Wir sehen uns in der Hölle: Noch mehr wahre Geschichten von einem deutschen Hells Angel (German Edition)
durchgucken. Auch zwei Klotüren waren völlig durchlöchert. Dann war da noch ein elektronischer Dart-Automat, der jetzt so aussah wie sein Bruder, der Geldspielautomat, nur ohne Sitzbank. Eine Unmenge Scherben, die wohl in ihrem früheren Leben einmal Schnapsflaschen gewesen waren. Eine Klimaanlage in der Wand, die sich wahrscheinlich selbst erschossen hatte, und zu guter Letzt ein Motorradhelm, der verdammte Ähnlichkeit mit meinem alten hatte. Genau konnte ich das aber nicht mehr erkennen, weil auch er mehrere Kugeln abbekommen hatte. Ich stand da, als hätte mir jemand brühwarm ans Bein gepinkelt, doch plötzlich musste ich grinsen und fing sogar an zu lachen – aber nur kurz, bis ich die ungläubigen Gesichter unserer Prospects sah. »So, Jungs, nun erzählt mir mal, was hier los war.«
Folgendes war passiert: Ungefähr eine Stunde nachdem ich weg war, kamen zwei Dänen ins Clubhaus zu Besuch. Sie packten einen recht stattlichen Vorrat an Koks aus, und alle feierten, soffen, koksten, rauchten und wurden immer ausgelassener. Dann holte ein Kasseler Member eine Pumpgun aus der Küche, und sie fingen an, auf den Nagelklotz zu schießen. Zuvor hatten sie noch die Musikanlage aufgedreht, damit man draußen nichts hörte. Und urplötzlich hatten gleich mehrere zugedröhnte Member irgendwelche Kanonen, die im Clubhaus lagerten, in der Hand und beteiligten sich daran, dem Nagelklotz den Garaus zu machen. Das wurde wohl recht schnell langweilig. Einer gab dann den Geldspielautomaten zur Hinrichtung frei, der aber nicht lange durchhielt, woraufhin sie eine alte Sitzbank in das Gehäuse stopften. Als auch die erledigt war, musste Kollege Dart-Automat ebenfalls dran glauben. Sobald auch er niedergestreckt war, beauftragten sie einen Prospect damit, meinen alten Helm aus der Garage zu holen. Er und einige leere Flaschen waren die nächsten Opfer. »Und die Löcher in der Tür?«, wollte ich wissen, Ach, da hätten sie eben danebengeschossen. Der Nagelklotz war wohl nicht so leicht zu treffen mit ihren benebelten Hirnen.
Nachdem ich mir das alles angehört hatte, gab ich den Prospects erste Anweisungen. Erstens, sie sollten Stahlbleche holen, die hinter dem Clubhaus lagen, und die Eingangstür in Ordnung bringen – zumindest so weit, dass man von außen keine Löcher mehr sah. Als Nächstes sollten sie ein Feuer machen, alle »Leichenreste« verbrennen und danach wenigstens halbwegs klar Schiff machen. Sollte die Schmiere doch noch kommen, sollten sie die Bullen auf gar keinen Fall auf das Clubhausgelände lassen. Einen Prospect beauftragte ich damit, sofort alle Kanonen und Patronen, egal ob voll oder leer, einzusammeln, in sein Auto zu packen und die Kiste weit weg vom Clubhaus in einer Seitenstraße zu parken.
Danach ging ich zurück in den Member-Raum, wo die Jungs noch immer saßen wie die Unschuldslämmer. Nun wollte ich von ihnen wissen, was abgelaufen sei, und sagte zu den Dänen, sie sollten sich erst einmal raushalten. Die Informationen kamen ziemlich zäh, aber im Großen und Ganzen bestätigten die Jungs nach einigem Winden und Herumdrucksen den Ablauf, wie ihn die Prospects mir beschrieben hatten. Die beiden Dänen nickten nur mit den Köpfen wie Wackeldackel auf der Hutablage.
»Und wer von euch ist auf die Idee gekommen, meinen Helm zu holen? Ihr habt euch bestimmt dabei vorgestellt, dass meine Rübe noch im Helm stecken würde, was? Aber lasst mal, ich will eigentlich gar nicht wissen, wer das war. Irgendwann wird es mir derjenige, der das verbockt hat, schon erzählen. Im Prinzip ist das hier ja ganz okay, aber ihr wisst ja, dass wir in ein paar Stunden abfahren wollen.« Mir war bewusst, dass kein Appell an ihre Vernunft die Großhirnrinde der Jungs erreichen würde, jedenfalls nicht in ihrem derzeitigen Zustand, und ich wollte sie auch nicht vor den Dänen bloßstellen. Den Dänen versicherte ich noch, sie sollten sich keine Gedanken machen, ich würde nicht mit ihren Präsidenten darüber reden, worüber sie sichtlich erleichtert waren.
Auf meine Frage, was wir jetzt machen sollten, kam kein Vorschlag. Alle waren über meine Reaktion erstaunt, froh und verwundert. »Kommt, lasst uns jetzt den Prospects beim Aufräumen helfen, danach setzen wir uns mit ihnen zusammen, feiern noch ein bisschen und verschieben die Abfahrt einfach ein paar Stunden nach hinten. Es ist ja keine Weltreise.« So machten wir es auch und brachen gegen Mittag auf. Die Prospects brauchten übrigens nach unserer Rückkehr eine
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