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Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre

Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre

Titel: Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Bainbridge
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nicht nur Nachkommen mit immer biblischerem Alter hervorgebracht, sondern waren außerdem verblüffend, weil die Nachkommen sich immer langsamer fortpflanzten (was nach antagonistischer Pleiotropie klingt) und immer mehr Antioxidantien produzierten (was vermuten lässt, dass reaktive Sauerstoffe doch einen Einfluss aufs Altern nehmen).
    Die Suche nach einzelnen, für das Altern zuständigen Genen hat eine zusätzliche Bestätigung erfahren durch das ganz neue Verständnis einer Gruppe von Krankheiten, die vorzeitiges Altern verursachen. In diesem Zustand der sogenannten Progerie geht altersbedingter Verfall nicht nur schneller vonstatten, er setzt auch oft schon in früher Kindheit ein und sorgt dafür, dass die Kranken zwar »altersbedingt«, aber schon als Teenager sterben. Etliche dieser Krankheiten entstehen, wie bewiesen werden konnte, durch Schäden an einzelnen Genen, die für die DNA-Reparatur zuständig sind. Und als die Forscher sich genauer mit dem Funktionieren alternder Zellen beschäftigten, fanden sie heraus, dass die für die Alterungsprozesse zuständigen Gene sich auf ein paar wenige Gruppen verteilen, die den gesamten Betrieb und die Funktionsfähigkeit der Zelle steuern – einen kruden Mischmasch aus Insulin und verwandten Molekülen, »Histon-Deacetylasen«, »NF-kB« (der Transkriptionsfaktor »nuclear factor ›kappa-light-chain-enhancer‹ of activated B cells«), der »mitochondrischen Elektrontransportkette« und »Hitzeschockproteinen«. Und erstaunlicherweiseist mittlerweile so gut wie bewiesen, dass exakt die gleichen Gruppen von Genen in ganz unterschiedlichen Organismen eine Rolle spielen, darunter Menschen, Mäuse, Fliegen, Spulwürmer und Hefe.
    Wie man deutlich sieht, verstehen wir die Genetik des Alterns noch lange nicht  – und mit Sicherheit nicht so, dass wir unser Wissen einsetzen könnten, um es zu verzögern. Hauptgrund für das Fehlen einer lebensverlängernden Therapie dürfte sein, dass es allem Anschein nach kein einzelnes Gen für die Lebenserwartung gibt; eher verhält es sich so, dass unsere Lebensdauer vom kumulativen Zusammenwirken einer Reihe von Genen bestimmt wird. Die Funktion auch nur eines einzigen, unbedeutenden Gens zu verändern, kann in einem Organismus von der Komplexität eines Säugetiers unerwartete und vor allem unerwünschte Folgen  nach sich ziehen. Aus diesem Grund müssen wir uns wohl von der Vorstellung, die für unsere Alterungsprozesse verantwortlichen Gene manipulieren zu können, noch eine ganze Weile verabschieden.
    Halten wir an dieser Stelle fest: Das mittlere Alter ist ein konfliktreicher Abschnitt, in dem die für unsere Entwicklung zuständige »Lebensuhr« zunehmend gegen altersbedingte Verfallserscheinungen ankämpfen muss. Wie wir jedoch gesehen haben, ist es irrelevant, ob wir diesen letztgenannten Prozess als eine vorprogrammierte »Todesuhr« oder eher als ein passives Abgleiten in die Vergreisung verstehen. Wir wissen einfach nicht genau, warum oder wie die Evolution aus uns sterbliche, alternde Lebewesen gemacht hat, wobei es so aussieht, als könnte eine vertiefte Beschäftigung mit unseren Genen durchaus die eine oder andere Antwort ans Tageslicht bringen.
    Sicher ist hingegen, dass das Leben mit Entwicklung beginnt und mit Alterung endet – und dass das Middle-Age der Abschnittist, in dem die beiden am auffälligsten aufeinanderprallen. Könnte man das Middle-Age provisorisch als den Zeitraum definieren, in  dem Schöpfung und Zerstörung sich die Waage halten? Wir nähern uns ohne Zweifel einem Verständnis dessen, was das Middle-Age ist, doch zunächst müssen wir einen Blick in die dunkle Vergangenheit unserer Art werfen. Um graue Haare und Krähenfüße verstehen zu können, sollten wir eine Ahnung haben, was den Menschen mittleren Alters ausmachte, als er noch wild war.

3. Sollten Menschen eigentlich mit vierzig sterben?
    Was auch nur mit dem Krieg aller gegen alle verbunden ist, das findet sich auch bei den Menschen, die ihre Sicherheit einzig auf ihren Verstand und auf ihre körperlichen Kräfte gründen müssen. Da findet sich aber auch kein Fleiss (Industria), weil kein Vorteil davon zu erwarten ist; es gibt keinen Ackerbau, keine Schifffahrt, keine bequemen Wohnungen, keine Werkzeuge höherer Art, keine Landerkenntnis, keine Zeitrechnung, keine Künste, keine gesellschaftlichen Verbindungen; statt alles dessen ein tausendfaches Elend; Furcht, gemordet zu werden, stündliche Gefahr, ein einsames,

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