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Wir sehen uns in Paris

Wir sehen uns in Paris

Titel: Wir sehen uns in Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Kolloch Elisabeth Zöller
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kreuzen sich. Einer der beiden lächelt. Zwei starke Beschützer könnte sie jetzt gut brauchen. Isabella quält sich ebenfalls ein Lächeln ab.
    »Auch nach Paris?«, fragt eine überraschend hohe Stimme. Sie kommt von dem lächelnden Heavy-Metal-Mann.
    »Ja«, sagt Isabella müde und fast hätte sie ein vielleicht hinzugefügt.
    »Du siehst irgendwie fertig aus, Mädchen«, sagt der Typ und mustert Isabella besorgt, und die wird rot.
    Sehe ich wirklich so schlimm aus? Merkt man mir gleich an, was ich hier tue?, fragt sie sich. »Es geht schon«, antwortet sie schließlich, und wischt sich eine Spur zu theatralisch mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn.
    »Vielleicht sehen wir uns im Zug.« Jetzt lächelt der Typ wieder und hebt die Hand. Er winkt ihr tatsächlich zu. Isabella ist fast zu erschöpft, um sich darüber zu freuen.
    Sie setzt sich auf einen freien Platz direkt an einer der Rolltreppen und behält jeden, der hochfährt, im Auge. Kein Junge mit abgewetzten Klamotten und Baseballkappe. Kein John.
    20:02 Uhr. Isabella hält es nicht mehr aus auf ihrem Sitz. Noch vier Minuten, bis der Zug einfährt.
    Ihr fällt ein, dass sie Hannah wenigstens vom Bahnhof aus hätte anrufen können. Allein ihre Stimme zu hören, würde ihr ein sicheres Gefühl geben. Zu wissen, dass sie zu ihr hält und zu Hause alles glatt läuft, dass ihre Mama ihr Verschwinden vielleicht noch nicht bemerkt hat.
    Doch da wird ihr bewusst, dass sie nicht einen Cent in der Tasche hat. Selbst wenn sie wollte, sie könnte gar nicht telefonieren! John! Wo steckst du?
    Und dann kündigt eine Lautsprecherstimme die Einfahrt des Zuges an.

Wie sich das anfühlt? Geld in der Tasche zu haben, einen gültigen Fahrschein und ein Ziel vor Augen? Gut fühlt sich das an, richtig gut.
    John streckt die Beine aus und räkelt sich. Er ist fast in Feierlaune. Er will nur noch eine saubere Jeans anziehen und ein anderes T-Shirt. Beides lag bei Danni schon in einer Plastiktüte bereit, die er sich nur noch schnappen musste. Gut, dass er so vorgesorgt hat! Und er hat einen Plan: Erst zu McDonalds, eine eiskalte Cola kaufen. Danach einen Döner. Mit allem und extra scharf. Einfach gut fühlt sich das an, überirdisch. Danach wird er sich mit dem Essen auf ein Mäuerchen hocken und sein Gesicht in die Sonne halten. Umziehen kann er sich in der Bahnhofstoilette und dann wird er schnell zum Bahnsteig sprinten – aber erst in letzter Minute! Er will kein Risiko eingehen. Für den Fall, dass sie da ist. Sie soll ihn nicht erwischen. Und im Haarscharf-Züge-Erreichen ist er super, nicht zu übertreffen.

20:06 Uhr. Der Zug nach Paris fährt ein. Überall drängeln die Reisenden mit Rollkoffern und Taschen zu den Einstiegen, hasten zu ihren Abteilen. Der Bahnsteig ist sehr voll und der Zug sehr, sehr lang. Es sind zwei aneinandergekoppelte Züge, die sich in Hannover trennen. Eine Hälfte fährt nach Köln, die andere über Frankfurt nach Paris.
    Das macht die Suche nach John noch komplizierter, als Isabella gedacht hat. Sie weiß nicht, in welchen Zug sie einsteigen soll. Wohin fährt John? Sie sieht ihn nicht! Auch am nächsten und übernächsten Wagen nicht.
    Das Gleis leert sich. Wo ist der Schaffner? Als sie ihn entdeckt, wird die Abfahrt schon angekündigt. Isabella muss sich augenblicklich entscheiden. Und sie entscheidet sich: Sie steigt ein, auch ohne Fahrkarte. Sie muss im Zug fragen, ob sie im richtigen Teil gelandet ist. Und das ohne Fahrkarte? Im Eingangsbereich steht noch eine Frau mit einem besonders großen Koffer. Aber die kann Isabella auch nicht genau sagen, in welchem Teil sie sich befinden.
    Egal , denkt Isabella. Eins ist auf jeden Fall sicher: Der Zug fährt Richtung Paris, zu Clara. In den richtigen Teil umsteigen kann sie beim nächsten Halt immer noch. Und im Zug kann ihr dieser John nicht entkommen, sie wird ihn finden und ihn zur Rede stellen.
    In dem Moment sieht sie einen Jungen mit Baseballkappe die Treppen hochstürmen und noch in den Zug stürzen. Isabella stutzt. Irgendetwas an ihm kommt ihr vertraut vor. Das war doch nicht …
    Nein, der Typ da hatte eine blaue Baseballkappe auf, und John trug bei der Verfolgungsjagd eine rote. Und auch die Körperhaltung war anders. Oder? Doch. Da ist Isabella ganz sicher.
    Trotzdem humpelt sie in Richtung des Waggons, in den der Typ gerade eingestiegen ist. Aber mit ihrem schmerzenden Bein hat sie Mühe, sich durchzudrängeln. Als sie an einer Gruppe mit vielen Koffern vorbeigegangen ist,

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