Wir sehen uns in der Hölle: Noch mehr wahre Geschichten von einem deutschen Hells Angel (German Edition)
hatten.
Wir kamen mit vier Autos und einem Transporter vorgefahren und legten sofort los. Als ich als Siebter oder Achter das Clubhaus betrat, kamen mir schon einige Besucher entgegen, die draußen von den anderen sofort in eine Ecke gedrängt wurden. Drinnen ging es schon richtig zur Sache: Auf alle Clubmitglieder wurde übelst eingedroschen. Zu meiner Verwunderung verteidigten sich die Jungs wirklich gut und teilten ihrerseits ordentlich aus. Unser Spannmaxe und ein weiterer passten wie die Füchse auf, dass keiner von dem Club eine Kanone rausholte. Vergeblich, denn plötzlich zog doch einer unserer Gegner eine Waffe hinter der Theke hervor. Aber einer unserer Member bemerkte das noch vor mir und schlug ihn nieder. Autsch, das hatte gesessen! Der Typ fiel vornüber auf die Theke und bekam noch einige Schläge verpasst. Nach wenigen Minuten war der Spuk zu Ende, und wir rückten ab – nicht ohne dem einen oder anderen zum Abschied noch ein paar reinzuhauen. Die beiden Member, die die Gäste in Schach hielten, hatten von allen schon ein paar Handyfotos geschossen und ihnen eingebläut, dass sie am besten nichts gesehen oder gehört hätten. Denn wenn sie der Bullerei irgendetwas über die Aktion erzählen wollten, würden wir sie anhand der Fotos finden und auf jeden Fall besuchen kommen. Das Beste wäre also, wenn sie sich sofort von hier verpissten.
Wir spurteten anschließend zu unseren Autos und verließen den Ort des Geschehens. Nach etwa 100 Metern hielten wir kurz an, um die alten Nummernschilder abzuziehen, danach ging es weiter. Gleich in der darauffolgenden Woche lösten sich die Riding Black Bulls auf.
Ein anderes Beispiel für gewaltsame Lösungen: Wir hatten um die Jahrtausendwende in Kassel Probleme mit den Bandidos, die ich sehr schnell unter Kontrolle bringen konnte, was wiederum die Bandidos veranlasste, mich aufs Äußerste zu provozieren. Jetzt wollte ich die Sache ein für alle Mal klären und besprach mit meinen Brüdern die Situation und meinen Lösungsvorschlag: sich mit den Bandidos treffen und sie mit den Provokationen konfrontieren, eventuell mit anschließender Hauerei. Der Vorschlag erhielt breite Zustimmung, allerdings wollten die anderen mich nicht mitnehmen, damit – galant ausgedrückt – das Üble nicht noch übler würde. Ich kann schon recht böse werden, wenn man mich provoziert – Bad Boy eben. Ich sah das ein, bestand aber darauf, dass die drei zu der Zeit aktuellen Prospects an der »Aussprache« mit den Bandidos teilnahmen.
Mir wurde erst im Nachhinein berichtet, wie die Sache abgelaufen war. Zielgerichtet statteten sich die Jungs mit dem nötigen Equipment aus: kugelsicheren Westen, Schlagstöcken, Handschuhen und Ähnlichem. Einer bekam einen Revolver Kaliber 38 Marke Astra in die Hand gedrückt und sollte an einer Ecke des Treffpunkts die Aktion absichern. Im Falle einer Schießerei wäre er der Mann am Drücker gewesen. Mich erstaunte das Vertrauen meiner Brüder in den Prospect. Die Aktion lief wie geplant, nur der Prospect mit der Kanone bekam nichts mit. Oder besser: Er wollte nichts mitbekommen, wie mir die Member später erzählten. Er hatte sich hinter eine noch weiter von dem Szenario gelegene Hausecke gestellt, von der aus er keine freie Sicht auf die Örtlichkeit hatte. Trotzdem wurde die Sache eindeutig zu unseren Gunsten und sehr zu unserem Wohlgefallen geklärt.
Eigentlich hätte ich den Muffengänger nach der Aktion sofort aus unserem Charter entfernen sollen. Warum ich das nicht tat, weiß ich nicht. Das war keine meiner Sternstunden, denn er ist immer noch Member und – noch schlimmer – war an dem Raubüberfall auf mich beteiligt.
Ein paar Worte an die ganz normalen Motorradfahrer: Ich weiß sehr wohl, dass ihr von den Hells Angels bei der Ausübung eures Hobbys gestört werdet. Sei es, dass ihr nicht durch bestimmte Gegenden fahren könnt oder dass euch die Deppen eure Clubfahnen und Symbole verbieten, euch auflösen oder anderweitig bedrohen. Ihr werdet genötigt, zum Teil mit Hilfe eurer eigenen Leute, die sich davon Vorteile versprechen, in die jeweiligen Clubs überzutreten. Ihr müsst auf euren kleinen, tollen Partys mit den großen Wölfen heulen, sonst gibt es gar keine Partys mehr. Die größeren Motorradclubs, die nicht den sogenannten großen Vier angehören, ereilt das gleiche Schicksal: Irgendwann werden sie gezwungen, sich klar zu einem Club zu bekennen beziehungsweise überzutreten. Viele machen aus Angst oder auch aus Liebe zu
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