Wir sehen uns in der Hölle: Noch mehr wahre Geschichten von einem deutschen Hells Angel (German Edition)
Bulldog-Bash waren. Außerdem hatte ich Kohldampf und wollte etwas essen. Aber die anderen hielten nichts von meinem Vorschlag, den nächsten McDonald’s anzusteuern. Einer meinte noch, er hätte einen Schokoriegel in der Tasche, ob mir der nicht reichen würde. Klar, Koks macht schlank! Das ließ ich aber alles nicht gelten, der nächste McDonald’s war meiner. Als ich angewidert vom englischen Fastfood wieder zum Auto zurückkehrte, entschloss ich mich wagemutig, ab sofort selbst zu fahren. Ich verklickerte Vierauge, dass wir die Plätze tauschen sollten. Zu meiner Überraschung stimmte er sofort zu, wollte aber unbedingt zu den anderen nach hinten. Klar, da war ja auch das Pulvertütchen. Aber die Bande hinten fing sofort an zu meutern. Also blieb ihm nichts anderes übrig, als neben mir sitzen zu bleiben.
Ich kämpfte mich, im wahrsten Sinne des Wortes, mehr schlecht als recht über Englands Straßen in Richtung Bulldog-Bash – bis ein Kreisel kam. Ich meinte zu den Jungs: »Leute, nun wird’s aber richtig spannend!« Ich dachte, dass die anderen vielleicht zur Abwechslung mal mit auf die Straße und den Verkehr achten würden – aber Fehlanzeige. Sie jubelten und grölten nur: »Los, Uli, gib Gas! Gib Gas!«, »Fahr einfach durch!« und »Halt an, wir tragen die Karre durch den Kreisel!« Das meinten die vier Koksnasen wirklich ernst. Nach gefühlten 20 Runden im Kreisverkehr dachte ich: »Scheiß drauf, Augen zu und einfach die Ausfahrt raus.« Das funktionierte zwar, aber ich kann diese Vorgehensweise niemandem empfehlen.
Nach einer halben Ewigkeit kamen wir endlich auf dem Partygelände an. Es war ein riesengroßer Platz, und eine Heerschar von Bikes strömte unaufhaltsam auf das Gelände. Das Münchner Oktoberfest wirkte dagegen wie eine Provinzveranstaltung. Endlich war Party-Time angesagt! Mitten auf dem Bash-Platz hatten die Hells Angels eine Art Container-Dorf aufgebaut: Treffpunkt für Catering, Dope, Kontakte und Gespräche. Ich parkte unser Auto – und fünf deutsche Hells Angels fielen aus dem Fahrzeug: vier von ihnen völlig stoned und einer, der froh war, dass alle lebend angekommen waren. Also, ab ins Getümmel!
Unser erster Weg führte ins Container-Dorf. Dort angekommen, folgte die große Begrüßung mit den Brüdern aus der ganzen Welt. Sofort kamen Prospects und boten uns alles an, was das Herz begehrte. Ich marschierte Richtung Theke, und da stand mit dem Rücken zu mir ein Member aus den USA – wie ich an seiner Kutte ablesen konnte. Ein ziemlich kleiner Typ, und ich dachte: »Na, der ist ja auch nicht gerade der Reißer.« Er trug auch noch eine Kutte mit langen Lederfransen an den Ärmeln und am Rücken, so dass ich mir dachte: »Was für ein schwules Teil!« Da es sehr eng und laut war, packte ich meinen Zwergenbruder kurzerhand an den Schultern und schob ihn einfach zur Seite. Ich war jetzt an der Theke und orderte eine Coke mit viel Eis. Als ich meine Cola hatte und mich umdrehte, erkannte ich, dass der Zwerg Sonny Barger war – unser aller Oberhäuptling! Er grinste mich an, und wir kamen ins Gespräch über dies und das. Nach einiger Zeit trennten sich unsere Wege wieder, denn ich wollte mich erst einmal umsehen. Aber wir sollten uns in den folgenden Jahren noch des Öfteren über den Weg laufen.
Meine Mitfahrer saßen schon an einem großen Tisch mit 15 bis 20 anderen Membern und frönten in einem lauten Gelage ihren Tauchkünsten. Strohhalm in den Rüssel und – zack! – abtauchen ins weiße Pulver, Line hochziehen, die Nase wieder geraderücken und abwarten, was so kommt. Interessierte mich aber nicht weiter. Ich ging mich auf dem Riesengelände umsehen, wo einiges an Attraktionen geboten wurde: Steilwandfahren im Kessel des Todes, ein Riesenrad, eine Schießbude mit Kleinkaliber-Gewehren und scharfer Munition. Es gab Fressbuden ohne Ende, aber überall stand nur eklig fettiges Zeug auf der Speisekarte – egal ob beim Chinamann, Thai, Fish and Chips, Pizzabäcker oder am Bratwurststand. Die üblichen Verkaufsstände für Bikes und Zubehör durften natürlich nicht fehlen.
Das Festzelt war riesig! Weder vorher noch nachher habe ich jemals wieder ein so großes Bierzelt gesehen. Darin war über die ganze Länge die Theke aufgebaut – gigantisch! Vor der wohl wirklich längsten Theke der Welt standen die Besucher in Zehnerreihen und warteten auf Bier und andere Getränke. Und sie schenkten dort sogar echtes kaltes Bier aus, nicht die pisswarme schale Plörre, die es
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