Wir sehen uns in der Hölle: Noch mehr wahre Geschichten von einem deutschen Hells Angel (German Edition)
nicht ein Gläschen, weder Bier noch Schnaps oder die üblen Lungentorpedos.
Einige wenige Supermärkte hatten 2010 für ein paar Tage die Original-81-Alkoholika im Sortiment – aber nur so lange, bis sie nach Medienberichten erfuhren, welche Verbrecherorganisation, nämlich die Hells Angels, dahinterstecke. Umgehend flogen alle Artikel wieder aus dem Regal. Absoluten Respekt! Endlich mal Leute, in diesem Fall die Marktleiter, die Rückgrat bewiesen haben. »Wenn die ›Hells Angels‹ mit ihren Produkten bereits den Schritt in die großen Supermarktketten geschafft haben, dann ist ihnen derSchritt aus der Schattenwirtschaft gelungen«, meinte damals sogar der Vorsitzende des Bunds deutscher Kriminalbeamter in einem Interview.
Diese ganze Vermarktungsschiene, außer dem Zeug von Hannover, gibt es weltweit in jedem Land. In den USA kommt noch die private eigene Vermarktung von Sonny Barger, dem Oberhäuptling der Hells Angels, dazu: Er verkauft Shirts für Männlein und Weiblein, Kalender, Kappen und Mützen, Mädchenschlüpfer und Wein – unter seinem Namen in Verbindung mit den Hells Angels. Im Internet sind auch Sonny-Barger-Saucen und ähnliche Leckereien zu finden.
Aber zurück zu den Einnahmen der Hells Angels aus den drei genannten Merchandising-Feldern. Ein bestimmter Prozentsatz des Gewinns, etwa zwischen fünfzehn und dreißig Prozent vom Nettoerlös, geht an die Amerikaner, besser gesagt, sollte an die USA gehen. Denn bis 2007 ist zumindest aus Deutschland kein müder Cent geflossen. Natürlich mahnten die Amerikaner jedes Jahr die Zahlungen an, aber das juckte die deutschen Hells Angels nicht sonderlich. Wie ich von meinen Informanten erfahren habe, ist das bis heute so geblieben. Ich bin mal gespannt, wann die Amis sich ihr Geld holen kommen. Wahrscheinlich aber doch nie, denn das sind im Grunde wirklich Peanuts. Aber ich selbst kenne genügend US-Member, die die Deutschen hassen wie die Pest – und die werden bestimmt nicht lockerlassen.
Film ab!
Irgendwann, so um 2005 oder 2006, bekamen alle Hells Angels aus den USA eine Mail zur Abstimmung geschickt mit sinngemäß folgendem Inhalt: Dear Brothers, wir haben in den Staaten ein lukratives Angebot von einer großen Filmgesellschaft bekommen, die einen Hells-Angels-Film als Spielfilm drehen wollen. Nicht mit uns als Darstellern, sondern mit professionellen Schauspielern. Da die Darsteller unsere Kutten im Film tragen sollten, brauchten die Amis unsere Zustimmung. Uns wurde versichert, dass die Schauspieler die Kutten nur im Beisein von echten Hells-Angels-Membern unmittelbar vor der Szene bekommen und nach Drehende sofort zurückgeben sollten.
Wenige Worte, aber mit großer Brisanz, denn jetzt brach rund um den Globus eine Riesendiskussion zum Für und Wider los. Jedes Charter mailte mit anderen und diskutierte über das Projekt. Das größte Hindernis für eine Zustimmung zu dem Vorhaben war schlicht und einfach die Tatsache, dass kein Clubfremder und Nicht-Member die Clubinsignien tragen darf. Wie schon gesagt: Mit ihren Kutten sind die Hells Angels ziemlich eigen. Außerdem wurde darüber diskutiert, dass die Rocker durch Schauspieler ersetzt werden sollten; das sei schließlich nicht authentisch. Also wurde dem Ganzen mit einer knappen Mehrheit schließlich eine Absage erteilt. Ich gehörte auch zu denen, die mit Nein stimmten.
Nicht lange danach kam eine weitere Anfrage aus den USA. Diesmal ging es um einen Hells-Angel-Zeichentrickfilm. Das muss man einfach mal kurz so auf sich wirken lassen: Ein Zeichentrickfilm! Über die Hells Angels! Diesmal also mit gezeichneten Hells-Angels-Insignien, immerhin hätten dann alle Member ihre Kutten bei sich behalten können. Trotzdem ging die Abstimmung wesentlich schneller: Es gab keine große Diskussion, sondern eine überaus große Ablehnung.
Keines der Vorhaben wurde in die Tat umgesetzt.
Auf Fernseh-Dokus, die es über Hells Angels gibt oder geben soll, haben die Hells Angels keinen Einfluss; die werden einfach gedreht. Viele der gezeigten Szenen werden sowieso entweder versteckt gefilmt oder nachgestellt. Anders sieht es aus, wenn eine TV-Dokumentation von Hells Angels eines Landes selbst in Auftrag gegeben wird, also so eine Art Image-Film entstehen soll. In dem Fall wird weltweit darüber abgestimmt.
Mittlerweile steht ein neues Gerücht im Raum, nämlich dass es eine Verfilmung von Sonny Bargers Autobiographie geben soll. Jeff Bridges wird derzeit als Kandidat für die Hauptrolle gehandelt.
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