Wir sehen uns in der Hölle: Noch mehr wahre Geschichten von einem deutschen Hells Angel (German Edition)
ganze Woche, um das Clubhaus nach der Ballerei wieder auf Vordermann zu bringen.
REVIER ABSTECKEN
Bei den Hells Angels gibt es manche Konflikte und Auseinandersetzungen – mit anderen Clubs und auch untereinander. Aber ganz sicher gibt es keinen Debattierclub, in dem alles sachlich ausdiskutiert wird und sich jeder seinen Frust von der Seele reden darf. Die Engländer zum Beispiel machen irgendwie immer Stress, egal ob beim Fußball oder bei den Hells Angels: Sie sind immer auf Krawall gebürstet.
Als Straßenkämpfer machen einem solche Fights aber eigentlich sogar Spaß. Ehrlich, ich habe mir auch immer die Großen als Gegner ausgesucht. Ich wollte mich messen, für mich waren Schlägereien immer auch ein Wettkampf. Wie auf dem World-Run in Spanien: Da machten mich ein paar Member von der Seite an, was in einer üblen Hauerei endete. Wir schlugen uns gegenseitig richtig die Schädel ein. Als das geklärt war, gingen wir gemeinsam an die Bar etwas trinken. Wie es genau zu der Schlägerei kam und was davor und danach passierte, erzähle ich später noch ausführlich.
Viele der Geschichten, von denen ich euch bisher so berichtet habe, zeigen deutlich, wie groß die Gewaltbereitschaft der Hells Angels ist und dass meist nach dem Motto vorgegangen wird: »Erst schlagen, dann fragen.«
Clubauflösung auf die harte Tour
Irgendwann in meinen frühen Anfangszeiten, irgendwo in Deutschland, wurde ein Motorradclub gewaltsam aufgelöst. Zum besseren Verständnis, »aufgelöst« bedeutet, dass die Hells Angels einen normalen Motorradclub, der nicht so will wie sie, schließen. Manchmal werden den Mitgliedern dabei die Kutten abgenommen, das Clubhaus wird geschlossen und ihnen wird verboten, sich einem anderen Club anzuschließen. Am besten machen sie das alles freiwillig. Wenn nicht, wie in diesem Fall, geht man halt mit Gewalt vor. Ich muss dazusagen, dass ich an dieser Aktion nicht persönlich beteiligt war; sie ist mir aber sehr genau bekannt. Fürs bessere Verständnis und damit alles ein bisschen lebendiger wird, schreibe ich die Geschichte aber so, als wäre ich vor Ort gewesen.
Ich nenne den besagten Motorradclub mal Riding Black Bulls. Dieser Club wollte sich nicht eindeutig mit allem Drum und Dran zu den Hells Angels bekennen und auf Besuche bei den verfeindeten Bandidos verzichten. Unserer Meinung nach sollten sie jedoch nur die Hells Angels supporten. Alles gute Zureden nutzte nichts, sie wollten frei entscheiden, auf welche Party sie fahren, und Kontakte pflegen, zu wem sie wollten. Auch auf ihren eigenen Veranstaltungen wollten sie niemandem die Teilnahme verwehren, egal ob die Gäste mit den Hells Angels klarkamen oder eher mit den Bandidos. Das ging aus Sicht der Hells Angels gar nicht, und deshalb entschloss man sich wie in vielen anderen Fällen, den Club besser zu schließen.
Das betreffende Hells-Angels-Charter fragte also bei mir an, ob wir ihnen helfen könnten, die Riding Black Bulls zu überfallen – auch um damit ein Zeichen für alle anderen Motorradclubs in der Region zu setzen. Da ich schon mehrfach Negatives über diesen Club gehört hatte, willigte ich ein. Es kam zu einem Treffen zwischen unseren beiden Chartern, um Näheres über den Ablauf der gewaltsamen Clubschließung zu besprechen. Dabei erfuhren wir, dass der Club über Waffen verfügte und sich eventuell mehr als gewohnt wehren könnte. Wir sprachen über die Örtlichkeiten, An- und Abfahrtswege und verteilten die Rollen: wer das Grundstück sichern, wer die Autos fahren, wer in das Clubhaus eindringen und wer sich als Vorauskommando zuerst im Clubhaus umsehen sollte. Als Vorauskommando suchten wir uns einen Supporter aus Kassel aus.
Am Tag unserer geplanten »feindlichen Übernahme« war bei den Riding Black Bulls ein Clubabend geplant. Um nicht erkannt zu werden, zogen wir neutrale Klamotten an. Kurz vor dem Clubhaus überklebten wir die Nummernschilder unserer Autos mit alten vom Schrottplatz. Unser Spion hatte uns zuvor telefonisch mitgeteilt, wer und wie viele Leute sich im Clubhaus aufhielten und dass keine Kameras das Clubhaus absicherten, was unser unerkanntes Auftreten und Verschwinden wesentlich erleichtern würde. Wir hatten abgesprochen, sofort auf die Clubmitglieder loszugehen, ohne groß zu diskutieren. Zwei Mann von uns sollten alle, die nicht zum Club gehören, sofort aus dem Clubhaus werfen. Die Partygäste sollten von zwei weiteren Membern draußen in Schach gehalten werden, bis wir im Clubhaus alles klargemacht
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