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Wir sehen uns in Paris

Wir sehen uns in Paris

Titel: Wir sehen uns in Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Kolloch Elisabeth Zöller
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gewünschten Tickets vorlegen konnte. Bis zur Grenze hatten wir eine normale Bahnfahrkarte, weil der Interrailpass innerhalb Deutschlands nicht gültig war, aber ab dort konnten wir ihn dann nutzen. Kompliziert, kompliziert.
    »Gute Fahrt«, sagte der junge Schaffner, der gar nicht mal schlecht ausgesehen hätte (ein bisschen wie Zac Efron), wenn er nicht so verkniffen geschaut hätte.
    »Tobias und Felix machen auch vier Wochen Interrail, ist das nicht witzig?«, sagte Juli in meine Richtung, bevor ich mich wieder schnell genug mit meiner Musik abstöpseln konnte.
    »Hm«, machte ich unbestimmt.
    »Sie sind übrigens beide neunzehn und wohnen auch in Köln«, fuhr Juli unbeirrt fort – woher kam bloß plötzlich ihr Mitteilungsbedürfnis? »Tobias studiert Sport auf Lehramt und Felix …«
    »Physik«, ergänzte Felix, weil es meiner Schwester schon wieder entfallen zu sein schien.
    »Und die beiden wollen auch nach Amsterdam.«
    Überraschung! Warum sollten sie wohl sonst in diesem Zug sitzen?
    »Wir haben gerade überlegt, wie wir die Zeit rumkriegen sollen«, ergriff nun Tobias das Wort. »Hast du eine Idee?« Hallo, was war das für eine blöde Frage? Warum wollten sie das ausgerechnet von mir wissen?
    »Lesen?«, schlug ich vor. Juli und Tobias lachten, als hätte ich einen guten Witz gemacht, nur Felix rang sich nicht einmal ein Lächeln ab.
    »Nun lasst sie doch in Ruhe«, sagte er kopfschüttelnd. Aha, daher wehte also der Wind, meine Schwester und ihr neuer Verbündeter wollten mich bloß ärgern.
    »Wie wäre es mit Wahrheit oder Pflicht?«, schlug ich schnippisch vor. »Kindisch genug seid ihr ja für dieses Spiel.«
    Die beiden lachten wieder, doch dann wurde Tobias plötzlich ernst: »Gar kein schlechter Vorschlag. Wer macht mit?«
    »Verlockend … aber, nein«, lehnte ich eilig ab und widmete mich wieder meinem Buch. Allerdings muss ich gestehen, dass ich mir nicht wieder die iPod-Stöpsel in die Ohren steckte, dafür war ich von Natur aus einfach zu neugierig. Juli hingegen war natürlich sofort Feuer und Flamme für die Idee und auch Felix schloss sich mit einem Schulterzucken an. Sofort knallte Tobias sein Smartphone auf den Tisch zwischen uns und auf Felix’ fragenden Blick hin erklärte er: »Flaschendreh-App.« Oh, Mann, der war noch kindischer, als ich gedacht hatte.
    »Und damit es mehr Spaß macht, gibt es noch eine echte Flasche dazu.« Tobias zog eine Flasche Wodka aus seinem Rucksack auf der Ablage. Meine Güte, es war noch nicht mal Mittag. »Wer kneift, trinkt«, legte Tobias die Regeln fest und nahm direkt mal einen großzügigen Schluck.
    Ich warf einen verstohlenen Blick zum Nachbartisch, um zu sehen, ob unsere Runde bereits unangenehm Aufmerksamkeit erregte, aber die beiden Anzugträger, die sich dort gegenübersaßen, hackten verbissen auf ihren Laptops herum und schienen von dem Saufspiel keine Notiz zu nehmen.
    »Also los.« Mit einem lässigen Wischen seines Zeigefingers brachte Tobias die virtuelle Flasche auf seinem Smartphone zum Rotieren und grölte los, als sie bei Juli stehen blieb.
    »Wahrheit oder Pflicht?«
    »Wahrheit.« Juli kicherte.
    »Hm, lass mal überlegen. Okay, dann, hm, was findest du an einem Kerl sexy?«
    »Lange, blonde Haare, einen sportlichen Körper und ein süßes Lächeln«, ließ Juli sich nicht lange bitten. Surferboy strahlte.
    »Du bist dran.«
    »Felix.« Juli klang ein bisschen enttäuscht. »Wahrheit oder Pflicht?«
    »Pflicht.«
    »Oh, prima. Dann würde ich sagen: Du musst jemanden küssen. Und zwar … Tobias.«
    Ich konnte ein leises Stöhnen nicht unterdrücken, das jedoch niemand wahrnahm. Felix griff zur Wodkaflasche.
    »Willst du etwa kneifen?«, zog Tobias ihn auf.
    »Nein, desinfizieren«, erwiderte Felix trocken. Na, der hatte wenigstens Humor. Und dann drückte er seinem Kumpel tatsächlich einen Kuss auf den Mund. Tobias schüttelte sich und ich musste innerlich grinsen. Geschah ihm recht.
    Und so ging es weiter bis kurz vor Amsterdam. Inzwischen war die Wodkaflasche zu zwei Dritteln geleert, das meiste davon befand sich in Tobias’ Magen, und so ziemlich jeder war mindestens einmal geküsst worden, sogar der süße Schaffner, der zwar etwas perplex, aber gar nicht so unglücklich aussah, als Juli ihre Lippen auf seine presste.
    Der Bahnhof war bereits angesagt worden, und ich hatte gerade begonnen, meine Sachen zusammenzupacken, als Tobias auf eine neue zündende Idee kam.
    »Letzte Aufgabe«, verkündete er. »Dieses Mal für

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