Wir sind nicht schwul (German Edition)
zufällig etwas Zeit?“
„Hä? Usagi-chan? Sicher.“ – Es folgt eine kurze Pause und Schlürfgeräusche. – „Was ist?“
„Ich hatte Zeit zum Nachdenken und dabei ist mir eingefallen, dass du vergessen hast, deine Karte bei Renji stempeln zu lassen.“ Ich höre ein genervtes Fluchen am anderen Ende der Leitung, was mir ein Grinsen auf die Lippen zaubert. „Zum Glück kennt dich das Personal, also denke ich, dass sie dich trotzdem durchlassen werden. Wartest du eben etwas, bis die kreischende Menge das Schlachtfeld verlassen hat.“
„Ja“, bekomme ich nur zögerlich als Antwort.
„Aber eigentlich wollte ich an das von heute Vormittag anknüpfen.“
„Ich höre.“ Mikage hat aufgehört zu Essen und legt seine Stäbchen auf die Schüssel, was man sogar übers Handy hören kann.
„Ich dachte wirklich, dass du nur mit mir geblödelt hast. Obwohl, manchmal war ich mir nicht mehr so sicher. Aber deshalb hab ich es nie besonders ernst genommen, beziehungsweise, ich habe mir nicht großartig Gedanken darüber gemacht. Aber jetzt, wo du gesagt hast, dass du selbst denkst, dass es nicht mehr nur ein Spiel ist, habe ich dir wirklich geglaubt. Eigentlich ziemlich niedlich, wenn ich so darüber nachdenke …“
„Aber?“
„Aber ich kann deine Gefühle nicht erwidern. Ich albere sehr gerne mit dir herum, aber im Gegensatz zu dir, bin ich davon überzeugt, dass ich dich eigentlich nicht liebe. Es tut mir unendlich leid.“
„Nein, ist schon okay.“
„Jetzt lass mich doch einmal aussprechen! Also … es tut mir wirklich wahnsinnig leid, denn du bist ein so unglaublich liebenswerter Mensch und ich bin jedes Mal glücklich, wenn du in meiner Nähe bist.“
„Beweist das nicht gerade, dass du doch mehr für mich empfindest, als dir lieb ist? Du lügst doch!“
„Lass mich ausreden, habe ich gesagt!“ Ich kann mir richtig gut vorstellen, wie sich Mikage am anderen Ende der Leitung angestrengt zusammenreißt und nervös durchatmet.
„Außerdem, nein, Mikage! Denn ich bin auch glücklich, wenn Gadeshi in meiner Nähe ist, Tsuto, Kurenai und der ganze Rest. Du bist nur einen Tick wertvoller für mich, weil du ernsthaftes Interesse gezeigt hast, weil du dich mehr mit mir abgegeben hast, als es mir selbst oft lieb war. Nur ist das nicht meine Welt.“ Weil ich Schritte höre, rutsche ich nervös auf dem Klodeckel herum und drücke die Tür auf, um zu sehen, ob jemand ins Klo gekommen ist, in das ich mich zum Telefonieren verschanzt habe.
Falscher Alarm.
„Weißt du was? Ich glaube, dass du mich sehr wohl mehr als nur gern hast. Ich wette nur, dass du mich verschmähst, weil du bald nach Österreich zurück musst. Habe ich nicht Recht? Und du meinst, dass das sowieso keine Zukunft hätte. Ich hab doch Recht! Oder?“
Für einen Moment verstumme ich. Das war das Nächste, das ich ansprechen wollte. Mikage hat den Braten nur leider schon gerochen, bevor er angeschnitten wurde. „Das ist ebenfalls ein Grund. Sei doch bitte einmal realistisch, Mikage-chan! Ich muss nach Österreich zurück! Ich muss und will mein Studium erfolgreich abschließen und später in Japan unterrichten, aber bis dahin werden noch viele, viele Jahre vergehen. Ich kann nicht einfach die Universität wechseln. Dafür würde mir auch das Geld fehlen. Und außerdem bezweifle ich stark, dass es die Regierung zulassen würde, dass ich hier so lange rumeier.“
Mikage gibt einen abschätzigen Laut von sich. „Das sind alles Ausreden. Du kannst sehr wohl ein Japanologiestudium in Japan abschließen, oder zumindest so etwas Ähnliches, und du kannst auch die Ausbildung zum Lehrer in Japan machen. Du bringst sogar einen entscheidenden Vorteil mit, weil du als Deutsch-Muttersprachler arbeiten könntest. Ich verstehe sowieso nicht, wieso du dein Talent für so etwas wie ein Lehrerdasein verschwenden willst. Ich wäre dafür, dass wir gemeinsam auf Tour gehen, eine Band gründen und bis an unser Lebensende glücklich sind. Punkt. Ach nein, ich hab noch etwas vergessen! Die Regierung würde das sicher gutheißen, wenn du hier Geld verdienst, das sie dir abknöpfen können. Und wenn ihnen das nicht reicht, dann heiratest du mich eben! Ich wüsste nicht, wo hier das Problem liegen soll, nachdem du sehr gut Japanisch sprichst! Machst du eben diese dämlichen Tests, bestehst sie und schon bist du noch mehr ein Teil von mir und meiner Welt, die auch zu deiner werden soll. Die Unikosten sind ebenfalls ein lächerlicher Grund. Ist doch klar,
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