Wir sehen uns in der Hölle: Noch mehr wahre Geschichten von einem deutschen Hells Angel (German Edition)
sagte mir, dass er, wenn er könnte, jeden Einzelnen der ehemaligen Bones bei den Hells Angels wieder entfernen würde. Das hätte auch mich betroffen, und deshalb protestierte ich, dass es auch einige Ausnahmen gäbe. Er bejahte das zwar, meinte aber, es gäbe nur wenige, die den Club und seine Regeln verstünden und auch danach lebten.
In unserem Gespräch interessierten mich natürlich auch die früheren Zeiten der Hells Angels in Amerika sehr, bevor die weltweite Expansion anfing – die in den letzten Jahren von Deutschland ausgehend aufs Extremste fortgeführt wurde. Sonny erzählte mir, dass die Jahre von 1968 bis 1978 die wohl schlechtesten in der Historie der Hells Angels waren, denn der Drogenkonsum fast aller Member steigerte sich damals immens. Er selbst konsumierte zu dieser Zeit neben Marihuana auch harte Drogen. Der Heroinkonsum und die damit einhergehenden Geschäfte insgesamt breiteten sich innerhalb der Hells Angels recht schnell aus. Sonny meinte, in einer stillen Stunde, als er mal nicht high war, kam ihm der Gedanke, dass das verdammte Heroin den ganzen Club zerstören würde, wenn alles unverändert weiterginge. So kam der Ausdruck »Eighty Six« zustande. »Eight« steht für H, den achten Buchstaben des Alphabets, als Synonym für Heroin, und »Six« für den sechsten Buchstaben, das F, als Synonym für »forbidden«, also »verboten«.
In einer Krisensitzung in Texas beschloss man, gegen den Konsum von Heroin in den eigenen Reihen strikt vorzugehen und ihn mit drastischsten Konsequenzen zu bestrafen. Es dauerte mehrere Jahre, bis fast alle die Hände von dem Dreckszeug ließen. Noch heute werden hin und wieder Member aus aller Welt mit dem sogenannten 86er-Paragraphen belegt. Das bedeutet für den Betreffenden: keine Kutte mehr, keine Posten mehr und strengste Beobachtung durch die anderen Member. Bei einem Rückfall drohen Schläge der anderen Member und andere Arten der Disziplinierung.
Als Sonny glaubte, der Spuk des Heroingebrauchs bei den Hells Angels sei so gut wie zu Ende, erfuhr er, dass ein Charter während seiner Bemühungen, Heroin aus den Clubs zu verbannen, unbeeindruckt weiter konsumierte, weiter dealte und darüber hinaus auch andere Hells-Angels-Member mit Heroin versorgte – zum eigenen Gebrauch und zum Weiterverkauf. Leute, ich habe ja schon oft mit Sonny Barger zusammengesessen, aber so wie in diesem Moment, als er mir das erzählte, habe ich ihn nie gesehen oder erlebt. Der Mann stand meiner Meinung nach kurz vor dem Herzinfarkt, so sehr regte er sich bei der Story auf.
Nachdem er damals von der Sache erfahren hatte, setzte er sich sofort auf sein Bike und fuhr zusammen mit zwei weiteren Brüdern aus seinem Charter zu dem betreffenden Charter. Dort angekommen, so erzählte er mir, sei er auf der Stelle ins Clubhaus gegangen, wo der Präsident des Charters gerade hinter der Theke stand. Mit dem habe er die Angelegenheit dann an Ort und Stelle auf seine Art geklärt. Sonny Barger und die zwei anderen hätten für den kommenden Abend ein Treffen aller Member des Charters einberufen und zunächst das Clubhaus verlassen. Am nächsten Abend sei er dann mit seinem Charter zum besagten Clubhaus zurückgekehrt und habe die Vorkommnisse vollständig bereinigt. Die in die Machenschaften verstrickten Member seien unter üblen Schlägen aus dem Club vertrieben worden.
Wir saßen noch ein paar Stunden zusammen, andere Member gesellten sich zu uns, und ich hörte noch so einige andere spannende Geschichten. Ich muss sagen, dass ich persönlich Sonny Barger sehr mag: Der Mann ist mir sympathisch. Für mich ist er ein grundehrlicher Hells Angel, ein bodenständiger Typ, und wie er den Hells-Angels-Weg geht, ist ganz nach meinem Geschmack. Er ist Biker durch und durch, fährt quer durch Amerika mit seiner Harley und lebt den Mythos des Easy Riders wirklich – trotz schwerer Krankheit. Er verstellt sich nicht, er sagt dir ins Gesicht, was er von dir hält. Vieles, was bei den Hells Angels in Deutschland passiert, geht ihm gegen den Strich – und das sagt er auch frei heraus, genauso wie ich.
Die totale Blamage
Beim World-Run in den USA in Cody, Wyoming, kam es zu dem in meinen Augen wohl peinlichsten Auftritt deutscher Hells Angels aller Zeiten. Die Hells Angels Germany fielen in den USA ja ohnehin schon immer durch ihre äußerst geringe Teilnehmerzahl bei Events in Amerika und in anderen Ländern der Welt negativ auf. Das veranlasste nach fast jedem World-Run viele Länder, an
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