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Wir sind bedient

Titel: Wir sind bedient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alena Schroeder
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Balkon nicht so wichtig, wer berufstätig ist, der hat doch eh nicht Zeit, viel darauf zu sitzen. Mir wären gut isolierte Fenster wichtig, dass es in jedem Raum genügend Steckdosen gibt und das Badezimmer in einigermaßen gutem Zustand ist. Aber da wird kaum drauf geachtet.
    Die Leute flippen regelmäßig aus, wenn die Wohnung abgezogene Dielen hat. Klar, das sieht toll aus, aber ist auch wahnsinnig laut. Da ist Stress mit den Nachbarn schon vorprogrammiert. Und gerade die alten Dielenböden haben große Fugen, in denen sich unheimlich viel Dreck sammelt. Ich würde da ja immer Laminat oder Teppich drauflegen. Aber so sind die Geschmäcker eben verschieden.
    Wenn ich mehrere Bewerber für eine Wohnung habe, dann ist es natürlich so, dass derjenige mit dem sichersten Job und dem höchsten Gehalt auch die besseren Chancen
hat. Manchmal entscheidet aber auch mehr mein Bauchgefühl. Wenn Eltern für ihre Kinder bei mir anrufen, dann denke ich mir: Der ist doch volljährig, kann der sich nicht allein um eine Wohnung kümmern? Wenn er das nicht mal selbstständig hinbekommt, wie soll er dann alleine wohnen? Viele Leute erzählen mir während der Besichtigung auch gleich ihre ganze Lebensgeschichte. Wie sie sich kennengelernt haben, wie ihre alte Wohnung so war, ob sie Nachwuchs planen. Andere lassen sich gar nicht in die Karten gucken.
    Ich lasse mich natürlich nicht bestechen. Was aber nie schaden kann, wenn man eine Wohnung unbedingt will: Während der Besichtigung freundlich zu mir zu sein. Und zumindest pünktlich zum Termin zu erscheinen. Wenn einer schon mit Alkoholfahne zur Besichtigung kommt, kann er die tollsten Unterlagen haben, der bekommt die Wohnung garantiert nicht.
    Gerade in den etwas problematischeren Ecken habe ich auch ein Interesse daran, dass das Viertel nicht kippt. Dass die soziale Mischung stabil bleibt. Ich bin ja auch den anderen Mietern im Haus gegenüber verantwortlich. Wenn jemand wegen Totschlags im Knast gesessen hat und jetzt mit seinen vier Kampfhunden in eine Zweiraumwohnung ziehen will, dann muss ich mir das sehr genau überlegen, schon im Interesse meiner Firma. Natürlich sollte jeder die Chance auf eine Wohnung bekommen, aber wenn mir dann innerhalb von wenigen Monaten alle anderen Mieter im Haus kündigen, habe ich auch nichts gewonnen.

    Ich hatte mal so einen Fall, da hatte ich eine sehr junge Kundin, die eine kleine Wohnung suchte. Und irgendwie dachte ich, die braucht noch einmal eine zweite Chance. Sie war in ihrer alten Umgebung ziemlich abgerutscht und wollte sich daraus befreien. Weg von den falschen Freunden, sich einen Job suchen, ihr Kind vom Jugendamt zurückbekommen. Also habe ich ihr die Wohnung gegeben, weil ich weiß, wie elementar die eigenen vier Wände sind. Ich dachte, die kann das wirklich schaffen, ihr Leben auf die Reihe zu bringen. Aber das hat leider gar nicht funktioniert, und innerhalb weniger Wochen haben sich sämtliche Nachbarn beschwert. Ständig Partys, all die alten Kumpels haben mit in der Wohnung gehaust. Wir haben ihr dann mit Unterstützung der Jugendhilfe eine andere Wohnung vermittelt, und sie ist ausgezogen.
    Wenn ein Mieter monatelang gar keine Miete zahlt, dann müssen wir auch manchmal zwangsräumen lassen. Das ist schon heftig, schließlich nimmt man jemandem ja das Dach über dem Kopf weg. Ich muss mir dann immer wieder sagen: Der hätte doch einfach nur zum Amt gehen müssen, die zahlen die Miete ja. Aber in der Regel sind die Mieter dann ohnehin schon über alle Berge und woanders untergekommen. Es kommt auch selten vor, dass jemand später die Möbel oder den Hausrat abholt, den wir aus solchen Wohnungen holen und einlagern.
    Grundsätzlich kann man aber nicht vorher sagen, ob jemand ein guter Mieter ist oder nicht. Manche sehen ziemlich fertig aus, machen sich aber aus ihrer Wohnung eine echte Puppenstube. Mit Gardinchen, Nippes und
Knick im Sofakissen. Und andere, wo man das nicht gedacht hätte, lassen sie total verwahrlosen. Das ist eigentlich die traurige Seite meines Berufes, wenn ich mitbekomme, dass manche Leute völlig ohne Perspektive sind. Sich zu nichts aufraffen können, sich einigeln und es auch nicht schaffen, ihre Wohnung in Ordnung zu halten. Die denken sich: Wozu soll ich aufräumen, kommt ja eh keiner vorbei.
    Auch alte Menschen, die niemanden mehr haben und die den ganzen Tag allein in diesen vollgeramschten, dunklen

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