizisten zu uns. Der eine war ein älterer Mann, der andere jung und groß, mit blonden Haaren und strahlend blauen Augen. Er hieß Hennie. Der junge Polizist wollte von mir wissen, wie der Mann ausgesehen habe, was er zu mir gesagt habe, wie groß er meiner Meinung nach gewesen sei und andere Einzelheiten über das, was passiert war. Er war so nett zu uns, dass ich ihn, als er mit der Befragung fertig war, anhimmelte, wie es nur halbwüchsige junge Mädchen tun können. Aber meine Mutter erinnerte mich daran, dass es Zeit für die Schule war. Nach einem schnellen Frühstück in der Küche verabschiedete ich mich von Hennie und dem anderen Polizisten und ging los. Als ich gegen halb fünf Uhr nachmittags nach Hause kam, sagte mein Vater, dass die Polizei den Dieb dank meiner guten Beschreibung und seiner Kenntnisse der Männer, die auf dem Markt arbeiteten, noch am Morgen geschnappt hätte. Die meisten Waren waren gefunden und bereits zurückgebracht worden. Nun konnte mein Vater weiter denen helfen, denen man ihre Geschäfte geraubt hatte.
    Hennie wurde ein guter Freund unserer Familie und kam oft nach seiner Nachmittagsschicht bei uns vorbei. Wenn ich zu Hause war, schenkte er mir sein wunderbares Lächeln, schaute von seinen ein Meter neunzig auf mich herab und sagte: »Wie geht es dir heute? Warst du gut in der Schule?«
    Er war ein wunderbarer Mensch mit diesem Lächeln und seinem offenen Blick. Alle mochten ihn. Eines Tages kam ich von der Schule nach Hause und fand meinen Vater und Hennie in ein ernstes Gespräch vertieft. Ich hörte ihn sagen:
    »Nein, Maurice, diesmal nicht. Erst wollen wir sehen, ob sie sicher ankommen. Ich mache dir einen Vorschlag. Reiß einen Hundertguldenschein in zwei Teile. Die eine Hälfte gebe ich dem Doktor, der mit seiner Familie weggeht, und werde ihn bitten, dass er sie mit der Post nach Amsterdam zurückschickt, wenn sie die Schweiz erreicht haben. Kommt diese halbe Banknote hier an und sie passt zu der anderen, wissen wir, dass alles geklappt hat. Dann kannst du mit deiner Familie an der nächsten Reise teilnehmen.«
    Widerstrebend stimmte mein Vater zu. Er nahm sein Portemonnaie heraus und riss einen Hundertguldenschein so in zwei Teile, dass eine Art Zickzacklinie entstand. Die eine Hälfte gab er Hennie, die andere steckte er sorgfältig zurück in sein Portemonnaie. Er lächelte mir nicht zu. Er sah angespannt aus. Ich verhielt mich still.
    »Viel Glück, Hennie, sei vorsichtig«, sagte mein Vater und streckte die Hand aus.
    Als Hennie gegangen war, vertraute mir mein Vater an, um was es ging. Die Leute vom Untergrund, zu denen Hennie gehörte, glaubten, eine neue Fluchtroute gefunden zu haben. Auf einem Rheinschlepper sollten etwa dreißig Menschen unter Deck versteckt und von der Zuidersee aus flussaufwärts durch Deutschland bis in die Schweiz gebracht werden.
    »Ich wollte, dass wir mitfahren«, sagte mein Vater, »aber Hennie meinte,

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