Wir sehen uns in der Hölle: Noch mehr wahre Geschichten von einem deutschen Hells Angel (German Edition)
in dem Gewerbe tätig seien, aber alles würde sich in Grenzen halten. Aber wenn ich wollte, würde er mich mit den betreffenden Membern gern zusammenbringen. Waffengeschäfte hingegen würden in Österreich so gut wie gar nicht stattfinden, das wäre für sie nicht besonders lukrativ. Bisher fielen die österreichischen Charter also insgesamt nicht besonders auf.
Im Juni 2012 richteten die österreichischen Hells Angels sogar den World-Run aus. Beachtlich, beachtlich. Schließlich ist der World-Run das größte Treffen aller Hells Angels weltweit, das in jährlichem Wechsel jeweils in Europa und den USA stattfindet. Es ist das größte unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindende Treffen von Verbrechern. Hier kommen Mörder, Totschläger, Drogenschmuggler und -dealer, Waffenhändler, Menschenhändler, Erpresser, Zuhälter und Betreiber aller nur erdenklichen Arten der Schwerkriminalität zusammen, um zu feiern und um ihre gemeinsamen Aktivitäten in der organisierten Kriminalität zu intensivieren und zu koordinieren. Hier werden alle Arten der Zusammenarbeit und neue Geschäftsfelder abgesprochen. Das gibt es bei keiner Mafia, Camorra, ’Ndrangheta, den Russen, Triaden oder anderen bekannten und unbekannten Verbrecherorganisationen. Nur die Hells Angels nehmen sich das Recht auf eine solche Veranstaltung heraus, um derart aufzumarschieren und sich in der Halböffentlichkeit zu versammeln. Sei es drum, 2012 war für die österreichischen Hells Angels als Ausrichter des World-Runs endlich die größte Zeit in ihrer Clubgeschichte gekommen.
Der World-Run fand in Unterpremstätten in der Nähe von Graz statt. Die Polizei sprach von 1800 bis 1900 Teilnehmern aus aller Welt. Das ist eine ziemlich beachtliche Zahl, vor allem wenn man bedenkt, dass der größte Teil Verbrecher sind. Da ist es eigentlich verwunderlich, wenn nicht viel mehr passiert als eine zerstörte Kneipe nach einer Hauerei, ein paar kleinere und größere Schlägereien mit Einheimischen und unter Membern. Ein Hells Angel, der mit internationalem Haftbefehl gesucht wurde, wurde vor dem World-Run-Gelände festgenommen. Es gab ein paar Verletzte bei Schlägereien und einen Waffenfund. Der Bevölkerung aber wurden die »Unannehmlichkeiten« mit über zwei Millionen Euro Einnahmen versüßt.
Momentan gibt es in unserem Nachbarland sechs Hells-Angels-Charter: Nomads Austria, Vienna, Vorarlberg, Tyrol, Styria und Carinthia. Nicht gerade viel, vor allem wenn man bedenkt, dass diese wenigen Charter dazu auserkoren wurden, das größte Hells-Angels-Event weltweit auszurichten. Wenn man aber die Hintergründe kennt, wird die Sache klarer. Seit vielen Jahren werden die Österreicher von deutschen Hells Angels dazu gedrängt, nach deutschem Vorbild auch in ihrem Land zu expandieren, was aber vonseiten der österreichischen Hells Angels nie angestrebt wurde. Sie waren zufrieden mit sich und ihrem Dasein, gingen es gemütlich an – wie viele »normale« Österreicher auch.
Das hat sich neuerdings drastisch geändert. Nun ist es für Österreich mit dem Müßiggang zu Ende, denn Berliner Hells Angels haben beschlossen, in Österreich die Clubgeschäfte voranzutreiben. Der Beginn für die Zeitenwende läuft bereits in Salzburg: Dort haben die Berliner Hells Angels mittlerweile mindestens zwei Bordelle übernommen und weiten ihre Aktivitäten stetig aus. Auch soll in Salzburg ein neues Charter eröffnet werden, in Kooperation mit einem österreichischen und einem deutschen Charter. Nach einer geeigneten Clubhaus-Location wird bereits gesucht. Es sollen schon mehrere Verhandlungen über zwei Immobilien stattgefunden haben.
Damit werden die Machtbestrebungen deutscher Hells Angels jetzt nach Österreich getragen, mit all ihren brutalen Folgen. Für die deutschen Hells Angels ist in der Heimat keine größere Expansion mehr zu erwarten – weil sie einerseits bis in die Provinz vertreten sind und andererseits einige Charter mittlerweile verboten wurden. Also, ab nach Österreich, da geht noch was! Auch in anderen österreichischen Städten, die bisher verschont geblieben sind, werden immer öfter Hells Angels gesehen. Eine sehr interessante Entwicklung aus meiner Sicht – und eine gefährliche für die Österreicher.
Mit diesem Hintergrundwissen ist jetzt wohl verständlich, warum Österreich der Ausrichter des World-Runs wurde. Es war eine Art Anstoß, die österreichischen Hells Angels aufzuwerten und anzuspornen, die neuesten Entwicklungen zu unterstützen
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