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Wir sehn uns wieder in der Ewigkeit

Wir sehn uns wieder in der Ewigkeit

Titel: Wir sehn uns wieder in der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Langer
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im Berliner Stadtschloss. Die Stadt bekommt einen Geruch von
haut-goût.
Von Fäulnis und Verwesung. Von Resignation und Siechtum.
    Vorbei die glückliche, doch kurze Zeit des aufklärerischen Elans, der Zeit, in der nicht als erstes nach Herkunft und Besitz gefragt wurde, wer bist du oder was hast du?, sondern als alle ein und aus gingen beieinander, in den Salons der jüdischen Damen, rund um den Gendarmenmarkt, bei Rahel Levin, bei Henriette Hertz – das Bürgertum, das sich emanzipierte, das die Geschichte entdeckte, und das Gefühl, als Korrektiv der großen Politik – ja, eine glückliche Zeit!
    Und jetzt? Restauration ohne Ende. Alles bröckelt. Und mancher, der einen Namen hat, wendet sich ab, von diesen Salons, den Dachstuben der Weisheit und der Begegnung, von den Rahels und Mendelssohns und ihren freien Gedanken; manche, die da heißen Arnim, Brentano,Gneisenau, Fichte, Gentz, Louis Vogel ist auch dabei, und Adam.
    Adam Müller, der Verräter, schlägt die nächste Kapriole seines kapriziösen Lebens. Die Theorie muss biegsam bleiben, so entwirft er eine über Land und Besitz. Eine über die Kraft des Individualismus, nur, dass
nicht jeder
ein Individuum sei. Nur der mit Land, Besitz und
von Geburt
. Heinrich verschließt ein Auge, er sieht es zu spät, schlimmer, es ist, als wäre er blind, Herr Gott noch mal, was ist denn nur los? Die Sache wird ihm zum Verhängnis. Denn Adam schießt gegen die preußischen Reformen: die Gewerbefreiheit, die Selbstverwaltung der Städte, die Aufhebung der Leibeigenschaft der Bauern. Er will den Rückschritt, in ihrem gemeinsamen Journal, er will die alten Rechte des ländlichen Adels. Die Zensur tritt auf den Plan, ein Gezerre beginnt, zieht sich hin, Minister Hardenberg pfeift sie zur Ordnung. Heinrich macht schon wieder Schulden.
    Und Adam? Der lädt ihn zur Taufe ein, zur Taufe seines Kindes Cäcilie. So heißt das kleine Mädchen, sehr katholisch, so heißt hier keine, im protestantischen Berlin, so ist der Adam, und kaum einer merkt es, und hinterher sind alle schlauer, und Heinrich schreibt ihr eine schöne Geschichte, einen hintersinnigen Kommentar zur Macht der Religion.
     
    Es kommt noch schlimmer. Der Winter ist hart, und die Fronten werden härter.
    Für Heinrich war es ein Unglück, ein einziges riesiges Unglück, er dachte es nicht persönlich, sein persönliches Unglück war ihm mittlerweile zur zweitenHaut geworden, nichts, worüber sich zu klagen gelohnt hätte, etwas, das er benutzte, um in seinen Bettelbriefen die Herzen der wenigen Menschen zu erweichen, die ihm in der Misere vielleicht noch helfen würden. Ja, die Schmeichelei, die höfische Tugend, die sein Freund Adam so blendend beherrschte, er hatte sie sich aneignen müssen, um sie zu verwenden, sie zum Einsatz zu bringen, wenn er an Marie von Kleist schrieb oder an Ulrike, seine Schwester, an die Minister Altenstein oder Hardenberg oder Friedrich Wilhelm III. persönlich, den König von Preußen, der doch selbst der Unterstützung bedurfte. Heinrich war es müde, er war es leid, ständig seine Belange irgendjemandem irgendwie mundgerecht darstellen zu müssen, im einen Fall als phantastischen, Erfolg versprechenden Plan, im anderen als jammervolle Notlage, an der er keinerlei Schuld trug – ach ein Elend, immerzu überhaupt in den Kategorien von Erfolg zu denken, und Geld, Geld, Erfolg, Heinrich, Heinrich, so dröhnte es in seinem Kopf, es war eine entwürdigende Erbärmlichkeit. Hatte nicht Schiller ein Gedicht wieder mitgenommen, als ein Verleger ihm zu wenig dafür geboten hatte? Dabei soll er da schon so ausgehungert gewesen sein, dass er die Kekse vom Teetisch stehlen musste. Ging es denn niemals ohne Erniedrigung?
    Die Zeit, in der sich in den Zirkeln der Städte die Leute die Köpfe heiß geredet hatten, war vorbei; das ganze Land schien in eine fürchterliche geistige Lähmung zu fallen, dem hektischen Reformeifer zum Trotz; die Dichtung sollte ablenken und unterhalten, wer glaubte noch an ihre Wirkung? Wer glaubte an die Kraft des Wortes,an die Wahrheit? So dachte Heinrich, auch wenn seine Freunde es bestritten.
    Zu groß empfand er die Enttäuschung, dass die Hoffnungen, die die Revolution geweckt hatte, zerstört, mit Füßen getreten worden waren, durch den Krieg, den Napoleon führte. Wozu? Am Anfang waren alle so dumm gewesen zu denken, Napoleon meine es ernst, er führe einen Krieg, der Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit in ganz Europa verbreiten würde –
    Heinrich hätte

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