Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre
antizipiert der Körper also schon, dass sein Beitrag für die nächste Generation ab einem gewissen Alter so ziemlich gegen Null geht.
Waren die Theorien vom passiven Altern auch eine zeitlang vorherrschend, so machte unlängst der aktive Zug wieder von sich reden – die Vorstellung nämlich, nach der der Mensch das spezifische Programm des Alterns als eine für die Art günstige Entwicklung herausgebildet hat, als eine Art »Todesuhr«. Grob zusammengefasst, behaupten Befürworter dieses Ansatzes, dass die Vorstellung vom aktiven Altern zwar dem gegenwärtigen Verständnis von der Evolution zuwiderlaufen mag, dass sie sich aber mit Beobachtungen in der Natur viel besser deckt als die ganzen Passiv-Theorien. Wie sollte es zum Beispiel ohne einen aktiven,eingebauten Altersmechanismus angehen, dass Tiere ihre charakteristische, artspezifische Lebensdauer haben? Hamster sehen im Alter von vierundzwanzig Monaten zerfleddert aus, Hauskatzen können, wenn sie im Straßenverkehr aufpassen, etwa achtzehn Jahre alt werden, ein gesunder Elefant kippt gewöhnlich irgendwann zwischen sechzig und siebzig um. Menschen werden unter Normalbedingungen zwischen sechzig und neunzig Jahre alt, und auch diese Spanne ist noch relativ gering – selbst bei von Menschen gemachten Maschinen variiert die Betriebsdauer viel mehr. Und woran liegt es wohl, dass auch zu Zeiten, in denen die Menschen zu Tausenden einhundert Jahre alt werden, kein einziger älter wird als hundertfünfundzwanzig? Unsere nahen Verwandten, die Schimpansen, schaffen es so gut wie nie in den Zeitraum zwischen sechzig bis neunzig, was die Vermutung nahelegt, dass ihre »Todesuhr« anders eingestellt ist. Tatsächlich sind in anderen Gattungen die Abweichungen bei verwandten Arten noch auffälliger. Muss es nicht einen aktiven Mechanismus geben, der erklärt, warum Fledermäuse normalerweise fünf Mal länger leben als Nagetiere ähnlicher Größe? Oder warum die Lebenserwartung einer Schneckenart die einer anderen, nah verwandten und fast gleich großen Art um das 400-fache übertrifft?
Weitere Belege für die »Todesuhr« stammen von Arten, bei denen sie auf besonders auffallende Weise zum Einsatz kommt. Hin und wieder wirkt das fast schon grausam: Lachse und Oktopusse etwa pflanzen sich genau einmal fort, nur um ab da rasch zu altern und zu sterben, ganz als sei hier ein »Todesschalter« umgelegt. Im Gegensatz dazu gibt es ein paar wenige Tiere, bei denen die »Todesuhr« extrem unterschiedlich zu schlagen scheint und die Lebensdauer innerhalb derselben Art mit dem Faktor zwanzig variieren kann – wobei das natürlich die Ausnahmen sind, die die Regel bestätigen. Bei anderen Arten scheint die Uhr gar nicht mehr vorhanden zu sein. So ist etwa bewiesen, dassZierschildkrötenweibchen einfach nicht altern – im Gegenteil, je älter sie werden, desto mehr nehmen Fruchtbarkeit und Lebenserwartung zu.
All diese Tiere mit ihren ungewöhnlichen oder nicht vorhandenen aktiven Todesuhren zeigen, dass es beim Altern um mehr zu gehen scheint als um einen rein passiven, unkontrollierbaren Verfall. Ich bin mir nicht sicher, ob das jetzt für den Menschen mittleren Alters ermutigend ist oder eher nicht, aber es hilft uns immerhin, den Alterungsprozess in einem neuen Zusammenhang zu sehen. Zunächst wird deutlich, dass Menschen offenbar darauf programmiert sind, wenigstens sechzig Jahre alt zu werden – und im nächsten Kapitel werden wir untersuchen, ob es das in der Geschichte des Menschen eventuell schon öfter gab. Zweitens können wir uns fragen, warum innerhalb der Vorgaben der »Todesuhr« das mittlere Alter von unterschiedlichen Menschen auf ganz unterschiedliche Weise wahrgenommen wird – und ob wir etwas tun können, um zu den Glücklichen zu gehören, die vermeintlich langsamer altern.
In jüngerer Zeit gab es breit angelegte Untersuchungen zum Altern – man wollte herausfinden, was genau mit dem Körper passiert, wenn er alt wird. Gegenstand der Betrachtung waren dabei hauptsächlich alte Menschen und die Frage, wie man das Leben verlängern kann, wobei es bereits im mittleren Alter erste Anzeichen des Verfalls gibt.
Da die Gene der DNA eine so wichtige Rolle bei der Koordination der Körperfunktionen spielen, haben eine ganze Reihe Forschern ihre Aufmerksamkeit auf den Zusammenhang von DNA--Schäden und Alterungsprozessen gerichtet. Denn sobald die DNA einer Zelle durch chemische Substanz oder Strahlung gravierend beschädigt ist, funktioniert diese
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