Wir sehen uns in der Hölle: Noch mehr wahre Geschichten von einem deutschen Hells Angel (German Edition)
erster Stelle natürlich die USA, von Deutschland eine Erklärung für dieses Verhalten zu fordern. Die deutschen Hells Angels redeten sich dabei meist mit ihren vielen Auseinandersetzungen mit den Bandidos raus und erzählten, dass fast alle Charter mit ihren Membern vor Ort bleiben mussten, um ihr Territorium zu verteidigen, was natürlich großer Bullshit war und an sich schon peinlich ist. Doch selbst diesen konnten die deutschen Jungs tatsächlich noch toppen.
Am Samstagnachmittag, dem eigentlichen Höhepunkt jedes Runs, versammelten sich fast alle Member auf dem Run-Platz, um auf das obligatorische World-Run-Foto zu kommen. Das war und ist für jeden Teilnehmer im Grunde eine Ehre. Ich saß gerade in einer geselligen Runde mit verschiedenen Membern, als sich ein Cabriolet penetrant hupend seinen Weg durch die Moppeds und eng gedrängten Member bahnte. Dass überhaupt ein Auto auf dem Run-Platz herumgurkte, war an sich schon ein No-Go. Daher war ich, genauso wie die umstehenden Member, ziemlich verwundert – und extrem genervt und verärgert von dem albernen Gehupe.
Doch als ich dann die Jungs sah, die den Wagen fuhren, ließ mir das die Halsschlagader mal wieder auf Fingerdicke anschwellen. Am Steuer saß der fette Präsident eines deutschen Charters; an die beiden anderen Gesellen kann ich mich heute nicht mehr erinnern. Dafür umso genauer an ihren peinlichen Auftritt: Alle drei hatten dicke Goldketten umgehängt, stellten fette Golduhren an den Handgelenken zur Schau, trugen weiße Unterhemden, Fahrer und Beifahrer hatten ihre Kutten über die Kopfstützen gehängt, und der dritte im Bunde saß wie Graf Koks auf dem zusammengefalteten Verdeck. Die drei machten auf dicke Welle, auf Superzuhälter. Vor Wut, Ärger und Peinlichkeit ging mir so der Gedanke durch den Kopf, den drei Hirnis einfach in die Rübe zu schießen – und da war ich ganz sicher nicht der Einzige, was ich an den angewiderten Gesichtern der anderen Hells Angels deutlich ablesen konnte.
Zum besseren Verständnis: In Deutschland ist es durchaus üblich, dass sich die Zuhälter mit Goldketten und fetten Uhren präsentieren, um so ihren Status und Erfolg nach außen zu demonstrieren. Die kleinen oder nicht so erfolgreichen Luden tragen zum Beispiel eine Stahl-Rolex oder Breitling und dünnere Ketten um den Hals. Die größeren und erfolgreicheren haben eine alte goldene Rolex, die schon durch viele Ludenhände gegangen ist, und dicke Goldketten. Und die ganz großen Jungs im Geschäft besitzen neue goldene Rolex und zum Teil mit Brillanten besetzte, noch dickere Goldketten. Man zeigt also, was man hat. Dazu kommen noch dicke, teure Autos, die meist geleast sind. Aber egal: Keiner fährt einen Smart oder etwas in der Art.
In den USA hingegen gibt es so gut wie keine Zuhälter, jedenfalls nicht so wie in Deutschland. Keiner von den Luden in Amerika trägt sein Business öffentlich nach außen, weil unter anderem in den USA die Zuhälterei, wie sie in Deutschland betrieben wird, fast komplett verboten ist und von den Behörden strikt bekämpft wird. Nur die schwarzen Zuhälter, Pimps genannt, und Drogendealer behängen sich wie die Pfingstochsen und sind dadurch sehr auffällig, tragen außergewöhnliche Klamotten oder bunte Hüte, um sich zur Schau zu stellen. Da unter anderem in den USA immer noch Rassendiskriminierung großgeschrieben wird, will sich kein weißer Ami-Zuhälter mit den Pimps auf eine Stufe stellen.
Diese drei Idioten hatten das alles aber nicht bedacht oder gewusst oder was weiß ich. Sie wollten mit ihrem peinlichen Aufzug wahrscheinlich den Amerikanern zeigen, was die deutschen Hells Angels so haben. Dumm nur, dass das in den USA überhaupt nichts zählte. Und so fuhren die drei Vollpfosten beim größten Meeting der Hells Angels, zu dem alle mit dem Bike kommen, lieber mit ihrem dicken Auto vor. Warum sie sich kein Mopped mieteten oder die Bikes nahmen, die jedem ausländischen Hells Angel von den Gastgebern zur Verfügung gestellt wurden? Ich habe keinen blassen Schimmer. Vielleicht konnten sie nicht besonders Mopped fahren, was mich nicht wundern würde, und meinten, mit einem solchen Auto könnten sie imposanter auftreten. Wie dem auch sei, der Schuss ging jedenfalls gewaltig nach hinten los. Die Nummer kam bei allen anwesenden Membern so schlecht an, dass sich die drei recht bald wieder mit ihrem Karren verpissten – und das war gut so! Sonst hätten die wahrscheinlich später irgendwann mit ihren nackten fetten
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