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Wir sehn uns wieder in der Ewigkeit

Wir sehn uns wieder in der Ewigkeit

Titel: Wir sehn uns wieder in der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Langer
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sich in den Hintern beißen können über diese Blauäugigkeit, auch wenn sie nicht lang gedauert hatte. Was für eine Idiotie, sich in Napoleons Dienste gegen England stellen zu wollen! Eine Jugendsünde, fürchterlich beschämend.
     
    Armes Preußen! Armes Deutschland, das doch gerade erst zusammenfand.
    Täuschungen gedeihen gut in einer solchen Zeit.
    Die Denker und Dichter und Männer des Staates, die da heißen Arnim, Brentano, Gneisenau, Fichte, Gentz, Louis Vogel und Adam, treffen sich nun zum Reden und Singen und Fressen (so sagen sie selber dazu!), jeden Mittwoch. Zur Mittagstafel. Man gründet: die
christlichdeutsche Tischgesellschaft
. Man hält es fest auf dem Papier. Auch Heinrich lädt man ein, zusammen mit dem Herrn Ernst von Pfuel. Einen Reichsthaler kostet das Essen, der Bote einen Groschen, Verspätung wird geahndet –
ohne Weiber will man sein, ohne Juden und ohne Philister –
    Wie bitte?
Ohne?
    Das wäre es also, was bleibt von einer Revolution?Das wäre es, was bleibt, von deiner Idee der Freiheit? Der Idee, dass alle Menschen gleich?
    Heinrich, Heinrich, mir graut vor dir!
    Wo ist dein Weitblick, hinaus über Europa? Wo bleibt dein rebellisches Wesen? Hast du alles vergessen, die Befreiung der Sklaven, die Freiheit für alle? Émile? Deine Freundschaft mit Rahel Varnhagen?
    Wie kannst du mich so enttäuschen!
    Für einen Arbeiter ist das der Wochenlohn, ein Reichsthaler, und der wird dort verfressen! Das kannst du dir doch gar nicht leisten.
Ohne Weiber, ohne Juden.
Was für ein Bankrott!
     
    Er läuft durch die Straßen der Stadt, bedrückt wie eine nasse Katze. Der Frühling kommt, es wird noch ärger, er zankt mit dem Minister, die Zeitung stirbt einen quälenden Tod, und er hat noch mehr Schulden. Er bittet um Verzeihung, den Verleger, die Zensur, er demütigt sich tief, unter bitteren Tränen, um sich zu rehabilitieren, und wär er nicht zu erschöpft von allem, gern würd er sich duellieren, mit dem Kahlmäuser und Fuchsschwänzer, Adam.
    Heinrich wird verziehen. Alle sehen, es ist Adam, der hat ihn reingeritten. Das ist sonnenklar. Heinrich ist seltsam, doch er hat ein so liebenswürdiges, aufrechtes Wesen.
     
    Die Zeit des freien Denkens ist zu Ende. Man muss nun Position beziehen.
    Er geht nicht mehr zur Tischgesellschaft, er war überhaupt ganz selten da. So ist es, auch wenn Gerüchtees anders wollen. Dort ist es ihm zu eng. Und Ernst, sein Freund, geht auch nicht hin. Er hält lieber Rahel die Stange. Man sieht die Dinge doch anders. Auch wenn Heinrich noch glaubt, Kaiser Franz von Österreich könnte etwas bewegen, gegen Na-Na-Napoleon; der ganze Mystizismus, dieser verschrobene Patriotismus, der nicht die Menschenrechte will, nur Bürgerrechte für bestimmte Bürger,
keine Weiber und keine Juden
, der Gott und Staat zusammengezwängt – und dann noch für einen Thaler
fressen
dabei – nein, er stampft mit dem Fuß auf, das hat er nicht gemeint. Er glaubt noch immer an die Überzeugungen der Revolution, er trägt die Hose des einfachen Bürgers. Ihm reichen Kartoffeln, Rübchen und ein Glas Bier.
     
    Und Adam? Mit halbem Fuß auf dem Sprung, die witternde Nase immer im Wind, da, wo es Einfluss gibt und Macht, lässt Heinrich hängen, verschwindet nach Wien. Nun ja, er wird wohl eher
gegangen
. So oder so, man muss sehen, wo man bleibt. Denkt er, und:
    Statt Freiheit gilt jetzt die Nation.
     
    Und Heinrich weinte und weinte.
Armes Preußen!
, auch er dachte an
die Nation
, ein
vereintes
Deutschland war besser als ein zersprengtes, als Hoffnung gegen Napoleon. Litten die Franzosen nicht auch unter ihm? Es ging um ihrer aller Befreiung, von einem grausamen, dummen Diktator.
Weil es dem lieben Gott lieb ist, wenn Menschen ihrer Freiheit wegen sterben
. Denke an Kohlhaas, Freiheit und Gerechtigkeit sind das höchste Gut. Vor Vaterland und Ehre. Die Nation soll der Freiheit dienen.
    Heinrich sah alles von vielen Seiten. Er stand zu allem quer.
    Es quält ihn sehr.
    Und er weint über Adams Verrat, gern würde er ihn leugnen, und bitter ist ihm all die Scham. Unglück bringt Schande, wer wüsste es besser als er?
    Vor der Ewigkeit sind alle Zeiten gleich.
    Enttäuschung häuft sich auf Enttäuschung.
     
    Adam. Einmal hätten sie sich fast duelliert. Solche Freunde waren sie.

5
    Du, sagt Henriette, bist meine innere Stimme.
    Und du, antwortet Heinrich, machst mir unendlichen Mut.
    Schreib, dass wir uns lieben, Heinrich.
    Ja, ich werde es tun. Mein mutiger Adler bist du.
    Er

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