Wir sehen uns in der Hölle: Noch mehr wahre Geschichten von einem deutschen Hells Angel (German Edition)
Prozedur beginnt von neuem.
Da aber nicht nur ständig Member das Charter verlassen, sondern auch stets neue Mitglieder dazukommen, nimmt die Odyssee Charterfoto kein Ende. Denn mit jedem neuen Member wird wieder ein aktuelles Foto fällig, das an alle anderen Charter geschickt werden muss. Es geht also alles von vorne los, mit allem Drum und Dran: Location suchen, Bike aufpolieren, Muckis aufpumpen, anreisen, gefühlte Ewigkeiten posen, bis endlich das aktuelle Foto im Kasten ist. Bis zum nächsten Neuzugang …
Die Aktualisierung ist aber nur ein Problem, das mit den Charterfotos einhergeht. In jedem Clubhaus gibt es eine sogenannte Wall of Pictures, an die die Charterfotos aus aller Welt gehängt werden. Und der Platz dort ist natürlich begrenzt. Aufgrund der heftigen Expansion kommen aber immer mehr Charterfotos dazu; vor allem in Deutschland schießen die Charter wie die Pilze aus dem Boden. Jetzt ist natürlich die Frage: Welches Charterfoto hängt man ab, um für das eines neuen Charters Platz zu schaffen? Denn jeder Member erwartet, im Clubhaus eines anderen Charters bei einem Besuch selbstverständlich auch sein eigenes Charterfoto vorzufinden, und fühlt sich mächtig auf den Schlips getreten, wenn das nicht der Fall ist.
Daher kommt es sehr oft zu einer Art Bäumchen-wechsle-dich-Spiel in den Clubhäusern. In vielen Fällen weiß man schließlich vorab, dass ein Member eines anderen Charters zu Besuch kommt. Also werden die Fotos je nach Bedarf ausgetauscht. Klappt nicht immer, aber meistens. Aber wie das Leben so spielt, gibt es auch unangekündigte Besuche. Das ist natürlich richtig fies. Jetzt heißt es blitzschnell reagieren, ein x-beliebiges Charterfoto von der Wand reißen, im Eiltempo das passende Charterfoto finden und aufhängen. Die Wall of Pictures wird zum Alptraum, also eher zu einer Wall of Horror.
Mein Tipp an dieser Stelle: Warum nicht einfach die Clubhäuser vergrößern? Lagerhallen sollten sich doch prima eignen, um all die Charterfotos unterzubringen.
DER MOTOR HEISST MONEY
Früher galt bei den Hells Angels der Leitgedanke: »Einer für alle, alle für einen.« Aber das gilt bei vielen Membern längst nicht mehr. »Money ist der Motor« trifft es heutzutage wohl eher. Es geht eben immer ums Geschäft, um alles, womit sich Kohle machen lässt. Viele Member hierzulande und weltweit betreiben Drogen-, Waffen- oder Menschenhandel, andere verdienen an Prostitution oder Schutzgelderpressungen ordentlich mit. Manche gehen bei ihren Machenschaften sogar über Leichen. Hört sich alles nicht gerade nach romantischer Easy-Rider-Mentalität an, oder?
Hells Angels Inc.
Womit verdienen Hells Angels ihr Geld? Zu ihren zentralen Geschäftsfeldern zählt vor allem das Prostitutionsgewerbe, welches mittlerweile einen großen Teil aller Einnahmen der deutschen Hells Angels ausmacht. Mit dem Zusammenschluss des Bones MC 1999, der von allen sogenannten Outlaw-Clubs die Nummer eins im deutschen Rotlichtmilieu war, vereinigte sich dieser nun mit der Nummer zwei im Hurengeschäft. Die Hells Angels hatten damit die absolute Vormachtstellung erlangt, und sie beherrschen mittlerweile das gesamte Milieu. Diese Vorherrschaft wird ihnen niemand mehr nehmen können, außer vielleicht die Polizeibehörden. Die Frage ist nur, ob sie das wollen, denn eigentlich läuft es recht ruhig in dieser Szene. Wenn da nur nicht die große Gewalt wäre und die Bandidos den Hells Angels nicht das Revier streitig machen würden.
Zu den Einnahmen aus dem Rotlichtmilieu kommen, sozusagen als Zuverdienst, Schutzgelderpressung, gewaltsame Übernahmen clubfremder Bordelle, Kämpfe um den Straßenstrich, Drogeneinfuhr und -ausfuhr beziehungsweise die Weiterleitung von Drogen aller Art, im Speziellen Kokain und Marihuana.
Bei einer Großrazzia im März 2012 gegen Hells Angels in Düsseldorf und Umgebung wurde beispielsweise bei einer Unterstützertruppe der Hells Angels eine riesige Marihuana-Plantage entdeckt. Die größte, die jemals in Nordrhein-Westfalen gefunden wurde, mit etwa 4000 Pflanzen auf zwei Etagen, unter anderem wurden auch vier asiatische Erntehelfer festgenommen.
Eine geschätzte Jahresernte von etwa 1,8 Tonnen bringt einen Verkaufserlös von rund 7,2 Millionen Euro. Die Rechnung sieht wie folgt aus: 4000 Pflanzen à 150 Gramm ergeben 600 Kilo, bei drei Ernten pro Jahr sind das 1800 Kilo. Ein Kilo Marihuana erzielt im Verkauf mindestens 4000 Euro. 4000 Euro mal 1800 ergibt 7 200 000 Euro. Das muss man
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